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       # taz.de -- Kommentar zu Berliner Feiertag: Ihr wollt sonst immer deutsch sein
       
       > Was soll eigentlich diese Scheu vor dem 9. November als Feiertag? Er ist
       > einfach ein Tag voller Geschichte. Und wer sagt, dass Feiertag gleich
       > Jubeltag ist?
       
   IMG Bild: Ein Datum wie gemacht für Verschwörungstheoretiker: Der 9. November ist und bleibt offenbar ein „deutscher“ Tag
       
       Ist das nicht merkwürdig? Da wird tagein, tagaus über „Leitkultur“,
       „Heimat“ und „Deutschsein“ diskutiert, ist das halbe Land „besorgt“,
       „Deutsche“ könnten von „den anderen“ weggemendelt werden. Aber wenn es
       darum geht, einen „deutschen“ Feiertag zu finden, fällt niemandem ein
       vernünftiges Datum ein. „18. März“, ruft der Regierende – als ob
       irgendjemand mit diesem Tag etwas verbindet. „8. März“, tröten andere: Aber
       wurden Frauenrechte etwa in Deutschland erfunden?
       
       Dabei waren schon bei der Debatte 1989/90 über einen neuen
       „Nationalfeiertag“ die Argumente gegen den 9. November wenig überzeugend.
       Der Tag sei kein Jubeltag, hieß es – schließlich fand da 1938 die
       Reichspogromnacht statt, mit der die Nazis die Vernichtung der europäischen
       Juden einläuteten. Kein Jubeltag war auch der 9. November 1923 – Hitlers
       versuchter München-Putsch. Der 9. November 1848 ist ebenfalls ein trauriges
       Datum (Erschießung des Abgeordneten Robert Blums in Wien, was nach
       allgemeiner Lesart den Anfang vom Ende der Märzrevolution bedeutete).
       
       Aber wer sagt, dass ein Nationalfeiertag zum Jubeln da ist? Geht es nicht
       viel mehr um das gemeinsame Erinnern? Wäre es nicht sogar ein verdammt
       gutes Zeichen, diesen Tag zum Staatstag zu machen – um unmissverständlich
       für alle festzuhalten, dass „deutsches“ Gedenken unmittelbar mit der Schoah
       verbunden ist?
       
       ## Deutschester aller Tage
       
       Und da haben wir über die „schönen“ 9. November noch gar nicht gesprochen:
       den Mauerfall 1989 und die zweifache Ausrufung der Republik 1918, einmal
       als „freie und sozialistische“ (Liebknecht im Schloss), einmal als
       „deutsche“ (Scheidemann im Reichstag).
       
       Man muss nicht der Überhöhung vom 9. November als „deutschem Schicksalstag“
       und Sinnstifter für die Berliner Republik zustimmen. Aber dieser Tag ist
       gerade in all seiner Widersprüchlichkeit ein sehr deutscher. Das kann man
       schon mal feiern – wenigstens in Berlin.
       
       4 Nov 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
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