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       # taz.de -- Kommentar Störer bei Hayali und Stelter: Lasst sie ihre Arbeit machen!
       
       > Ob ZDF-Morgenmagazin oder WDR-Karneval: Störenfriede, die einfach auf die
       > Bühne stürmen, sind nicht mutig, sondern respektlos.
       
   IMG Bild: Auch wenn es manchmal nicht so aussieht: Arbeit auf der Bühne ist Arbeit
       
       Dieser Satz dürfte zum TV-Zitat des Monats und Twitter-Bonmot avancieren:
       „Lügenpresse, Lügenfresse“, kleckert ein erboster Störenfried am Mittwoch
       den Moderator*innen Dunja Hayali und Andreas Wunn in die Live-Sendung des
       ZDF-Morgenmagazins. Zuvor war die zeternde Zuschauerin aufgestanden, hatte
       Hayali an der Schulter aus dem Weg gezerrt und sich vor ihr aufgeplustert.
       
       „Lass ihr euch eigentlich alle hier anlügen“, motzt die Frau, wie auch
       [1][in der ZDF-Mediathek dokumentiert ist]. Und: „Sind bei mir die
       Mainzelmännchen zuhause, oder was?“ Nach einer knappen Minute ist die
       Konfrontation vorbei, man rochiert smooth zu den Nachrichten. Nun kann man
       das Tagteam Hayali und Wunn für seine souveräne und deeskalierende Coolness
       beglückwünschen: Mit beschwichtigenden Gesten, fester Stimme und dem
       glaubwürdig offerierten Redeangebot boten sie keinerlei Angriffsfläche für
       die Tiraden.
       
       Zurück auf Sendung erklären die Moderator*innen, man habe die Zuschauerin
       nicht einfach rausgeworfen, sondern von der Bühne gebeten. Nach der Sendung
       habe es ein Gespräch gegeben, so das ZDF auf Twitter. Hayali erklärte in
       der Sendung: „Sie wissen: Wir sind dialogbereit.“ Redebedarf nehme man
       natürlich sehr ernst. Bloß: sollte man das? Dialogbereitschaft gegenüber
       Personen, die drängeln, pöbeln, blaffen, dürfte als Einladung gesehen
       werden: Wer laut genug krächzt, kriegt ein Mikro hingehalten.
       
       Die Szene erinnert an den Karnevalskrawall um Bernd Stelter: Auch hier
       hatte sich eine miesgelaunte Zuschauerin selbstermächtigt und war
       [2][mitten in der Show dazwischegegrätscht]. Ihr war danach von
       Kommentator*innen im Netz viel Sympathie für den vermeintlich mutigen
       Protest entgegengebracht worden. Es gibt durchaus ähnliche Fälle in der
       jüngeren deutschen Fernsehgeschichte: Ob Frank Plasberg, Günther Jauch oder
       Steffen Hallaschka: Sie alle hatten es schon mal mit interaktivem
       Studiopublikum zu tun.
       
       ## „Heckler“ nerven Bühnenpersonal und Publikum
       
       Menschen im Auditorium, die das Bühnengeschehen stören, sind
       Kabarattist*innen oder Moderator*innen immer wieder lästig. „Heckler“
       werden sie genannt – die Analogie zum ebenfalls unliebsamen
       Waffenhersteller ist zufällig. Denn auch wenn es beim Witzereißen oder
       Talkshowplaudern manchmal nicht so wirkt: Diese Leute machen ihre Arbeit.
       Arbeit auf die sie sich vorbereiten, konzentrieren, für die sie gebucht und
       bezahlt werden. Das zu stören ist nicht mutig, sondern respektlos.
       
       Man wäre selbst auch pikiert, wenn jemand ins eigene Steuerbüro käme und
       die Unterlagen durcheinanderbringt oder an der Käsetheke in die Auslage
       pupst. Das Arbeitsmaterial von Bühnenpersonal ist nun mal die
       Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft. Zumal es wahrlich genug Möglichkeiten
       gibt, den Dialog mit Bühnenpersonal zivilisiert anzustreben: Etwa über
       Leser*innebriefe oder Twitter-Konversationen (gerade Hayali ist hier sehr
       aktiv).
       
       Aber den Hecklerinnen beim Frühstücksfernsehen oder bei Stelter im
       Gürzenich geht es wohl kaum um Austausch, sondern um Plattform. Dialog kann
       nicht erzwungen werden. Wer auf die Bühne steigt, nervt die dort
       Arbeitenden und [3][die restlichen Zuschauer*innen]. Insofern handelten
       Dunja Hayali und Andreas Wunn zwar angemessen und abgeklärt in der
       Live-Situation. Zu viel Verständnis für Störenfriede wäre aber unfair
       gegenüber denen, die respektvollen Diskurs schätzen. Man muss sich nicht
       alles gefallen lassen, nur weil man sich auf eine Bühne stellt.
       
       13 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.zdf.de/nachrichten/heute-sendungen/videos/zwischenfall-im-moma-102.html
   DIR [2] https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/aktuelle-stunde/video-eklat-bei-tv-sitzung-im-koelner-guerzenich--bernd-stelter-muss-auftritt-unterbrechen-100.html
   DIR [3] http://Lasst%20sie%20reden
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Finn Holitzka
       
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