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       # taz.de -- Krieg in Gaza: Gefangenenaustausch und Waffenruhe in Gaza
       
       > Palästinenser und Israelis begrüßen ihre aus der Gefangenschaft
       > freigelassenen Angehörigen. Trump spricht über Pläne, den Gazastreifen zu
       > „säubern“.
       
   IMG Bild: Nach dem Gefangenenaustausch werden befreite Palästinenserin Chan Yunis von einer Menschenmenge begrüßt
       
       Ramallah taz | Während Israelis und Palästinenser am Wochenende jubelnd und
       unter Tränen freigelassene Geiseln und Gefangene begrüßt haben, [1][gerät
       die Waffenruhe im Gazastreifen] zunehmend ins Wanken. Noch während die vier
       israelischen Frauen Karina Ariev, Daniella Gilboa, Naama Levy, und Liri
       Albag am Samstag nach mehr als 15 Monaten Geiselhaft auf dem Rückweg nach
       Israel waren, warfen sich Israel und die Hamas gegenseitig Verstöße gegen
       die Abmachung vor.
       
       [2][Die Hamas] hatte zugesagt, alle Zivilisten freizulassen, bevor
       entführte Soldaten freikommen sollten. Die vier Frauen aber waren zum
       Zeitpunkt ihrer Entführung Wehrdienstleistende. Nicht unter den
       Freigelassenen war hingegen die 29-jährige Arbel Jehud. Sie soll sich in
       der Hand des Islamischen Dschihad befinden, einer militanten
       Palästinenser-Gruppe neben der Hamas.
       
       Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte an, die vereinbarte
       Rückkehr von Vertriebenen in den Norden des Küstenstreifens erst nach einer
       Garantie für die lebende Rückkehr der 29-Jährigen in der kommenden Woche zu
       erlauben.
       
       Südlich des israelisch besetzten Netzarim-Korridors hatten sich am Samstag
       bereits Tausende Menschen versammelt, um in ihre zerstörten Heimatorte
       zurückzukehren, als Schüsse fielen. In einem von der britischen BBC
       verifizierten Video sind vier Schüsse zu hören, während Menschen panisch
       fliehen. Das von der Hamas geleitete Gesundheitsministerium meldete einen
       Toten. Die israelische Armee bestritt den Bericht und sprach von
       Warnschüssen.
       
       ## Bizarre Show der Hamas
       
       Die Hamas heizte die Spannungen weiter an, indem sie die Übergabe der vier
       jungen Frauen auf dem Palästina-Platz in Gaza-Stadt in eine teils bizarren
       Show verwandelte. Umringt von Hunderten bewaffneten und vermummten
       Hamas-Kämpfern mussten sie vor den Augen Hunderter Zuschauer auf eine Bühne
       klettern. Die am 7. Oktober 2023 in ihren Pyjamas entführten Frauen waren
       dafür in Armeeuniformen gekleidet worden. Im Hintergrund verkündete ein
       Banner den „Sieg des unterdrückten Volkes gegen den Nazi-Zionismus“.
       
       Im Gegenzug ließ Israel insgesamt 200 palästinensische Gefangene frei.
       Unter ihnen befinden sich 121 Personen mit lebenslangen Haftstrafen, zum
       Teil für tödliche Anschläge auf Israelis. 70 für schwerwiegende Taten
       verurteilte wurden nach Ägypten, 16 in den Gazastreifen gebracht. In
       Ramallah im israelisch besetzten Westjordanland wurden die übrigen 114
       Gefangenen von einer jubelnden Menge mit Palästina- und Fatah-Fahnen
       begrüßt.
       
       „Zu hören, dass ich freikommen soll, war überwältigend“, sagte der
       30-jährige Azzam, nachdem er in grauer Gefängniskleidung aus einem ICRC-Bus
       gestiegen war. Viele der Freigelassenen wirkten sichtlich erschöpft. „Wir
       wurden drei Tage lang geschlagen und gedemütigt vor unserer Freilassung“,
       sagte der 31-jährige Tarek Abdel Yahya aus Dschenin.
       
       Das Abkommen zwischen Israel und der Hamas sieht in einer ersten Phase bis
       Ende Februar die Freilassung von 26 weiteren israelischen Geiseln und
       Hunderten palästinensischen Gefangenen vor. In einer zweiten Phase sollen
       die übrigen Geiseln freikommen, während sich die israelische Armee aus dem
       Gazastreifen zurückzieht. Bisher haben die Verhandlungen für die zweite
       Phase jedoch nicht begonnen.
       
       ## US-Präsident Trump stellt Pläne für Gaza vor
       
       Fragil ist auch die Ende November zunächst für zwei Monate [3][beschlossene
       Waffenruhe zwischen der libanesischen Hisbollah und Israel.] In den
       vergangenen 60 Tagen hatten sich beide Seiten aus dem Süden des Libanon
       zurückziehen sollen. Netanjahu teilte am Freitag mit, die Frist für den
       Abzug nicht einhalten zu wollen. Mindestens drei Menschen starben am
       Sonntag nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums, nachdem
       israelische Soldaten das Feuer auf Vertriebene eröffnet hatten, die in ihre
       Häuser zurückkehren wollten.
       
       Die große Unbekannte für die Zukunft der Abkommen aber ist der US-Präsident
       Donald Trump, der am Samstag einen Einblick in seine Pläne für die Region
       gab. Ihm zufolge sollten die im Gazastreifen lebenden Palästinenser in
       andere arabische Staaten umsiedeln. Der zerstörte Küstenstreifen solle
       „einfach gesäubert“ werden. Als Aufnahmeländer nannte er Ägypten und
       Jordanien, die in der Vergangenheit jedoch mehrfach deutlich gemacht
       hatten, keine Palästinenser aus Gaza aufnehmen zu wollen. Zudem gab er die
       Auslieferung weiterer 2.000-Pfund Bomben an Israel frei, die sein
       Amtsvorgänger Joe Biden gestoppt hatte.
       
       26 Jan 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Wellisch
       
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