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       # taz.de -- Korpsgeist bei der Polizei: Warum die Krähen sich die Augen nicht gegenseitig aushacken
       
       > Loyalität, Hierarchie, Strafe. Eine neue Studie zeigt, warum
       > Polizist:innen ihre Kolleg:innen bei Fehlverhalten so selten
       > melden.
       
   IMG Bild: Dass Polizist:innen Fehlverhalten von Polizist:innen melden, ist noch immer selten
       
       Die Polizei steht unter Druck. In den letzten Jahren sind immer häufiger
       Fälle rassistischer und menschenfeindlicher Äußerungen öffentlich geworden.
       Manche dieser Fälle flogen nur durch Hinweise von Polizeikolleg:innen
       auf – wie zum Beispiel [1][rechtsextreme Inhalte in internen Chatgruppen].
       
       Eine Studie der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat nun erstmals
       wissenschaftlich untersucht, vor welchen Herausforderungen
       [2][Whistleblower:innen innerhalb der Polizei] stehen und welches
       Fehlverhalten am häufigsten angezeigt wird. Dafür wurden ausführliche
       Leitfadeninterviews mit 19 anonymisierten Beamt:innen aus Berlin und
       Schleswig-Holstein geführt.
       
       Dass Polizist:innen [3][Fehlverhalten von Polizist:innen melden],
       ist noch immer selten. 2023 trat das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft, das
       hinweisgebenden Personen – Whistleblower:innen – einen geschützten
       Weg bieten soll, um Verstöße zu melden.
       
       Das Gesetz verpflichtet Unternehmen und Behörden, einschließlich der
       Polizei, sowohl interne als auch externe Meldestellen einzurichten. Doch
       vor allem polizeiinterne Meldestellen stehen öffentlich noch immer in der
       Kritik. Das Vertrauen, dass Polizist:innen ernsthaft gegen sich selbst
       ermitteln, scheint gering.
       
       ## Meldung machen gleich „Verrat“
       
       Die Vorwürfe gegenüber Polizist:innen sind umfangreich. Die Befragten
       berichteten von sexistischen und rassistischen Äußerungen sowie sexueller
       Belästigung – sowohl von Bürger:innen als auch Kolleg:innen. Weitere
       Meldungen gab es über Machtmissbrauch und körperliche Bestrafungen
       innerhalb von Einheiten, Volksverhetzung und [4][unverhältnismäßiger
       Gewaltanwendung bei Demonstrationen] oder Personenkontrollen.
       
       Eine Polizei, die Fehlverhalten konsequent aufarbeitet, sei essenziell für
       eine funktionierende Demokratie und den Schutz der Grundrechte, sagt Laura
       Kuttler, Juristin und Projektkoordinatorin bei der GFF. Gäbe es diese
       Fehlerkultur nicht, „wird die Polizei zur Gefahr für eben die Grundrechte,
       die sie schützen sollte.“
       
       Laut Studie [5][melden Polizist:innen Verstöße] nur selten, weil sie
       die Unabhängigkeit der Meldestellen für unzureichend halten.
       
       Dazu komme auch die Angst vor sozialer Ausgrenzung durch Kolleg:innen: „Es
       gibt auch immer noch Führungskräfte, die das auch deutlich so sagen. ‚Wer
       sich an so eine Ansprechstelle wendet, ist für mich ein Verräter‘“,
       berichtet ein:e befragte Polizist:in. Eine solche Stigmatisierung durch den
       bestehenden Korpsgeist sei eines der Haupthemmnisse, Verstöße anzuzeigen.
       
       ## Große Wissenslücken bei der Polizei
       
       Auch würden viele Polizist:innen durch die Angst vor einer schlechten
       Beurteilung durch Vorgesetzte gehemmt, sich zu äußern. Diese reagierten, so
       Befragte, oft mit einer „besonderen Härte“ auf bekannt gewordene
       Missstände, um [6][negative öffentliche Aufmerksamkeit] zu vermeiden.
       
       Oft, so die GFF-Studie, wünschen sich Whistleblower:innen eine
       Verhaltensänderung der Kolleg:innen, nicht jedoch eine Strafe. Das Anzeigen
       von Kolleg:innen falle ihnen wegen eines stark ausgeprägtes Denkens in
       den Kategorien Täter:innen und Opfer jedoch schwer.
       
       Neben mangelndem Vertrauen gegenüber Meldestellen seien viele
       Polizist:innen auch schlichtweg nicht über ihre Möglichkeiten
       informiert, [7][Missstände anzuzeigen]. In manchen Fällen seien die Stellen
       oder Ansprechpersonen den Beamt:innen einfach nicht bekannt.
       
       Die strenge hierarchische Organisation der Polizei stehe einer
       funktionierenden Fehlerkultur im Weg, so die Schlussfolgerung der Studie.
       Die Behörde müsse daher demokratisiert werden. Die bestehenden
       Meldestrukturen seien noch unzureichend. Fehlverhalten öffentlich zu
       machen, sei aber ein erster notwendiger Schritt für Veränderung.
       
       12 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechte-Chatgruppen-in-der-Polizei-Berlin/!5900426
   DIR [2] /Verein-will-Whistleblower-staerken/!5947019
   DIR [3] /Homepage-fuer-Faelle-von-Polizeigewalt/!5834261
   DIR [4] /Umstrittene-Praxis-bei-Berliner-Polizei/!6042904
   DIR [5] /Polizeigewalt-gegen-Gefluechtete/!6057614
   DIR [6] /Umgang-mit-der-Polizei-in-Medien/!6036641
   DIR [7] /Rassistische-Polizeigewalt/!6063123
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Fründt
       
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