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       # taz.de -- Korruption in Bosnien und Herzegowina: Bestechung vor heimlicher Kamera
       
       > Aufnahmen dokumentieren, wie ein Geschäftsmann erfolgreich einen Richter
       > besticht. Dessen Verhalten dürfte kaum geahndet werden.
       
   IMG Bild: Bosniens Sicherheitsminister Dragan Mektić rief zu Demonstrationen auf
       
       Sarajevo taz | Nun hat auch Bosnien und Herzegowina einen Video-Skandal.
       Selbst dem Sicherheitsminister des Gesamtstaates, Dragan Mektić, ging da
       der Hut hoch. Kurzfristig rief er am Mittwoch die Öffentlichkeit auf, vor
       dem Gebäude des Justizrates in Sarajevo zu demonstrieren.
       
       Es geht um ein heimlich aufgezeichnete Video, das den Präsidenten des
       obersten Justizrates in einem öffentlich zugänglichen Café zeigt, wie er
       offenbar von einem Geschäftsmann bestochen wird. Der Geschäftsmann versucht
       den obersten Richter dazu zu bewegen, auf seinen Fall, der vor einem
       lokalen Gericht in Banja Luka verhandelt wird, Einfluss zu nehmen. Milan
       Tegeltija verspricht auf dem Video „zu helfen“. Anschließend übergibt der
       Geschäftsmann einem Mittelsmann 1.000 Euro. Dieser sagt zu, das Geld
       weiterzuleiten.
       
       Nermin Alešević, der Geschäftsmann, erklärte, er habe die Szene heimlich
       aufgenommen, um zu zeigen, wie weit die Korruption in Bosnien
       vorangeschritten sei. War das ein Test, um die Kollegen des Beschuldigten
       dazu zu bewegen, endlich tätig zu werden und diesen Fall zu untersuchen?
       
       Die Demonstranten, die dem Aufruf des Sicherheitsministers gefolgt waren,
       bezweifeln allerdings, dass die Staatsanwaltschaft die Beschuldigungen
       gegenüber Tegeltija untersuchen wird. Der Richterrat hat sich einstimmig
       hinter seinen Vorsitzenden gestellt. Ein Rücktritt kommt bisher nicht in
       Frage.
       
       ## Erfüllungsgehilfen der Parteien
       
       Für viele Beobachter ist dieser Umstand keine Überraschung. Nach
       Informationen aus diplomatischen Quellen seien die meisten im Richterrat
       tätigen Personen von den nationalistischen Parteien ausgewählt worden und
       erfüllten nur den politischen Auftrag dieser Parteien. Es handele sich um
       „die schlechtesten, am wenigsten ausgebildeten und vertrauensunwürdigsten
       Juristen“, die hier zusammengekommen seien, heißt es aus diesen Quellen.
       
       Die Menschen brauchen „Gerechtigkeit und Sicherheit“, sagte
       Sicherheitsminister Mektić auf der Demonstration. In Bosnien „beherrschen
       Kriminelle, die das Land zerstören wollen, die Institutionen des Staates“.
       Unter diesen Bedingungen werde es keine wirtschaftliche oder sonstige
       positive Entwicklung geben, erklärte Mektić.
       
       Damit stimmt er mit den Einschätzungen der internationalen Institutionen,
       die in Bosnien und Herzegowina agieren, überein. Korruption sei nach
       Angaben der EU-Kommission in Bosnien „weit verbreitet“ und betreffe alle
       Regierungsebenen. Doch bisher haben weder die EU, noch Institutionen wie
       die OSZE oder das Office of High Representative, versucht diesen Zustand zu
       beenden.
       
       In Bosnien könnte seit dem Friedensvertrag von Dayton 1995 der Hohe
       Repräsentant solche Leute aus ihren Ämtern entfernen. Das hoffen nun viele
       Bosnier, die die internationalen Institutionen auffordern, endlich zu
       handeln.
       
       Immerhin warnten die Chefs der EU-Mission, der OSZE und die amerikanische
       Botschaft davor, die Anstrengungen für Reformen zu unterlaufen.
       Erweiterungsminister Johannes Hahn wurde deutlicher und drohte am Dienstag
       mit „Sanktionen“.
       
       31 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
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