# taz.de -- Kommentar Mahler: Die Stasi war nicht allmächtig
> Die Frage, ob Horst Mahler IM war, ist eher marginal. Dass dieser
> beratungsresistente Überzeugungstäter sich von mediokren Stasi-Offizieren
> fernlenken ließ, scheint abwegig.
Muss die Geschichte der 68er mal wieder umgeschrieben werden? Glaubt man
der Bild am Sonntag, dann hingen die linksradikalen Aktivisten am
unsichtbaren Gängelband der Stasi. Diese Platte legen Springer-Blätter
jedes Jahr wieder gerne auf, denn sie hat einen höchst willkommenen
Nebeneffekt: Diese These lässt die infame Anti-Studenten-Propaganda der
Springer-Blätter Ende der 60er Jahre, die das Klima der Gewalt anheizte, in
einem milderem Lichte erscheinen.
Westberlin war in den 60er Jahren ein fragiles Gebilde an der Nahtstelle
des Kalten Krieges, die Studentenrevolte tobte hier heftiger als in der
übrigen Republik. Kein Wunder, dass Westberlin damals wohl die höchste
Agentendichte weltweit aufwies.
Der Verfassungsschutz belieferte 1968, via seines bis heute abgetauchten
Agenten Peter Urbach, linke Demonstranten mit Brandbomben und Waffen. Bis
heute hat die auf ihre Demokratie so stolze Bundesrepublik diesen Skandal
nicht aufgeklärt.
Auch die Stasi, der eine Destabilisierung Westberlins gelegen kam, hatte
Agenten in der Bewegung. Das ist lang bekannt. Aber dass es einen
Urbach-Ost gab, der handfest die Gewalt eskalierte, ist nicht bewiesen.
Karl-Heinz Kurras, der Ohnesorg tötete, war IM - dass er aber im Auftrag
der Stasi schoss, ist reine Spekulation.
Und Horst Mahler? Die Frage, ob er IM war oder nicht, ist eher marginal.
Mahler war in den 60ern offenkundig DDR-Sympathisant - ehe er zum
RAF-Terroristen, Maoisten und Neonazi mutierte. Die Vorstellung, dass der
stets beratungsresistente Überzeugungstäter Mahler sich von mediokren
Stasi-Offizieren fernlenken ließ, ist jedenfalls eher abwegig.
1968 ist inzwischen umfassend historisiert worden. Die linken Rebellen
waren keine Helden, ihre Irrtümer vielfältig. Von der DDR ferngesteuert war
die Bewegung nicht. Das ist eine Fantasie von Rechtskonservativen, denen
mit dem Ende des Kalten Krieges die Feindbilder ausgegangen sind.
3 Aug 2011
## AUTOREN
DIR Stefan Reinecke
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