URI: 
       # taz.de -- Krieg im Ost-Kongo: Rebellen stiften Verwirrung
       
       > Präsident der M23-Rebellen stellt harte Bedingungen für Rückzug aus dem
       > eroberten Goma – sein Militärchef sagt, man ziehe sich schon zurück.
       
   IMG Bild: Der politische M23-Präsident, Jean-Marie Runiga, auf der Pressekonferenz in Goma.
       
       GOMA taz | Frustriert sitzen fünf junge Männer an einer Straßenecke in
       Gomas Innenstadt unter einem Sonnenschirm und rauchen. Vor wenigen Minuten
       hat der politische Führer der Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März)
       erklärt, dass sie sich nicht aus Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma im
       Ostkongo zurückziehen, die sie vor einer Woche erobert hatten.
       
       Diesen Rückzug hatte am Wochenende ein Staatengipfel der ICGLR
       (Internationale Konferenz der Großen Seen) als Ultimatum gegenüber den
       M23-Rebellen gesetzt: Die Kämpfer sollten innerhalb von 48 Stunden die
       Millionenstadt räumen. Die Regierung des Kongo sollte im Gegenzug die
       „legitimen Forderungen“ der M23 einlösen.
       
       Die jungen Männer schimpfen, sie sind sichtlich genervt: „Die Rebellen
       sollen gehen, sie haben uns als Geisel genommen“, sagen sie. Sie wollen
       ihre Namen nicht nennen und winken ab, als sie merken, dass M23-Kämpfer an
       der Straßenecke aufmarschieren. „Niemand darf etwas Schlechtes gegen sie
       sagen“, murmeln sie.
       
       Dann bricht am großen Kreisverkehr im Stadtzentrum das Chaos aus. Einwohner
       versammeln sich und gucken neugierig und wütend zugleich.
       UN-Blauhelmsoldaten marschieren auf und umzingeln die Filiale der
       Zentralbank in Goma.
       
       Dort sitzen seit Tagen M23-Kämpfer im Hof, ein großer Lastwagen im
       Hinterhof. Männer in Zivil tragen Säcke heraus. Gerüchte gehen um, dass die
       M23 die Banktresore ausrauben. Andere sagen, in den Tresoren sei sowieso
       nichts drin.
       
       ## Verwirrende Nachrichten
       
       Die M23 verbreitet derweil verwirrende Nachrichten. Ihr politischer
       Präsident Jean-Marie Runiga hielt am Morgen eine große, gut besuchte
       Pressekonferenz im Ihusi-Hotel in Goma, dem größten Hotel der Stadt nahe
       der Grenze zu Ruanda.
       
       Gerade war er aus Ugandas Hauptstadt Kampala zurückgekehrt, wo er zum
       ersten Mal seit Beginn der Rebellion im Ostkongo im Mai mit Kongos
       Präsident Joseph Kabila unter Mediation des ugandischen Präsidenten Yoweri
       Museveni verhandelt beziehungsweise über potenzielle Verhandlungen
       diskutiert hat. Jetzt erklärt er: „Ein Abzug aus Goma kann nicht die
       Bedingung von Verhandlungen, sondern nur das Ergebnis von diesen sein.“
       
       Dann zählt Runiga knapp eine Stunde lang Bedingungen auf, die die Regierung
       erfüllen muss, um den Abzug der M23-Rebellen aus Goma zu bewirken:
       Freilassung aller politischen Gefangenen, Kampf gegen Korruption,
       Verbesserung der Lebensbedingungen und Infrastruktur im Kongo, unabhängige
       Untersuchung der gefälschten Wahlen von 2011 und Auflösung der
       Wahlkommission, Bewegungsfreiheit für Oppositionsführer Etienne Tshisekedi.
       
       ## M23 scheint gespalten
       
       Die insgesamt elf Forderungen scheinen so jenseits der Realität, als wolle
       die M23 damit sagen, sie werde für immer in Goma bleiben. Im Endeffekt wird
       aus den Aussagen des Präsidenten klar: Die M23, die bereits eine eigene
       Verwaltungsstruktur in Goma etabliert hat, wird die Stadt nicht verlassen.
       
