URI: 
       # taz.de -- Krieg in der Ukraine: Worte reichen einfach nicht
       
       > Mag sein, dass Putin am Ende nicht gewinnt, aber bis dahin sind die
       > Aussichten düster. Seine Drohung mit Atomwaffen verändert alles.
       
   IMG Bild: Ukrainische Soldaten postieren sich unter eine Brücke in einem Vorort von Kiew am 25.02.2022
       
       Die [1][Katastrophe], die Russlands Präsident Wladimir Putin über die
       Ukraine, aber auch über Russland und ganz Europa bringt, ist so groß, dass
       kaum ein Wort dafür reicht. Dieser Angriffskrieg wird entsetzliches Leid in
       der Ukraine schaffen. Er wird den ganzen Kontinent auf lange Zeit verändern
       – und dies nicht zum Besseren.
       
       [2][„Putin wird nicht gewinnen“], sagen Bundeskanzler Olaf Scholz und
       andere. Sicherlich stimmt das irgendwie. Aber die Aussicht bis zu dem Tag,
       an dem Putin nicht gewonnen haben wird, ist mehr als deprimierend. Bei der
       Beschreibung kann man sich den Konjunktiv größtenteils sparen. Es werden
       viel zu viele Menschen sterben und Familien auseinandergerissen werden.
       
       Russland wird sich die Ukraine und sicher auch Belarus auf die eine oder
       andere Weise einverleiben und das monströse neue Gebilde in eine imperiale
       Diktatur verwandeln. Um die [3][mutigen Menschen, die dort gegen den Krieg
       demonstrieren], muss man sich sorgen. Der wirtschaftliche und sonstige
       Austausch mit dem Westen wird stark schrumpfen, und das Gros der
       Bevölkerung in dem isolierten, neu-zaristischen Reich wird materiell und
       geistig ärmer gemacht.
       
       Der Wirtschaftskrieg wird auch die EU enorme Summen kosten. Bei den
       [4][recht überschaubaren Sanktionen], die Donnerstag verkündet wurden, kann
       es ja kaum bleiben. Sollte sich herausstellen, dass Deutschland den
       Ausschluss Russlands vom Swift-Zahlungssystem auch deshalb bisher
       verhindert, um die Kredite deutscher Banken zu retten, wäre dies eine
       Schande.
       
       ## Das Geld für den Klimaschutz wird in Militär gepumpt
       
       In jedem Fall aber werden die Regierungen Europas unter großen Druck
       geraten, weil sie fortan Geld in Waffen und Kompensationen für Kriegsfolgen
       stecken müssen, das sonst für Klimaschutz, Innovation und sozialen
       Ausgleich verfügbar wäre.
       
       Die Nato muss und wird nun an ihrer [5][Ostflanke aufrüste]n, alle
       völkerrechtlichen Verträge mit Russland aus den 90er Jahren hat Putin
       aufgekündigt. Die Nato-Staaten in Europa werden die Flüchtlinge aus der
       Ukraine aufnehmen und die ganze Bitterkeit und Scham erfahren, die es mit
       sich bringt, dass die Nato nicht mit der Ukraine gegen Russland kämpft.
       
       Denn wir müssen ja zuschauen: Nahezu unverhohlen hat Putin mit Atomwaffen
       für den Fall gedroht, dass ein Nato-Land der Ukraine militärisch
       beispringt. 32 Jahre nach Ende des Kalten Krieges lernen wir jetzt also,
       dass der Besitz von Atomwaffen einen konventionellen Krieg nicht
       verhindert, sondern ermöglicht. Die Lehre für den Rest der Welt lautet: Gib
       nie deine Atomwaffen auf – und wenn du kannst, bau dir welche.
       
       Die Verträge zur nuklearen Abrüstung, zuletzt dank des Regierungswechsels
       in den USA von Donald Trump zu Joe Biden so gerade noch gerettet, rauschen
       im Hintergrund auf völkerrechtlichen Ramschstatus herab.
       
       Bitter müssen wir lernen, dass diejenigen, die seit über 15 Jahren vor
       Putin warnen, immer recht gehabt haben. Dass Putin sich mit seiner Wortwahl
       um eine rechtsförmige Begründung für den Angriff bemüht, ist keinerlei
       Trost. Die Stichworte „Genozid“ und „Schutz der Bevölkerung“ sind ja kein
       Zugeständnis an die Erfordernisse der Legitimität, sondern eine bösartige,
       verlogene Satire darauf (der bulgarische Politologe Ivan Krastev hat über
       diese Art Parodie schon vor Jahren geschrieben).
       
