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       # taz.de -- Konflikt zwischen Iran und Israel: War's das?
       
       > Israel bombardiert erstmals offen zahlreiche militärische Einrichtungen
       > im Iran. Teheran steht nun vor einem bereits bekannten Dilemma.
       
   IMG Bild: In den frühen Morgenstunden waren in Teheran mehrere starke Explosionen zu hören, berichtete der staatliche Fernsehsender IRIB
       
       Jerusalem taz | Nur Stunden nach dem [1][israelischen Luftangriff auf den
       Iran] am frühen Samstagmorgen hat sich der Konflikt bereits wieder auf die
       Kommunikationsebene verlagert: Hört man auf die iranische Seite, hat das
       beispiellose israelische Bombardement mit Dutzenden Kampfflugzeugen in der
       Nacht kaum Schäden hinterlassen. Die Luftabwehr habe die israelische
       „Aggression“ erfolgreich abgewehrt, meldete die iranische Armee. Es gebe
       „begrenzte Schäden“, zwei Soldaten seien getötet worden. Der Flughafen in
       Teheran sei im Normalbetrieb. Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts
       zu sehen.
       
       Auf israelischer Seite verlautbarte der Armeesprecher Daniel Hagari am
       Morgen: Das Militär habe seine „Mission erfüllt“. Man habe Raketenfabriken
       und -abschussrampen sowie die iranische Luftabwehr getroffen. Hagari ließ
       zwischen den Zeilen Zurückhaltung durchblicken: Die Ziele seien „nach
       politischen Vorgaben ausgewählt“ worden, Israel könne weitere Ziele
       angreifen, wenn nötig. Die Botschaft: Israel sieht die Angelegenheit als
       abgeschlossen an.
       
       Der Iran steht damit vor einem alten Dilemma. Einerseits will Teheran
       keinen offenen Krieg mit dem militärisch deutlich überlegenen Israel
       riskieren. Andererseits kann es den ersten offenen Großangriff auf sein
       Gebiet seit dem Golfkrieg kaum unbeantwortet lassen. Das Regime drohte seit
       Wochen mit Vergeltung im Falle eines israelischen Angriffs. Israel müsse
       mit einer „angemessenen Antwort“ rechnen, sagte ein anonymer Vertreter
       Teherans am Morgen der Nachrichtenagentur der iranischen Revolutionsgarden,
       Tasnim.
       
       Bisher ist bekannt, dass gegen 2.30 Uhr in der Nacht auf Samstag rund 100
       israelische Kampfflugzeuge etwa 20 Ziele an mehreren Orten des Landes
       angriffen. Der israelische Sender Kan berichtete von drei Angriffswellen.
       Explosionen wurden laut iranischen Medien aus Teheran sowie dem nahe
       gelegenen Karadsch und der Stadt Maschhad im Osten des Iran gemeldet.
       
       Der Angriff war eine Reaktion auf den [2][iranischen Raketenbeschuss
       Israels am 1. Oktober.] Teheran hatte am Vorabend des jüdischen
       Neujahrsfestes Rosch Haschana rund 180 ballistische Raketen auf zwei
       Armeebasen und das Hauptquartier des Geheimdienstes Mossad gefeuert. Der
       Iran sprach seinerseits von einem Vergeltungsschlag für die Ermordung des
       Hamas-Anführers Ismail Hanijeh in Teheran im Juli. Viele der Raketen
       konnten abgefangen werden, Dutzende aber schlugen auf dem
       Luftwaffenstützpunkt Nevatim ein und bewiesen, dass Israels Luftabwehr
       keineswegs undurchdringlich ist.
       
       Nun scheint sich die israelische Führung für einen eher begrenzten
       Rückschlag entschieden zu haben. Unter den Zielen waren nach allem, was
       bisher bekannt ist, weder Einrichtungen des iranischen Atomprogramms, noch
       Infrastruktur der iranischen Ölindustrie.
       
       Ersten Anzeichen zufolge könnte die große Eskalation vorerst ausbleiben. So
       hatte Israel den Iran offenbar am Freitag vorgewarnt, berichtet die
       US-Nachrichtenseite Axios unter Berufung auf drei Quellen. Über mehrere
       Kanäle soll Teheran demnach unter anderem unterrichtet worden sein, „was
       Israel allgemein angreifen wird und was nicht“. Auch die Bemühungen der
       iranischen Führung, die Folgen des Angriffes kleinzureden, erinnern an
       deren Strategie Mitte April. Damals hatte Teheran einen israelischen
       Vergeltungsschlag am 19. April heruntergespielt und anschließend nicht
       direkt beantwortet.
       
       Aus Washington hieß es, die USA sehen die „präzise und umfassende“
       Operation als „Ende des gegenseitigen Beschusses zwischen Israel und dem
       Iran.“ Die iranischen Revolutionsgarden hatten vergangene Woche
       durchblicken lassen, dass sie einen „begrenzten“ israelischen Angriff ohne
       Opfer unbeantwortet lassen könnten. Am Samstagmorgen berichtete der Sender
       Sky-News Arabia, der Iran habe Israel über einen Vermittler informiert,
       dass er nicht zurückschlagen werde. Zuvor hatten Vertreter Israels und der
       USA gegenüber dem Nachrichtenportal Axios geäußert, sie würden eine
       begrenzte militärische Antwort erwarten.
       
       Inmitten der gespannten Lage kann der kleinste Fehler zur Eskalation
       führen. Beide Seiten hatten sich zuletzt gegenseitig gewarnt, dass der Tod
       von Zivilisten schwere Konsequenzen haben würde. Im Falle eines regionalen
       Krieges zwischen Iran und Israel würden auch die USA kaum außen vor bleiben
       können. Verteidigungsminister Lloyd Austin erneuerte gegenüber seinem
       israelischen Amtskollegen Joav Galant noch am Morgen am Telefon das
       „eiserne Bekenntnis“ seines Landes zu Israels Sicherheit.
       
       Zumindest auf diplomatischer Ebene könnte die Reaktion Saudi-Arabiens
       Teherans Dilemma erleichtern. Das Königreich verurteilte die Attacke
       scharf. Der frühere Gegner des Iran in der Region rückt damit weiter von
       Israel ab.
       
       26 Oct 2024
       
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