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       # taz.de -- Krieg in Syrien: Angst um Aleppo
       
       > Nach den bisher schwersten russischen Luftangriffen und einem Vorstoß von
       > Assads Armee sind zehntausende Zivilisten auf der Flucht.
       
   IMG Bild: 4. Februar: Aleppo nach einem Luftangriff der Regierungstruppen.
       
       Berlin taz | Nach den schwersten russischen Luftangriffen in Syrien seit
       Beginn der russischen Militärintervention droht der Region ein neues
       gigantisches Flüchtlingsdrama. Bis zu 70.000 Menschen befanden sich am
       Freitag nach Angaben der türkischen Regierung auf dem Weg aus den von
       Rebellen gehaltenen Teilen der größten nordsyrischen Stadt Aleppo und dem
       Umland auf der Flucht vor vorrückenden syrischen Regierungssoldaten in
       Richtung der nahen türkischen Grenze.
       
       Am Mittwoch hatten Assads Regierungstruppen nach massiven russischen
       Luftschlägen die wichtigste Verkehrsverbindung aus Aleppo Richtung Türkei
       gekappt. Sie kontrollieren nun einen Gebietsstreifen, der Aleppo und das
       nördliche Umland von der türkischen Grenze trennt.
       
       Damit wächst die Angst vor einer Einkesselung des von Rebellen gehaltenen
       Landstrichs rund um Aleppo sowie der westlichen Stadtteile, die seit 2012
       von gemäßigten Oppositionellen kontrolliert werden. Die syrische Regierung
       versuche, die Kontrolle über alle Grenzübergänge aus diesem Landesteil in
       die Türkei zu erlangen, zitierte Reuters einen internen Lagebericht einer
       nicht genannten Hilfsorganisation. So wären die dahinter liegenden Gebiete
       von der Außenwelt abgeschnitten.
       
       Ein Kommandeur der Freien Syrischen Armee (FSA) nördlich von Aleppo sagte:
       „Die russischen Luftangriffe gehen Tag und Nacht weiter. An einem einzigen
       Tag gab es mehr als 250 Angriffe. Jetzt ist das nördliche Umland (von
       Aleppo) komplett eingekreist, und die humanitäre Lage ist sehr schwierig.“
       Bei Luftangriffen gab es laut Aktivisten mehrere Dutzend Tote.
       
       ## Humanitärer Albtraum
       
       Viele Menschen versuchen nun, rechtzeitig der drohenden Belagerung zu
       entkommen. Auf am Freitag verbreiteten Videos waren Kolonnen von Menschen
       zu sehen, die sich auf den geschlossenen türkischen Grenzübergang Oncupinar
       zubewegten. Viele der Fliehenden trugen ihre Habseligkeiten auf dem Rücken,
       Kinder an der Hand. Der türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu hatte
       bereits am Donnerstag gewarnt, 300.000 Menschen würden in die Türkei
       fliehen, sollte die Offensive auf Aleppo Erfolg haben.
       
       „Es sieht danach aus, dass die Belagerung Aleppos beginnt“, sagte David
       Evans, Regionaldirektor des Hilfswerks Mercy Corps, das 500.000 Menschen in
       dieser Region Syriens mit UN-Lebensmittelhilfe versorgt. „Unschuldige
       Menschen rennen um ihr Leben.“ Man sei dabei, neue Versorgungsstationen an
       der syrisch-türkischen Grenze einzurichten. Der Nordsyrien-Direktor des
       Hilfswerks, Rae McGrath, sagte: „Die Oppositionskräfte verlieren mit jeder
       Minute Boden. Wir stehen vor einem humanitären Albtraum. Es ist die
       schlimmste Lage, die wir seit Kriegsbeginn erleben.“
       
       Rebellen in Aleppo sagten, sie würden um die Stadt „bis zum letzten Mann“
       kämpfen. Ein Rebellensprecher im Norden der Stadt sagte telefonisch
       gegenüber Journalisten: „Wir kämpfen unsere wichtigste Schlacht.“ (mit afp,
       rtr)
       
       5 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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