# taz.de -- Kommentar #MeTwo: Mehr als nur ein weiterer Hashtag
> Über #MeToo wird nach bald einem Jahr noch immer gestritten. #MeTwo
> könnte der nächste Hashtag sein, der einen Nerv trifft und lange
> nachhallt.
IMG Bild: Einfach mal aufmerksam lesen, statt gleich dagegenzuschreiben: #MeTwo zeigt Rassismus im Alltag
Kann eine Revolution mit einem Hashtag starten? Revolution ist ein sehr
großes Wort, die meisten Hashtags sind schnell vergessen. Und doch sind
wichtige Diskussionen aus den unscheinbaren Rauten entstanden: Über #MeToo
wird nach bald einem Jahr seit Entstehung noch immer gestritten. [1][Der
Hashtag #MeTwo] könnte der nächste sein, der einen Nerv trifft und lange
nachhallt.
Den Menschen, die unter #MeTwo ihre Geschichten teilen, ist lange klar:
Deutschland hat ein Rassismusproblem – und das nicht erst seit der Debatte
über [2][Mesut Özils Rücktritt] aus der Fußballnationalmannschaft. Trotzdem
scheinen viele überrascht und fühlen sich zu Unrecht beschuldigt. Rassismus
in Deutschland? Gibt es nicht.
Wenn der jüngste Diskurs um Özil eines gezeigt hat, dann ist es diese
schmerzliche Unfähigkeit, in einer emotional aufgeheizten Debatte einen
Schritt zurückzutreten, zu differenzieren und [3][einfach mal zuzuhören].
Dass über Alltagsrassismus in Deutschland öffentlich gesprochen wird, ist
absolut überfällig. Noch überfälliger ist allerdings eine Grundhaltung, die
Selbstreflexion und Selbstkritik zulässt. Die nicht sofort abblockt, wenn
das Wort Rassismus fällt. Eine Grundhaltung, die erlaubt, dass wir uns
hinterfragen und von denen hinterfragen lassen, die Deutschland nicht als
weltoffen und freiheitlich erleben. Die Privilegierten sind gewohnt, einen
geschützten Platz für Stimme und Person vorzufinden. Wer privilegiert ist,
muss nicht zwingend lernen, ernsthaft zuzuhören.
## Es ist zum Schreien
Die Erfahrungen der von Rassismus und Diskriminierung betroffenen Menschen
sind kein Angriff auf eine angeblich intakte deutsche Gesellschaft. Sie
zeigen, dass es längst eine krasse Diskrepanz gibt zwischen dem Deutschland
der Weißen und dem Deutschland der als migrantisch, also in irgendeiner
Form als fremd markierten Menschen in diesem Land.
#MeTwo ist keine Revolution, aber doch mehr als ein weiterer Hashtag. Denn
Tausende von Beiträgen über Rassismuserfahrungen in Deutschland öffnen
einen Raum, in dem die Anklage endlich das Wort hat. Hier darf gefälligst
auch mal geschrien werden, weil es zum Schreien ist, dass bei allem Gerede
um Integration und Vielfalt bis heute der Wille fehlt einzusehen, dass
Deutschsein nichts mit Geburtsort oder Aussehen zu tun hat.
Die Tweets unter #MeTwo zu lesen macht betroffen, wütend, macht vielleicht
auch Angst. Aber das Lesen spaltet nicht – wie KritikerInnen gern
behaupten, um den Diskurs zu drehen. Es kittet, wenn wir es endlich richtig
machen.
31 Jul 2018
## LINKS
DIR [1] https://twitter.com/search?q=%23metwo
DIR [2] /Nach-Debatte-um-Foto-mit-Erdoan/!5523134
DIR [3] /Hashtag-MeTwo/!5520297
## AUTOREN
DIR Lin Hierse
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