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       # taz.de -- Kritik an Israels Vorgehen: Annexion des Westjordanlandes ist „rote Linie“
       
       > Die Vereinigten Arabischen Emirate kritisieren die mögliche Annexion des
       > Westjordanlandes: Es sei „das Ende der Vision einer regionalen
       > Integration“.
       
   IMG Bild: Lana Zaki Nusseibeh, Special Envoyé der Vereinigten Arabischen Emirate, ist gegen eine Annexion des Westjordanlandes durch Israel
       
       Berlin taz | „Eine rote Linie“ – so beschreibt Lana Nusseibeh, Special
       Envoyé der Vereinigten Arabischen Emirate, mögliche Annexionspläne des
       Westjordanlands durch Israel. Im Interview mit dem Online-Medium Times of
       Israel erklärte sie, eine Annexion könnte „das Ende der Vision einer
       regionalen Integration und den Todesstoß für die Zwei-Staaten-Lösung“
       bedeuten. Es gebe somit keinen dauerhaften Frieden, kritisiert sie.
       
       So deutlich hat sich bislang kein Vertreter des kleinen Staats am
       arabischen Golf geäußert. Dass sie sich ausgerechnet jetzt so öffentlich
       und direkt an ein israelisches Publikum wendet, liegt wohl am jüngsten
       Vorstoß: Am Donnerstag soll Premier Benjamin Netanjahu ein Meeting
       einberufen wollen. Dabei soll wohl diskutiert werden, wie Israel mit der
       zunehmenden Bereitschaft westlicher Staaten, einen palästinensischen Staat
       anzuerkennen, umgehen soll. Es wird bereits das zweite Treffen zum Thema in
       dieser Woche sein, teilnehmen sollen unter anderem Außenminister Gideon
       Saar und Finanzminister Bezalel Smotrich.
       
       Am Mittwoch hatte außerdem Smotrich erklärt, dass derzeit Karten für die
       Annexion von Gebieten im besetzten Westjordanland erstellt würden. Ob er
       dafür auch die Unterstützung des Premiers hat, ist laut dem Golf-Medium
       AlArabiya unklar. Bei einer Pressekonferenz in Jerusalem am Mittwoch zeigte
       Smotrich eine solche Karte. Sie deutet auf die Annexion von großen Teilen
       des Westjordanlands hin. Mit Ausnahme von sechs palästinensischen Städten,
       darunter die de-facto-Kapitale der Palästinenser [1][Ramallah].
       
       ## Emirate leisten viel Hilfe im Gazastreifen
       
       Für die Sondergesandte Nusseibeh gehe es laut Times of Israel darum, dass
       Israel mit der Annexion „einige der radikalen extremistischen Elemente in
       Israel“ zufriedenstellen wolle. Dies gefährde die Idee einer regionalen
       Integration. Sie betonte weiter, dass die Emirate diese Schlussfolgerung
       nicht leichtfertig gezogen hätten. „Als die Hamas mit den Terroranschlägen
       vom 7. Oktober versuchte, die Vision der regionalen Integration des
       Abraham-Abkommens zu torpedieren, haben wir entschlossen reagiert“. Die
       Emirate hätten den Angriff sofort verurteilt und die Sicherheitsbedenken
       Israels anerkannt.
       
       Das Verhältnis zwischen den Emiraten und Israel gilt als das wohl beste
       innerhalb der arabischen Welt: Im Rahmen der Abraham Accords hatten sie
       2020 ihre Beziehungen normalisiert. Seitdem sind vor allem Dubai, aber auch
       Abu Dhabi ein Hotspot für jüdisches Leben in der Region geworden. Auch die
       Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten laufen gut, allein zwischen
       2023 und 2024 sind sie trotz des Krieges im Gazastreifen um elf Prozent
       gewachsen – auf insgesamt mindestens 3,2 Milliarden US-Dollar.
       
       Doch auch Kritik seitens der Emirate an [2][Israels Kriegsführung] in Gaza
       ist nicht neu – vor allem bezüglich der hohen Zahl an Toten und der
       Blockade von Hilfsgütern. Gleichzeitig leisten die Vereinigten Arabischen
       Emirate viel Direkthilfe im Gazastreifen. Sie sind allein für fast 60
       Prozent der aus der Luft abgeworfenen Hilfen verantwortlich.
       
       Dass sie nun ihre Haltung so deutlich machen, hat gute Gründe. Die
       Palästinensische Autonomiebehörde (PA) steht wohl kurz vor dem Kollaps.
       Mitte Juni erließen Großbritannien und weitere Staaten Sanktionen gegen den
       rechten Finanzminister Smotrich. Dieser ordnete anschließend die
       [3][Aufhebung des sogenannten „Bank Waivers“ an], der es israelischen
       Banken ermöglicht, mit palästinensischen zu korrespondieren.
       
       Ohne den Waiver können die Einnahmen aus Steuern und Zöllen – die Israel
       für die PA wie in den Oslo-Abkommen festgehalten einzieht – nicht
       transferiert werden. Seitdem hat die PA keine Gelder mehr erhalten, zahlt
       die Gehälter ihrer Angestellten nur noch teilweise aus.
       
       3 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
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