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       # taz.de -- Kriminologe über Unsicherheitsgefühle: „Eine verwirrende Weltlage“
       
       > Kriminologe Nils Zurawski glaubt, dass die zunehmenden
       > Unsicherheitsgefühle vieler Menschen nicht nur mit Kriminalität zu tun
       > haben.
       
   IMG Bild: Vom zunehmenden Gefühl der Unsicherheit profitiert eine ganze Branche
       
       taz: [1][Die Kriminalitätsrate sinkt stetig] – und paradoxerweise zugleich
       das subjektive Sicherheitsempfinden. Kann man da nur mit den Schultern
       zucken, Herr Zurawski? 
       
       Nils Zurawski: Dieser Befund wird seit Jahr und Tag erzählt. Die Frage beim
       Sicherheitsgefühl ist, wovon es eigentlich abhängt.
       
       Nämlich? 
       
       Etwa von der persönlichem Arbeitssicherheit, der allgemeinen
       Lebenssicherheit, Gesundheit, den Nachrichten aus der ganzen Welt. Die
       Polizei hat sich das Thema in den letzten 20 Jahren zu eigen gemacht und
       die Politik geht damit hausieren.
       
       Das heißt, Sie finden das Thema irrelevant? 
       
       In anderen Bereichen, etwa bei der Atomkraft, haben die Politiker weniger
       Wert auf das Sicherheitsempfinden gelegt.
       
       Vielleicht glauben sie heute, dass das Thema der AfD nutzt. 
       
       Die Realität ist eine andere: Weder werden wir ständig auf der Straße
       überfallen, noch vergewaltigen marodierende Banden blonde deutsche Frauen
       und die aufgebrochenen Autos liegen meist in Preisregionen, die den
       durchschnittlichen AfD-Wähler nicht betreffen.
       
       Aber diese Wähler, und nicht nur die, empfinden es ja anders. 
       
       Man darf nicht unterschätzen, was an Medieninformationen auf die Menschen
       niederprasselt und was sie auf sich niederprasseln lassen. Das für sich
       rational zu verarbeiten, bedarf enormer Anstrengung. Nehmen wir die
       Ereignisse der Kölner Silvesternacht: Ein Ereignis erscheint so, als seien
       es 20. Es wirkt, als sei um uns das absolute Chaos und nichts mehr
       beherrschbar.
       
       Gerade ältere Menschen fühlen sich unsicher – die aber sind doch weniger im
       Dschungel sozialer Medien unterwegs. 
       
       Alte Leute sind am wenigsten gefährdet, Opfer von Kriminalität zu werden –
       aber sie werden persönlich unsicherer. Das hat damit zu tun, dass man sich
       in der Welt nicht mehr so flink fühlt. Am sichersten fühlen sich die
       kraftstrotzenden jungen Männer – obwohl sie statistisch gesehen häufiger
       Opfer von Straftaten sind.
       
       Das heißt, das Sicherheitsgefühl bleibt irrational? 
       
       Das Gefühl ist schon real, aber die Gründe sind irrational. Vielleicht
       speist sich das Unsicherheitsgefühl aus anderen Quellen als bloß aus der
       Kriminalität. Beim Einbruch denken die Leute, ich baue stärkere Türen ein,
       das gestohlene Auto zahlt die Versicherung. Wobei Opfer werden immer eine
       Unsicherheit hinterlässt. Aber eine generelle Unsicherheit entsteht eher
       aus der Angst um den Arbeitsplatz, um die Umwelt, um eine verwirrende
       Weltlage.
       
       Wie kann man der begegnen? 
       
       Menschen fühlen sich sicher, wenn sie das Gefühl haben, autonom handeln zu
       können. Das trägt mehr zum Sicherheitsgefühl bei als
       Kriminalitätsstatistiken, die mich letztlich nicht immer direkt betreffen.
       Aber das kann man nicht verordnen.
       
       27 Feb 2018
       
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