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       # taz.de -- Kommentar Lega Nord: Abgang eines Hasspredigers
       
       > Dass Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, jetzt unter Spott und in Schande
       > seinen Platz räumen muss – das ist eine gute Nachricht. Eine noch bessere
       > fehlt allerdings.
       
   IMG Bild: Ausgepafft: Umberto Bossi.
       
       Umberto Bossi war in den letzten Jahren sichtlich von Krankheit und Alter
       gezeichnet – doch immer noch zeigte er sich in der Lage, auf Kundgebungen
       den Stinkefinger zu recken. Einen Stinkefinger, der vor allem der „alten“
       Politik galt, gegen die er seinen Aufstieg und die Erfolge der Lega Nord
       organisiert hatte. In Italien unvergessen ist die Häme, mit der Bossi vor
       20 Jahren die korrupten Potentaten der Ersten Republik, die
       Christdemokraten und Sozialisten, übergoss. Darüber wurde er, an der Seite
       Berlusconis, zu einem der Hauptprotagonisten der Zweiten Republik.
       
       Nun allerdings erweist sich, dass auch der Juniorpartner im
       rechtspopulistischen Gespann in direkter Kontinuität zu den geschmähten
       Vorgängern steht. Die Lega Nord, die sich gern als Verein unnachsichtiger
       Saubermänner gerierte, hat – so legen es die Ermittlungen der Staatsanwälte
       nahe – ihrerseits den Staat als Selbstbedienungsladen begriffen. In noch
       üblerer Weise als zuvor zogen in Bossis Partei feudale Sitten ein,
       bestimmten die Frau, die Söhne, dazu windige Berater über die Geschicke der
       Partei, ja auch des Landes.
       
       Schlimmer noch: Unter der Herrschaft der Lega und ihres Partners Berlusconi
       brachen zugleich Dämme, die anderswo in Europa noch halten. Die offene, oft
       vulgäre Schmähung des politischen Gegners, die obszöne Beleidigung ganzer
       Bevölkerungsgruppen wie der Immigranten oder der Schwulen und Lesben – auch
       sie sind nicht zuletzt dank Bossi hoffähig geworden.
       
       Und hoffähig wurde ein Regierungshandeln, das die von den Rechtspopulisten
       angeheizten Ressentiments in praktische Politik umsetzte.
       
       Dass Bossi jetzt geht, und dass er unter Spott und in Schande seinen Platz
       räumen muss – dies ist eine gute Nachricht. Eine weit bessere Nachricht
       allerdings wäre es, wenn die Lega Nord endlich in Italiens Politik völlig
       am Rande stehen würde – und zwar nicht wegen einiger peinlicher Geschäfte
       der zugunsten der Söhne des Kim-Il-Sung-gleichen Potentaten, sondern wegen
       der faschistoiden Ausrichtung dieser Partei des „gesunden Volksempfindens“,
       die den sozialdarwinistischen Hass auf „Fremde“ und „Abartige“ ins Zentrum
       der italienischen Politik getragen hat.
       
       6 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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