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       # taz.de -- Krise der Eisschnelläufer bei Olympia: Unwissend und reformresistent
       
       > Die Olympia-Bilanz der deutschen Eisschnellläufer ist wieder mies.
       > Deutlich blamabler ist das Auftreten von Sportdirektor Robert Bartko.
       
   IMG Bild: Für den olympischen Massenstart der Herren war kein Deutscher qualifiziert. Obwohl Weltklasse-Athleten bereitstünden
       
       Es ist wieder passiert. Vier Jahre nach dem desolaten Abschneiden der
       deutschen Eisschnellläufer bei den Winterspielen von Sotschi konnten die
       Athleten und Athletinnen wieder kein Edelmetall mit nach Hause bringen. Die
       miese Bilanz verschleiert zwar positive Tendenzen in der Entwicklung, die
       es nach dem Quasi-Kahlschlag 2014 gegeben hat. Doch letztlich hat der
       Verband seine Ziele verfehlt.
       
       Viel tragischer als das teilweise knappe Scheitern bundesdeutscher
       Eisschnellläufer in Pyeongchang ist jedoch das Gebaren der Funktionäre.
       DESG-Sportdirektor Robert Bartko, vor vier Jahren als Heilsbringer
       installiert, präsentiert sich entweder desolat informiert oder anmaßend
       anderen Athleten gegenüber. Im schlimmsten Falle beides.
       
       Im Interview nach den abschließenden Massenstarts bekam er sowohl von
       Moderatorin und Ex-Eisschnellläuferin Franziska Schenk in der ARD als auch
       von Christin Otto im Zweiten ordentlich Gegenfeuer. Angesprochen auf die
       Erfolge von Speedskatern, dem Schlittschuh-Pendant im Sommer auf Rollen und
       Asphalt, deren Rennmodi dem Massenstart sehr ähneln und so
       Disziplin-Wechslern gute Chancen auf dem schnellen Eis ermöglichen, zeigt
       sich Bartko jedenfalls erschreckend hilflos bis überfordert, und
       erstaunlich reformresistent.
       
       ## Inlineskater sind durchaus erfolgreich auf dem Eis
       
       Junge Speedskater, die sich auf dem olympischen Eis versuchten, brachten es
       immerhin auf die Ränge vier bis sechs, die Silbermedaille ging an den
       multiplen Inline-Weltmeister Bart Swings und Bronze an den Niederländer
       Koen Verweij, der auch eine persönliche Historie auf Rollen hat. Warum also
       tut sich Deutschland so schwer, Kooperationen mit dem Inlineskaten auf die
       Beine zu stellen?
       
       Zu den Erfolgen der eben Genannten sagt Robert Bartko, dass die Athleten
       schließlich auch im Speedskaten zur absoluten Weltelite gehörten, und man
       ebendies von den deutschen Rollsportlern nicht sagen könne. Das ist in
       zweierlei Hinsicht grober Unfug: Zum einen sind der Däne Thorup und der
       Österreicher Heidegger, im Massenstart fünfter und sechster, im
       Inlineskaten kaum zur erweiterten internationalen Spitze zu zählen.
       
       Zum anderen gibt es allein bei den Herren zwei amtierende Weltmeister aus
       Deutschland: Felix Rijhnen läuft seit Jahren regelmäßig auf die Podeste der
       langen Strecken, Simon Albrecht ist mit Anfang zwanzig zum zweiten Mal
       Weltmeister auf den 300 Metern. Vor allem der Darmstädter Rijhnen hatte
       sich schon intensiv und erfolgreich auf dem Eis versucht, wurde 2012 zum
       Beispiel Deutscher Meister in eben dieser, hier thematisierten
       neuolympischen Disziplin Massenstart, sah sich durch den Eisverband aber
       selten unterstützt, verlor dann irgendwann die Lust.
       
       ## Es wurde verschlafen, Maßnahmen zu ergreifen
       
       Auch wenn er sogar noch teilweise Verständnis für die Äußerungen vom
       Eissport-Direktor aufbringen kann, so bestätigen sie ihn doch in seinen
       Erfahrungen und gerade im Kontext seines Weltmeistertitels in der
       abgelaufenen Saison klingt es fast wie Hohn: „Robert Bartko als
       Verantwortlicher hat, vor allem nachdem bekannt wurde, dass der Massenstart
       olympisch würde, den Trend und somit Maßnahmen, den Inlinesport zu
       integrieren, verpasst. Das muss er sich nun auch ankreiden lassen.“, sagt
       der 27-jährige Rijhnen gegenüber der taz und fände es spannend zu hören, ob
       Bartko wenigstens zu den Fehlern in seinen Aussagen steht: „Ich glaube
       nicht, dass er sich noch einmal dazu äußern wird. Interessant wäre, ob er
       dann eingesteht, dass doch ein paar deutsche Weltmeister auf den Rollen
       unterwegs sind.“
       
       Trotzdem freue er sich natürlich über das erfolgreiche Abschneiden seiner
       Skate-Kollegen, gerade für seinen langjährigen Teamkollegen und
       Weggefährten Bart Swings, der die erste belgische Medaille bei
       Winterspielen seit Bart Veldkamp 1998, ebenfalls im Eisschnelllauf,
       gewinnen konnte. Für den 22-jährigen Albrecht sind Bartkos Einlassungen
       einfach nur demotivierend. In seinen jungen Jahren gibt es nach zwei
       Weltmeistertiteln und zweimal Gold bei den World Games, dem größten
       Sportfest für nicht-olympische Disziplinen, für ihn auf Rollen nichts mehr
       zu gewinnen.
       
       Der Wechsel aufs Eis, vor allem olympisches, ist attraktiv. Er erklärt:
       „Zumal mit Blick auf den Niederländer Michel Mulder, der erst Weltmeister
       im Inlineskaten und vor vier Jahren dann Olympiasieger auf den 500 Metern
       wurde.“ Die Worte Bartkos aber können kaum Basis einer fruchtbaren
       Zusammenarbeit sein, bedeuten sie doch, dass seine Erfolge offenbar nicht
       wahrgenommen oder geachtet werden.
       
       Im Massenstart der Herren war kein Deutscher dabei, dabei stünden Athleten
       quasi in den Startlöchern. Die vielzitierte Kooperation der Verbände
       besteht höchstens auf dem Papier. Wie Franziska Schenk sagte: Vielleicht
       ist es an der Zeit, auf nicht ganz gewöhnliche Konzepte zu setzen. Nur dass
       diese Konzepte anderswo schon ganz natürlich sind.
       
       26 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jann-Luca Zinser
       
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