URI: 
       # taz.de -- Krieg in Nahost: Israelisches Parlament billigt UNRWA-Verbot
       
       > Damit werden die Aktivitäten des UNRWA „auf israelischem Territorium“
       > verboten, wohl auch im annektierten Ostjerusalem. Es hagelt
       > internationale Kritik.
       
   IMG Bild: Ein Tankwagen des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge wartet darauf, den Grenzübergang Rafah überqueren zu können
       
       Jerusalem afp | [1][Das israelische Parlament hat ein Verbot des
       UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gebilligt] und damit internationale Kritik
       hervorgerufen. Die Knesset-Abgeordneten stimmten am Montag in zweiter
       Lesung mit der überwältigenden Mehrheit von 92 Ja-Stimmen für den
       Gesetzentwurf, zehn Abgeordnete sprachen sich dagegen aus.
       
       Das Gesetz sieht vor, „die Aktivitäten des [2][UNRWA] auf israelischem
       Territorium“ zu verbieten, einschließlich im 1967 von Israel besetzten
       Ostjerusalem. Das UNRWA verurteilte den Schritt als „empörend“. Die
       Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne),
       kritisierte das Verbot scharf.
       
       Der Gesetzestext war bereits im Juli in erster Lesung verabschiedet worden.
       Am Montag wurde er den Knesset-Abgeordneten vor einer endgültigen
       Abstimmung zur Beratung vorgelegt. Er ist eine Kombination aus zwei
       verschiedenen Gesetzentwürfen, die sowohl von der Regierung als auch von
       der Opposition in die Knesset eingebracht wurden. Nach Angaben der Knesset
       treten sie 90 Tage nach ihrer Verabschiedung in Kraft.
       
       Das UNRWA leistet seit 1949 wichtige Hilfe für palästinensische
       Flüchtlinge. Das Gesetz hindert das Hilfswerk nun effektiv daran, in Israel
       tätig zu sein. Zudem betrifft es dessen Tätigkeit in Ostjerusalem, wo das
       UNRWA derzeit in bestimmten Stadtvierteln Dienstleistungen wie Reinigung,
       Bildung und Gesundheitsversorgung erbringt.
       
       ## Teil einer „Kampagne“, um das UNRWA zu „diskreditieren“.
       
       Der Likud-Abgeordnete Juli Edelstein sagte vor der Abstimmung, es gebe
       „eine tiefe Verbindung zwischen der Terrororganisation Hamas und dem
       UNRWA“. „Israel kann das nicht hinnehmen“, sagte Edelstein, ein Befürworter
       des Gesetzestextes, bei dessen Vorlage im Parlament.
       
       Israel steht dem für die Versorgung der Menschen im Gazastreifen wichtigen
       Hilfswerk seit Langem kritisch gegenüber. Seit dem Überfall der
       radikalislamischen Hamas auf Israel und dem dadurch ausgelösten [3][Krieg
       im Gazastreifen im Oktober 2023] sind die Beziehungen zwischen Israel und
       dem UNRWA auf einem neuen Tiefpunkt. Israel wirft mehreren
       UNRWA-Mitarbeitern eine Beteiligung an dem beispiellosen Überfall auf den
       Süden des Landes vor.
       
       Das UNRWA verurteilte das Verbot mit scharfen Worten. Israel schaffe damit
       einen „gefährlichen Präzedenzfall“, erklärte der Leiter des Hilfswerks,
       Philippe Lazzarini. Das UNRWA-Verbot werde „das Leiden der Palästinenser
       verstärken“. Ihm zufolge ist das Gesetz Teil einer „Kampagne“, um das UNRWA
       zu „diskreditieren“.
       
