URI: 
       # taz.de -- Korruption an US-Eliteunis: Nicht mal rudern können sie
       
       > Das FBI hat ein Schmiergeldsystem aufgedeckt, mit dem Sprösslinge reicher
       > Eltern an Spitzenunis unterkamen. Auch Filmstars sind angeklagt.
       
   IMG Bild: Schauspielerin Felicity Huffman
       
       New York taz/dpa | „Operation Varsity Blues“: So, nach dem Titel einer 20
       Jahre alten College-[1][Komödie], hat das FBI seine zehnmonatigen
       Ermittlungen über Bestechungen, Fälschungen und Vertuschungen an
       US-Eliteuniversitäten genannt. Am Dienstag schlug die Bundesbehörde mit
       Anklagen und Festnahmen zu. Insgesamt 50 mutmaßliche Täter sollen ein
       Schmiergeldsystem organisiert haben, um die Sprösslinge von wohlhabenden
       Eltern an Eliteuniversitäten unterzubringen.
       
       Unter den mutmaßlich Beteiligten waren neben William Singer, dem Chef des
       illegalen Netzwerks, auch Anwälte, Sportcoachs und Uni-MitarbeiterInnen
       sowie zwei prominente Schauspielerinnen: Felicity Huffman („Desperate
       Housewives“) und Lori Loughlin („Full House“). Huffmann ist die Ehefrau von
       „Fargo“-Star William H. Macy. Sie wurde am Dienstag verhaftet, inzwischen
       aber gegen eine Kaution von 250.000 US-Dollar wieder entlassen.
       
       Huffman soll laut Anklage 15.000 Dollar Schmiergeld gezahlt haben, um zu
       erreichen, dass Antworten ihrer ältesten Tochter beim landesweiten
       Einstufungstest SAT nachträglich aufgebessert werden.
       
       Loughlin und ihr Mann zahlten laut Anklage eine halbe Million Dollar, um
       ihre beiden Töchter an der Universität von Südkalifornien unterzubringen.
       Der Ruder-Coach der Universität machte sich demnach für ihre Aufnahme
       stark, weil er sie angeblich für sein Team haben wollte. Tatsächlich war
       keines der beiden Mädchen Ruderin.
       
       Im Durchschnitt sollen Eltern 300.000 Dollar Bestechungsgeld bezahlt haben,
       um ihre Kinder unter anderem in Georgetown und Stanford zu platzieren. In
       einigen Fällen lagen die Summen wie im Fall Loughlins deutlich höher.
       
       In einem Fall soll ein Elternpaar 1, 2 Millionen Dollar gezahlt haben, im
       ihre Tochter nach Yale zu bringen. Der Coach des Fußballteams der
       Eliteuniversität soll davon 400.000 Dollar erhalten haben. Als
       Gegenleistung soll er bestätigt haben, dass er das Mädchen für sein
       Frauenteam brauche.
       
       Rund 25 Millionen Dollar sollen seit 2013 in die Kassen von Singer
       geflossen sein. Die Eltern kaschierten ihre Überweisungen als Spenden für
       wohltätige Zwecke an seine Stiftung Key Worldwide Foundation.
       
       ## Studiengebühren aus der Portokasse
       
       Der 59-jährige Singer, selbst ein ehemaliger Coach, der später ein
       Unternehmen gründete, das StudentInnen auf Aufnahmeprüfungen vorbereitet,
       gab einen Teil der Zahlungen als Schmiergeld weiter. Unter anderem bestach
       er TrainerInnen und PrüferInnen. Letztere korrigierten entweder die
       Aufnahmetests der angehenden StudentInnen oder ließen zu, dass Dritte die
       Tests ausfüllten.
       
       Als das FBI Singer konfrontierte, wechselte er die Seite. Dank seiner
       Kollaboration konnte das FBI Telefonate mit den Eltern abhören. Am Dienstag
       legte er ein umfassendes Geständnis ab – und kam gegen 500.000 Dollar
       Kaution frei.
       
       Im Verhältnis zu den Bestechungsgeldern für die Zulassung nehmen sich die
       Studiengebühren der Eliteuniversitäten wie Kleingeld aus. Yale kostet im
       laufenden Studienjahr 62.017 Dollar pro JurastudentIn, an Georgetown kostet
       dasselbe 55.970 Dollar. Trotz der hohen Gebühren drängen jedes Jahr mehr
       BewerberInnen an diese Universitäten, wo einerseits das Niveau hoch ist und
       andererseits Netzwerke entstehen, die künftige Karrieren sichern.
       
       Der Bestechungsring ist der größte Betrugsskandal in der Geschichte der
       US-Universitäten. Wirklich überraschend ist er aber nicht. Es ist bekannt,
       dass wohlhabende Eltern ihren Kindern den Weg in die Universitäten mit
       großzügigen Spenden ebnen können.
       
       So hat auch der Vater von Jared Kushner, Schwiegersohn und Berater des
       jetzigen US-Präsidenten, der Universität Harvard 2,5 Millionen Dollar
       gespendet. Kurz danach wurde Jared Kushner, dessen schulische Leistungen
       keineswegs auf der Höhe des Harvard-Niveaus lagen, an der Universität
       aufgenommen. Die Spenden sind legal und steuerlich absetzbar. Aber sie
       bieten keine hundertprozentige Garantie, dass die Kinder aufgenommen
       werden.
       
       ## Offene Seitentür
       
       Singer hingegen sagte seinen KundInnen einen Zugang durch eine „Seitentür“
       fest zu. Er fälschte Lebensläufe, Dokumente und Fotos – unter anderem ließ
       er Gesichter von Bewerbern auf Körper von Athleten montieren – und nutzte
       seine breit gefächerten Kontakte.
       
       Am Dienstag, nachdem die Anklage bekannt geworden war, erklärte Wanda
       Austin, die Präsidentin der Universität von Südkalifornien, in einem
       Schreiben an die Universitäts-Community ihre Enttäuschung über das
       kriminelle Vorgehen. Sie versicherte: „Wir werden unsere
       Aufnahmeentscheidungen überprüfen“.
       
       13 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Varsity_Blues
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR USA
   DIR Elite-Universität
   DIR Bestechung
   DIR Lesestück Interview
   DIR USA
   DIR Bildung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Urteil zu Bestechung von Eliteuniversität: Zwei Wochen Gefängnis für Huffman
       
       Felicity Huffman wird zu einer Haft- und Geldstrafe sowie zu Sozialstunden
       verurteilt. Vor Gericht entschuldigt sich die Schauspielerin bei Schülern
       und Eltern.
       
   DIR HRK-Präsident zur Hochschulfinanzierung: „Wir brauchen dringend neues Geld“
       
       Peter-André Alt findet, die Bundesländer müssten verpflichtet werden, die
       Hochschulen nachhaltig zu finanzieren. Und der Osten dürfe nicht
       zurückfallen.
       
   DIR Studienkredite in den USA: Die Masche mit den Träumen
       
       Viele Studierende nehmen einen Kredit auf, um sich die Ausbildung zu
       finanzieren. Das Geld zurückzuzahlen, ist meist schwer.
       
   DIR US-Studenten in Deutschland: Zu arm für die Universität
       
       Bis zu 55.000 Euro kostet ein Bachelor-Studium in den USA – pro Jahr. Immer
       mehr Amerikaner zieht es deshalb nach Deutschland.