       Dieser Überfall auf ein friedliches und souveränes Land wurde von erkennbar
       langer Hand vorbereitet und wird nun planmäßig ausgeführt. Die
       Skrupellosigkeit darin spricht allen Vorstellungen, es wäre in den letzten
       Wochen oder auch Monaten mit Diplomatie noch irgendetwas zu erreichen
       gewesen, Hohn. Sie lässt kaum einen Zweifel daran zu, dass Putin das
       Druckmittel Atomwaffen ab sofort nach Belieben einsetzen wird.
       
       Wobei: Eigentlich reicht es, die Andeutung einmal gemacht zu haben – die
       Bedrohung verselbstständigt sich dann. Die Aussichten auf die Folgen des
       Kriegs, den Putin diese Woche begann, sind so düster, dass kein Wort dafür
       reichen will.
       
       25 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=WmJ_i2-yv00
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=XhzSwt3f5Zk
   DIR [4] /Neue-EU-Sanktionen-gegen-Russland/!5837522
   DIR [5] /Mehr-Soldaten-nach-Osteuropa/!5832487
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Winkelmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR  taz на русском языке
   DIR Wladimir Putin
   DIR Sanktionen
   DIR Atomwaffen
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR  taz на русском языке
   DIR Ampel-Koalition
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Ukraine-Krise
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR  taz на русском языке
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Energieversorgung in der EU: Raus aus Russlands Klauen
       
       Mit Flüssiggas und erneuerbaren Energien will die EU unabhängiger von
       russischen Importen werden. Doch wie das genau passieren soll, ist noch
       unklar.
       
   DIR Westliche Sanktionen gegen Russland: Krieg an den Finanzmärkten
       
       Die Sanktionen nehmen Russlands Zentralbank ins Visier. Auch der
       Swift-Ausschluss kommt. Die Folgen dürften enorm sein.
       
   DIR Ukraine-Krieg: Heilsamer Realitätsschock
       
       Die Ampel-Regierung hat bei Waffenlieferungen und Sanktionen eine
       dramatische Kehrtwende hingelegt. Doch das macht die Fehler nicht
       ungeschehen.
       
   DIR Flucht aus der Ukraine nach Ungarn: Bloß weg
       
       Derzeit kommen viele Ukrainer:innen im Nachbarland Ungarn an. Aus Sorge
       davor, dass sich der Krieg ausbreitet, haben sie ihre Heimat verlassen.
       
   DIR Krieg in der Ukraine: Nato verlegt Eingreiftruppe
       
       Die Nato reagiert auf die Gefahr weiterer Übergriffe Russlands. Das
       Militärbündnis verlegt Truppen entlang seiner östlichen Grenze.
       
   DIR Möglicher Swift-Rauswurf Russlands: Die Waffe mit fünf Buchstaben
       
       Der Ausschluss aus dem Überweisungssystem Swift könnte Russlands Wirtschaft
       besonders hart treffen. Doch die Mitgliedstaaten der EU sind sich uneins.
       
   DIR Russischer Angriff auf Ukraine: Kiew unter Schock
       
       Am Bahnhof versuchen Menschen verzweifelt, ein Ticket Richtung Westen zu
       bekommen. Vor den Banken sind lange Schlangen. Eindrücke aus Kiew.
       
   DIR Deutsche Reaktionen auf Ukraine-Krieg: „Das ist Putins Krieg“
       
       Die Bundesregierung kündigt harte Sanktionen gegenüber Russland und volle
       Solidarität mit der Ukraine an. Waffen will sie aber nicht liefern.
       
   DIR Menschen fliehen aus der Ukraine: Auf Krieg folgt Flucht
       
       Die östlichen EU-Staaten rechnen mit über 1,5 Millionen Flüchtlingen aus
       der Ukraine. Deutschland wappnet sich.
       
   DIR Neue EU-Sanktionen gegen Russland: Hoher Preis für Putin
       
       Nach Russlands Angriff auf die Ukraine kündigt die EU ein weiteres hartes
       Sanktionspaket an. Doch der Energiesektor soll ausgeklammert bleiben.