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       # taz.de -- Kommentar Vorschlag zum Paragraf 219a: Machterhalt oder Menschenrecht
       
       > Es läge bei der SPD, den schwächsten Vorschlag zu 219a noch zu verhindern
       > und das „Werbeverbot“ zu kippen. Das wäre wichtiger als
       > Koalitionsfrieden.
       
   IMG Bild: Warum kuschen die SPD-Frauen vor dem Koalitionspartner, wenn's um 219a geht?
       
       Frauenrechte sind politischer Sprengstoff. Gerade noch einmal hat die Große
       Koalition abgewendet, dass sie wegen Paragraf 219a am Abgrund steht –
       [1][mit einem Vorschlag, der schwächer nicht sein könnte] und der für die
       frauenpolitische Glaubwürdigkeit der SPD eine Bankrotterklärung ist.
       
       Beim Paragraf 219a, das muss vielleicht noch einmal betont werden, geht es
       nicht um die Frage, ob Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland legal sein
       sollten oder nicht. Das sind sie nicht – und spätestens jetzt ist klar,
       dass sich daran auf absehbare Zeit auch nichts ändern wird. Es geht auch
       nicht um „Werbung“, einen Schwangerschaftsabbruch für 19,99 Euro zum
       Beispiel. Beim 219a geht es schlicht um die Frage, [2][ob ÄrztInnen Frauen
       in Notsituationen über ihre Arbeit – über medizinische Grundversorgung –
       informieren dürfen.]
       
       Zu dieser hoch aufgeladenen Detailfrage liegt nun, nach monatelangen
       Debatten, ein Vorschlag der Bundesregierung vor. Noch Anfang des Jahres
       hatte die SPD in einem eigenen Gesetzesentwurf die Aufhebung des Paragrafen
       gefordert. Stück für Stück jedoch begrub sie ihre Forderungen, um den
       Machterhalt nicht zu gefährden. Erst pochten Katarina Barley und Franziska
       Giffey nur noch auf eine Änderung des Paragrafen. Nun bleibt er bestehen.
       
       Die Verantwortung, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, soll auch
       künftig beim Staat liegen. Das ist schon jetzt so – mit dem Problem, dass
       staatliche Stellen ihrer Aufklärungspflicht nur äußerst lückenhaft
       nachkommen. Ob auf Webseiten von ÄrztInnen das Wort
       „Schwangerschaftsabbruch“ überhaupt vorkommen darf, ist mit dem Vorschlag
       nicht gesichert, geschweige denn, dass auch nur ein einziger weiterer Satz
       zum Thema auf den Seiten der ÄrztInnen stehen darf.
       
       Die Strafandrohung von zwei Jahren gegenüber denjenigen, die über ihre
       Arbeit informieren, bleibt hingegen bestehen. Was lange als rote Linie der
       SPD verkauft wurde – [3][Rechtssicherheit für ÄrztInnen, die über ihre
       Arbeit informieren] – wird es damit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht
       geben.
       
       ## Die SPD hat noch eine Chance
       
       Geradezu perfide ist, dass im Vorschlag sowohl Wording als auch Inhalt der
       sogenannten Lebensschutzbewegung enthalten sind – also derjenigen, die
       hunderte ÄrztInnen angezeigt und die Debatte über den Paragrafen damit
       überhaupt erst ins Rollen gebracht haben. Doch das sogenannte
       Post-Abortion-Syndrom, auf das sich der Vorschlag bezieht, ist ein Mythos:
       Frauen sind, das zeigen Studien hinreichend, in der Mehrheit nicht von
       extremer Trauer nach Abtreibungen betroffen. Das muss nun nicht auch noch
       das Parlament wissenschaftlich erforschen.
       
       Eine letzte Möglichkeit, das Ruder herumzureißen, liegt nun in der
       SPD-Fraktion: Noch immer könnte sie im Januar die Mehrheiten im Bundestag
       nutzen und gemeinsam mit den Oppositionsparteien und per
       Gewissensentscheidung die Abschaffung des 219a herbeiführen. Das birgt zwar
       die Gefahr, den Koalitionsfrieden zu brechen. Doch Frauenrechte und das
       Recht auf den eigenen Körper sind zu Recht politischer Sprengstoff. Es sind
       Menschenrechte.
       
       13 Dec 2018
       
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