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       # taz.de -- Kommentar Cheblis Rolex und SPD-Politik: Die Sauereien liegen woanders
       
       > Deutschland hat ein Problem mit angeblichen Insignien von Macht und
       > Reichtum. Die wahren Probleme sind ganz andere.
       
   IMG Bild: So eine mit Diamanten besetzte Rolex hat Sawsan Chebli nicht – ihre kostet nur schlappe 7.000 Euro
       
       Deutschland hat ein seelisches Problem mit Rolex-Uhren, Reitpferden und
       Golfplätzen. Diese gelten irgendwie als Insignien von Macht und Reichtum.
       Obwohl der Reitsport keine richtig teure Sportart mehr ist, überall
       Golfressorts um Kunden buhlen und an der Rolex ein Proll- und Protzimage
       klebt wie altes Kaugummi.
       
       Jetzt hat es Sawsan Chebli erwischt, Sozialdemokratin, Berliner
       Staatssekretärin und bis 2016 Vizesprecherin des Auswärtigen Amtes in
       Berlin. Ein Facebook-User hat ein [1][Porträtfoto der SPD-Politikerin] und
       Muslimin entdeckt, von 2014, auf dem sie eine Rolex-Uhr trägt, Modell Date
       Just, kostet um die 7.000 Euro. Er postete das Bild mit dem Untertitel:
       „Alles, was man über den Zustand der deutschen Sozialdemokratie 2018 wissen
       muss.“ Der Shitstorm folgte sowohl von links als auch von ganz rechts,
       durchtränkt von Rassismen. Die Kernfrage: Darf eine SPD-Frau, die als Sozi
       doch die „kleinen Leute“ vertreten soll, Rolex tragen?
       
       Die Antwort ist: ja, natürlich, auch wenn die Uhren recht hässlich sind, da
       gibt es kein Vertun. Aber jeder darf mit seinem Geld machen, was er will.
       Für 7.000 Euro kriegt man noch nicht mal ein Mittelklasseauto, eine neue
       Eigentumswohnung in Berlin kostet das Hundertfache. Wo ist das Problem? Man
       fühlte sich an den früheren SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder erinnert,
       dem seine Brioni-Anzüge vorgeworfen wurden.
       
       Statussymbolik ist Teil der Gesellschaft, selbst Hartz-IV-Empfänger sparen
       sich manchmal Nike-Schuhe vom Munde ab und haben ihre Gründe dafür. Doch
       Chebli verteidigte sich und verwies auf ihre schwierige Kindheit, in der
       sie mit zwölf Geschwistern in zwei Zimmern leben musste. Dieser
       [2][Rechtfertigungs-Tweet] war keine gute Idee: Auf persönliche Vorwürfe
       sollte man nicht mit Persönlichem antworten.
       
       Sicher ist es PR-mäßig geschickter, als Sozi nicht mit abgelutschten
       Statussymbolen zu posieren. Aber die Ungerechtigkeiten und Sauereien liegen
       in Deutschland woanders – dort, wo es um Zukunftsangst oder
       Selbstbestimmung und Lebenschancen geht. Unsichtbare Dinge. Darüber zu
       reden ist schwieriger. Eben.
       
       21 Oct 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.facebook.com/photo.php?fbid=343079359759395&set=a.114419949292005&type=3
   DIR [2] https://twitter.com/SawsanChebli/status/1053618315099336704
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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