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       # taz.de -- Kommentar Führungsstreit in der AfD: Schwierige Persönlichkeiten
       
       > Nach den Antisemitismusquerelen in Stuttgart ist die Führung tief
       > zerstritten. Eine erneute Spaltung würde die Partei kaum überleben.
       
   IMG Bild: Auf dem Bundesparteitag in Stuttgart im Mai schienen Meuthen und Petry noch unzertrennlich
       
       Die AfD hat ein Antisemitismusproblem. Und einen so [1][offenen Machtkampf]
       in der Führungsspitze, dass es undenkbar scheint, dass die beiden
       ParteichefInnen weiter zusammenarbeiten. Zu befürchten ist aber, dass die
       rechtspopulistische Partei auch die bitteren Querelen in Baden-Württemberg
       überstehen wird – weil diese den großen Teil ihrer WählerInnen wenig
       kümmern.
       
       Natürlich ist die Partei mit dem Austritt des Abgeordneten Wolfgang
       Gedeons, der eindeutig antisemitische Thesen vertritt, aus der übrig
       gebliebenen AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag nicht antisemitismusfrei.
       Die [2][Fraktionsmitglieder], die gegen den Ausschluss Gedeons stimmten,
       haben Judenhass zumindest in Kauf genommen.
       
       Parteichefin Frauke Petry hat einen schnellen Ausschluss Gedeons und damit
       ein klares Signal gegen Antisemitismus ihrem machtstrategischen Kalkül
       geopfert. Björn Höcke, AfD-Rechtsaußen aus Thüringen, hat noch vor wenigen
       Monaten Gedeons Schriften öffentlich gepriesen. Und auch Martin Hohmann,
       einst wegen antisemitischer Äußerungen aus der CDU ausgeschlossen, wurde
       von der AfD mit offenen Armen empfangen und vertritt die AfD inzwischen im
       Fuldaer Kreistag.
       
       Und dennoch: Wird die AfD künftig auf Antisemitismus angesprochen, wird
       ihre Antwort lauten: Wolfgang Gedeon hat auf unser Betreiben die Fraktion
       verlassen. Das zeige doch: Für Antisemitismus ist in der AfD kein Platz.
       Einem kleinen Teil der WählerInnen wird das vielleicht nicht reichen, er
       wird sich abwenden. Ein Großteil aber wird es schlucken – wie schon so
       vieles zuvor. Und dass zahlreiche AfD-AnhängerInnen mit Antisemitismus
       ohnehin kein Problem haben, hat gerade erst die neue [3][„Mitte-Studie“]
       aus Leipzig gezeigt.
       
       ## Die nächste Spaltung?
       
       Deutlich schwieriger wird es für die AfD, aus ihrem Führungsstreit
       herauszufinden. Dieser gärt seit Langem und ist jetzt in seiner ganzen
       Unerbittlichkeit in Stuttgart offen zutage getreten. Steht also eine
       erneute Spaltung der AfD an, die dann zum Ende der rechtspopulistischen
       Erfolgswelle führen wird?
       
       Dagegen spricht zweierlei. Erstens geht es in der Auseinandersetzung –
       anders als beim Kampf Petry gegen Lucke vor einem Jahr – nicht um den Kurs
       der AfD. Denn inhaltlich unterscheiden sich Petrys Lager auf der einen und
       Meuthen und seine Verbündeten auf der anderen Seite kaum. Vielmehr geht es
       um den Führungsanspruch schwieriger Persönlichkeiten, um Macht und
       Ausschluss, Intrigen und Verletzungen.
       
       Zudem dürfte allen Beteiligten klar sein, dass die AfD eine dritte Chance
       wohl nicht bekommen wird. Dass sie sich nach dem Abgang Luckes – damals
       rutschte sie in Umfragen kurzzeitig auf drei Prozent – so schnell erholte,
       ist in einer historisch wohl einmaligen Situation begründet: dass eine
       CDU-Kanzlerin Hunderttausende Flüchtlinge zunächst mit offenen Armen
       empfing und ihre Politik wieder einmal als alternativlos darstellte.
       
       Der Streit in der Parteispitze könnte die AfD in Mecklenburg-Vorpommern und
       in Berlin, wo im September gewählt wird, einige Parteipunkte kosten. Zwist
       in der Führung mögen WählerInnen nicht. Doch von Rostock und Schwerin aus
       betrachtet sind die Stuttgarter Querelen auch sehr weit weg.
       
       Da sich aus der Parteiführung vermutlich niemand freiwillig zurückziehen
       wird, könnte es am Ende zu einer Kampfabstimmung auf einem Bundesparteitag
       kommen. Wer einen Abwahlantrag mit welcher Mehrheit überstehen würde, gilt
       derzeit als nicht ausgemacht.
       
       Entscheidend wird sein, wie der Prozess verläuft und wie sich die Verlierer
       verhalten – ob sich also eine destruktive und demütigende Dynamik wie auf
       dem Essener Parteitag, als die AfD Bernd Lucke vertrieb, wiederholen kann.
       Das Geschehen in Stuttgart deutet zwar in diese Richtung. Doch es gibt auch
       Stimmen in der Partei, die zur Einigung mahnen.
       
       Leider ist nicht ausgeschlossen, dass die AfD aus Essen gelernt hat.
       
       9 Jul 2016
       
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