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       # taz.de -- Kommentar Rente: Angehängt ans Leistungsethos
       
       > Das Rentenpaket soll die „Lebensleistung“ derjenigen belohnen, die es
       > sich „verdient“ haben. Aber was heißt das schon?
       
   IMG Bild: Wussten damals auch noch nicht, dass sie jetzt eine höhere Mütterrente kriegen: Mütter im Park in Bremen, 1966.
       
       Es ist schon interessant, zu welcher Wortwahl die Ministerin bei der ersten
       Lesung des Rentenpakets am Donnerstag griff. Die Rente mit 63 nach 45
       Versicherungsjahren und die höheren Mütterrenten seien „nicht geschenkt,
       sondern verdient“, betonte Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD).
       
       „Lebensleistung“, „verdient“, „Pflicht erfüllt“: Die Ministerin hängt sich
       an das Ethos der Arbeitsgesellschaft von Leistung und Gegenleistung. Sie
       verbrämt, dass das Rentenpaket vor allem von den Beitragszahlern, also
       anderen Erwerbstätigen, finanziert wird. Es ist eine horizontale Verteilung
       innerhalb der Mittelschicht.
       
       Dies entspricht dem Geist der großen Koalition: Die Umverteilung von der
       Mittel- in die Unterschicht ist derzeit unpopulär, denn die Unterschicht
       steht zunehmend unter Selbst-Schuld-Verdacht. Eine Umverteilung von den
       sogenannten Reichen in die Mittelschicht findet auch keine Mehrheit, denn
       die Reichen halten sich ja selbst auch für die Mittelschicht. Also bleibt
       man im Horizontalen. Was natürlich neue Gerechtigkeitslücken aufreißt, denn
       das Geld vermehrt sich ja nicht.
       
       So sind die höheren Mütterrenten sicher in vielen Fällen berechtigt. Es
       gibt aber auch sehr gut versorgte Ehefrauen aus dieser Generation, die das
       Geld nicht unbedingt brauchen. Und natürlich hätte auch die
       alleinerziehende Altenpflegerin, die jahrzehntelang gearbeitet hat und im
       Alter trotzdem nur auf eine Rente unterhalb von Hartz-IV-Niveau kommt, mehr
       Rente „verdient“.
       
       Sie hat nichts von höheren Mütterrenten oder abschlagsfreien Renten mit 63,
       weil alles später auf ihre aufstockende Grundsicherung im Alter angerechnet
       wird. Demnächst soll die Ergänzung dieser Minirenten politisch in Angriff
       genommen werden. Das Problem: Das Geld dafür ist dann durch das Rentenpaket
       schon verbraten.
       
       4 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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