       „Wenn die Gesetze in dieser Form von der israelischen Regierung umgesetzt
       würden, würde das die Arbeit von UNRWA in Gaza, im Westjordanland und in
       Ostjerusalem faktisch unmöglich machen“, erklärte die deutsche
       Menschenrechtsbeauftragte Amtsberg. Das israelische Vorgehen gegen UNRWA
       sei „ein gefährliches Signal der Missachtung der Vereinten Nationen und der
       internationalen Zusammenarbeit“.
       
       ## Internationale Kritik
       
       UN-Generalsekretär António Guterres warnte, dass das Gesetz bei Umsetzung
       „verheerende Folgen“ haben und das „UNRWA wahrscheinlich daran hindern
       würde, seine wichtige Arbeit fortzusetzen“.
       
       Kritik kam auch aus London. „Dieses Gesetz gefährdet die gesamte
       internationale humanitäre Hilfe im Gazastreifen sowie die Bereitstellung
       wichtiger Gesundheits- und Bildungsdienste im Westjordanland“, erklärte der
       britische Premierminister Keir Starmer. Irland, Norwegen, Slowenien und
       Spanien verurteilten das Knesset-Votum in einer gemeinsamen Erklärung.
       
       Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte in den
       Onlinenetzwerken, dass Israel „bereit“ sei, die Hilfe für den Gazastreifen
       fortzusetzen – „auf eine Weise, die Israels Sicherheit nicht bedroht“.
       
       Die radikalislamische Hamas verurteilte eine „zionistische Aggression“. Die
       palästinensische Präsidentschaft erklärte, der Schritt bestätige „Israels
       Transformation in einen faschistischen Staat“.
       
       ## UNRWA-Mitarbeiter sollen an Angriff auf Israel beteiligt gewesen sein
       
       Der UN-Sicherheitsrat, einschließlich der USA, hatte Israel am 10. Oktober
       vor der Verabschiedung des Gesetzes gewarnt.
       
       Das UN-Palästinenserhilfswerk war erstmals zu Beginn des Jahres massiv in
       die Kritik geraten, nachdem Israel ihm vorgeworfen hatte, zwölf seiner
       Mitarbeiter seien direkt an dem beispiellosen Angriff der
       radikalislamischen Hamas vom 7. Oktober beteiligt gewesen. In der Folge
       kamen sieben weitere Verdächtige hinzu. Das für die Versorgung der Menschen
       im Gazastreifen wichtige Hilfswerk geriet daraufhin massiv in die Kritik.
       Deutschland und zahlreiche weitere Länder setzten ihre finanzielle
       Unterstützung vorübergehend aus.
       
       Im August verkündete das UN-Hilfswerk dann die Entlassung von neun
       Mitarbeitern wegen einer möglichen Beteiligung am Hamas-Überfall.
       
       29 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechtsregierung-in-Israel/!6042648
   DIR [2] /Humanitaere-Lage-im-Gazastreifen/!6042275
   DIR [3] /Alltag-in-Gaza/!6045198
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Vereinte Nationen
   DIR Gaza
   DIR Hamas
   DIR Benjamin Netanjahu
   DIR   Itamar Ben-Gvir
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Israel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Waffenlieferungen an Israel: „Recht auf Selbstverteidigung gilt nicht unbegrenzt“
       
       Israel verstoße in Gaza offen gegen Völkerrecht, sagt Andreas Schüller vom
       ECCHR. Die Organisation klagt gegen Kriegswaffenlieferungen an Israel.
       
   DIR Rechtsregierung in Israel: Gegen Justiz, UNRWA und Demokratie
       
       Israels Regierung wartet zur neuen Sitzungsperiode mit kontroversen
       Gesetzesvorschlägen auf. So soll etwa das UN-Palästinenserhilfswerk
       blockiert werden.
       
   DIR Humanitäre Lage im Gazastreifen: „Gaza ist eine tickende Zeitbombe“
       
       Israels neue Offensive gefährdet rund 400.000 Menschen im Norden von Gaza,
       sagt UNRWA-Sprecherin Juliette Touma – vor allem Alte, Frauen und Kinder.