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       # taz.de -- Kommentar Politiker in der Wirtschaft: Die vergiftete Demokratie
       
       > So wie Niebel, von Klaeden & Co vor ihm macht nun auch
       > Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr seine politischen Erfahrungen zu Geld.
       
   IMG Bild: Nimmt sein Wissen mit zum Allianz-Konzern: Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr
       
       Daniel Bahr hat Bankkaufmann gelernt, danach Volks- und
       Gesundheitswirtschaft studiert. Im Vorstand der Allianz Private
       Krankenversicherung wird er nun für Vertriebskoordination und Verträge mit
       Kliniken zuständig sein. Dafür wird der FDP-Mann wohl ein paar Millionen
       Euro im Jahr kassieren.
       
       Verdankt Bankkaufmann Bahr diesen äußerst gut dotierten Job seinen
       blendenden Fertigkeiten im Vertriebsmanagement und Rechnungswesen?
       Keineswegs. Die Allianz kauft etwas anderes ein – die guten Kontakte des
       Exgesundheitsministers. Bahr beteuert, er werde ja nicht als Lobbyist für
       Allianz arbeiten.
       
       Aber das ändert nichts: Der Konzern kauft Insiderwissen ein. Und das ist,
       schon marktwirtschaftlich gesehen, grenzwertig. Denn Allianz erwirbt damit
       einen fragwürdigen Vorteil gegenüber ihrer Konkurrenz.
       
       Für die Demokratie sind solche Seitenwechsel nicht bloß fragwürdig: Sie
       sind wie langsam träufelndes Gift, das den ganzen Organismus gefährdet.
       Bahr hat als Gesundheitsminister die Interessen der privaten
       Krankenversicherungen vertreten. Das war sein gutes Recht, dafür war er
       gewählt worden. Dieser Wechsel legt aber zumindest den Verdacht nahe, dass
       Minister Bahr bereits die Interessen eines großzügig entlohnten
       Vorstandsmitglieds im Auge hatte. Wie Niebel, von Klaeden & Co macht Bahr
       seine politischen Erfahrungen zu Geld. Eine Demokratie, die nicht mehr dem
       Gemeinwohl verpflichtet zu sein scheint, sondern individuellen
       Karriereinteressen, verliert ihre Glaubwürdigkeit.
       
       Ein wirksame Bremse für diese gut geölten Seitenwechsel wären mindestens
       drei Jahre Karenzzeit für Exregierungsmitglieder. Die Große Koalition
       wollte nur ein Jahr. Auch das kommt nicht. Die Union will nicht, die SPD
       ist mutlos. Wer so das Nötige versäumt, darf sich über Wahlabstinenz und
       Politikverdruss nicht wundern.
       
       30 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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