       Gleichzeitig berichtet die militärische Führung der M23 etwas ganz anderes:
       „Wir sind gerade dabei, uns zurückzuziehen“, sagt M23-Militärchef Sultani
       Makenga der taz. Man ziehe sich bereits aus den Masisi-Bergen westlich von
       Goma zurück. Makenga wirkt entspannt und nicht so, als lasse er sich von
       seinen Politikerkollegen etwas vorschreiben.
       
       Es scheint, als sei die M23-Rebellion gespalten. Nicht nur zwischen
       politischer und militärischer Führung, sondern auch innerhalb der
       Militärführung. In Runigas Pressekonferenz wurde nämlich verlautet, dass
       Oberst Baudouin Ngaruye ebenfalls zum Brigadegeneral der der M23 ernannt
       wurde. In denselben Rang, wie ihn Makenga hat.
       
       Für zusätzliche Verwirrung sorgen am frühen Morgen Kämpfe in einer
       Grenzregion Ruandas nahe der Grenze zum M23-Gebiet des Kongo beim Ort
       Kibumba. Ruandas Armee erklärt, die ruandische Hutu-Miliz FDLR
       (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) habe aus dem Kongo heraus
       angegriffen. Am Spätnachmittag bestätigt ein FDLR-Sprecher den Angriff.
       
       27 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR Kongo
   DIR M23
   DIR Goma
   DIR UN-Blauhelme
   DIR Nord-Kivu
   DIR Kongo
   DIR Ostkongo
   DIR Goma
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Ostkongo
   DIR Kongo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR 118-122 Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess II: Der Präsident und der Haudegen
       
       Nachdem Präsident Murwanashyaka dem Alkohol entsagte, hielt Militärführer
       Mudacumura ihn für ein Weichei. Enthüllungen aus dem Innenleben der FDLR
       Teil II.
       
   DIR Krieg im Ostkongo: Rebellen ziehen aus Goma ab
       
       Wie angekündigt haben die M23-Rebellen den Rückzug aus der
       Pronvinzhauptstadt Goma begonnen. Ihr Kommandeur verichert, dass die
       Zusagen eingehalten werden.
       
   DIR Rebellen im Ostkongo: Ein Schritt vor, ein Schritt zurück
       
       Die M23-Rebellen sollen das eroberte Goma an Beobachter aus der Region
       übergeben, als Bedingung für Gespräche. Aber der Rückzug zieht sich hin.
       
   DIR Krieg im Ostkongo: Nicht noch einmal um Goma kämpfen
       
       Die Verhandlungen des kongolesischen Präsidenten Kabila mit den Rebellen
       stoßen der Armee sauer auf. Denn es ist nicht klar, was der M23 versprochen
       wurde.
       
   DIR Rebellen im Kongo: Die Stille nach der Schlacht
       
       Polizei und Armee sind weg, Strom und Wasser gibt es nicht. Nun versuchen
       die Rebellen, in der Millionenstadt Goma eine neue Ordnung zu schaffen.
       
   DIR Kommentar M23 in Goma: Der Kongo braucht politischen Dialog
       
       Die Bevölkerung in Goma braucht Sicherheit. Mit der M23 ist diese
       Sicherheit erstmal gewährleistet. Die Forderungen nach einem Abzug sind
       kontraproduktiv.
       
   DIR Krieg im Osten der Dem. Rep. Kongo: Soldaten außer Kontrolle
       
       Fliehende kongolesische Regierungstruppen töten, vergewaltigen und
       plündern. Leidtragende des Krieges sind vor allem wieder Zivilisten.
       
   DIR Kommentar Kongo: Schutz vor der Regierungstruppe
       
       Warum eigentlich sollen sich die Rebellen aus Goma zurückziehen? Seit M23
       die Stadt kontrolliert, ist es dort sicher. Geplündert und gemordet hat die
       Regierungsarmee.
       
   DIR Krieg im Ostkongo: Kongos deutscher General
       
       Der neue kongolesische Armeechef François Olenga soll die Rebellen im Osten
       des Landes zerschlagen. Früher hat der Kabila-Treue einen Klub in Köln
       betrieben.
       
   DIR Krise im Osten Kongos: Kampf gegen die Rebellen
       
       Die UN und Regierungen der Region fordern den Rückzug der M23-Rebellen aus
       Goma. Regierungseinheiten setzen westlich der Metropole zum Gegenangriff
       an.