# taz.de -- Kommentar Kölner Polizeiversagen: Eine Frage der politischen Hygiene
> Das polizeiliche Desaster von Köln will keiner verantworten. De Maizière
> wird bleiben, Jäger auch. Eine andere muss um ihren Job fürchten.
IMG Bild: Im öffentlichen Diskurs geht es kaum um die Verantwortlichen für das polizeiliche Desaster.
Nach allem, was bisher bekannt ist, hat Nordrhein-Westfalens Innenminister
Ralf Jäger (SPD) im Fall des Kölner Polizeiversagens persönlich keine
Fehler begangen. Im Gegenteil: Seine Einlassungen über die Verantwortung
der Kölner Polizei für ihr Verhalten angesichts der beispiellosen Gewalt
gegen Frauen in der Silvesternacht klingen überzeugend. Jäger spricht
Klartext, er sucht nicht etwas zu beschönigen oder unter den Teppich zu
kehren.
Dennoch wäre es ein Akt der politischen Hygiene, wenn der Mann seinen
Posten zur Verfügung stellen würde. Wer politische Spitzenämter einnimmt,
der trägt die entsprechende Verantwortung. Das gilt auch für die
Fehlentscheidungen von Untergebenen, die der Verantwortliche selbst gar
nicht beeinflusst haben mag. Als Innenminister repräsentiert Jäger die
Polizei. Jäger kann nicht einfach so weitermachen. Eigentlich.
Wenn wir schon bei der Verantwortung sind: Auch Bundesinnenminister Thomas
de Maizière (CDU) ist in den Fall Köln involviert. Es ist seine
Bundespolizei, die für die Räumlichkeiten des Hauptbahnhofs zuständig ist
und die der Situation genauso wenig gewachsen war wie die Polizisten
draußen.
De Maizière war es auch, der den Kölner Beamten in toto Versagen
vorgeworfen hat – ein seltener Fall von Selbstbezichtigung. Die strengen
Maßstäbe politischer Verantwortung angelegt, hat auch er ein Problem. De
Maizière kann nicht einfach so weitermachen. Eigentlich.
Wird er aber doch. Thomas de Maizière wird nicht zurücktreten. Auch Ralf
Jäger in Düsseldorf darf bleiben. Denn die Öffentlichkeit sucht derzeit
nicht nach Verantwortlichen für ein polizeiliches Desaster. Sie fahndet
lieber nach den Tätern. Und verdächtigt dabei kollektiv all jene, die als
muslimische „Fremdlinge“ in dieses Land gekommen sind. Im Fokus der Kritik
steht dabei diejenige, deren humane Politik dazu beigetragen hat, dass
diese in ihrer übergroßen Mehrheit friedlichen Menschen in Not nach
Deutschland kommen dürfen. Nicht Jäger, nicht de Maizière muss um ihren Job
fürchten, sondern Angela Merkel.
12 Jan 2016
## AUTOREN
DIR Klaus Hillenbrand
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