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       # taz.de -- Küchenpsychologie und der Trump-Clan: Wie die schon wieder gucken!
       
       > Jede Banalität, jede Mimikregung aus dem Umfeld Donald Trumps wird
       > analysiert, um zu zeigen, wie böse er ist. Dabei reicht dafür doch seine
       > Politik.
       
   IMG Bild: Donald Trump zeigt mit dem Finger auf seinen Sohn. Ein klarer Fall!
       
       Die Feierlichkeiten zur Amtseinführung von Donald Trump haben der Welt
       nicht nur anstrengende und entlarvende Diskussionen über alternative
       Fakten, U-Bahn-Passagierzahlen und weiße Fußmatten gebracht. Sondern auch
       viele neue GIFs und Meme, die, wie es ihrer Natur entspricht, nun im
       Internet herumgereicht werden.
       
       [1][Eines davon,] wenige Sekunden lang, zeigt Donald und Melania Trump, er
       hat sich ihr, die hinter ihm steht, zugewandt, sagt etwas, und sie tauschen
       ein Lächeln aus. Als er sich wieder umdreht, versteinern beide Mienen in
       Sekundenbruchteilen. Häufig geteilt wurde die Sequenz, mit Kommentaren wie
       „Was hat er ihr bloß gesagt?“ „Das sagt alles“, Subtext: Der böse Mann, wie
       behandelt er nur seine arme Frau?
       
       Andere beschäftigen sich mit Trumps zehnjährigen Sohn Barron, der unter
       anderem:
       
       – in manchen Momenten gelangweilt oder genervt guckte (wie schon bei
       anderen öffentlichen Auftritten zuvor)
       
       – im Oval Office [2][mit seinem Babyneffen spielte], während sein Vater
       Dokumente unterzeichnete
       
       – mit seiner Mutter [3][einen seltsam unsynchronen High-Five-Versuch]
       unternommen hat.
       
       Womit sich Barron, so die Deutungen, wahlweise aggressiv oder unempathisch,
       auf jeden Fall aber unnormal verhalten haben soll, sogar eine
       Autismus-Ferndiagnose gab es. Aber klar: bei dem Vater, wie auch sonst? Man
       kann es aber auch als ganz normales Kinderverhalten interpretieren: Reden
       sind langweilig, mit Babys spielen macht mehr Spaß als Erwachsenen zuhören,
       und das mit dem High Five war Rumalberei.
       
       Und was die eingangs beschriebene Szene angeht: Schaut man in [4][der
       Videoaufzeichnung der Inauguration] auch die Minute davor an, sieht man,
       dass beide Trumps genau so grimmig auch vor dem Austausch geguckt haben.
       Währenddessen redeten Geistliche, nahezu alle Anwesenden hatten ein „Ich
       muss jetzt ernst schauen“-Gesicht aufgesetzt.
       
       ## Analyse der Krawattenlänge
       
       Es ist also nicht sooo schwer, in einer mehrstündigen Inszenierung Szenen
       zu finden, die, aus dem Kontext gerissen, seltsam wirken. Aber das ist ja
       nicht alles: Die Krawattenlänge von Trump wird analysiert, seine
       Entscheidung für goldene Vorhänge im Oval Office, seine Handbewegungen,
       eigentlich so ziemlich alles, was er beziehungsweise sein Clan gerade tut –
       dankbar wird es hergenommen, um zu zeigen, wie
       narzisstisch/chauvinistisch/psychopathisch der neue US-Präsident doch ist.
       
       Nun hat jeder Mensch seinen eigenen Modus, um mit der Realität eines
       US-Präsidenten Trump umzugehen, für manche sind es eben solche eher
       schmalen Witze. Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Aber ehrlich:
       Soll das wirklich das Niveau der Trump-Kritik der nächsten vier Jahre
       werden? Alles schön schwarz-weiß, alles, was die Trumps machen, ist böse.
       Das ist oft nicht besser als das, was „wir“ „denen“ im Umgang mit Fakten
       vorwerfen.
       
       Man muss sich nicht auf solche Dinge kaprizieren, um Trump schlimm zu
       finden. Dafür reicht leider seine Politik, die in den ersten Tagen seiner
       Amtszeit alle Befürchtungen wahr werden lässt: von der Wiederbelebung der
       Keystone-Ölpipeline über die Streichung von Geldern für „Planned
       Parenthood“ bis zum geplanten Beginn des Mauerbaus an der mexikanischen
       Grenze.
       
       Auch Wut auf Trump hält nicht ewig, auch Empörung nutzt sich irgendwann ab.
       Wenn jeder noch so kleine Quatsch dazu herhalten muss, zu belegen, dass
       Trump der personifizierte Sauronhitlerteufelclown ist, kommt es zur
       Abstumpfung.Und dann kann es leider auch passieren, dass seine ernsthaft
       schlimmen Entscheidungen im allgemeinen Grundrauschen weniger wahrgenommen
       werden. Zumal die Trump-Administration ja selbst noch unwichtige,
       zeitaufwendige Nebenschauplätze zur Verneblung aufmacht, wie jüngst mit dem
       erneuten Aufbringen des angeblichen Wahlbetrugs.
       
       Lasst uns also das Küchenpsychologisieren beenden, kümmern wir uns lieber
       um die wirklichen Schweinereien. Es gibt da genug zu beklagen. Und genug zu
       tun.
       
       26 Jan 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://media.giphy.com/media/l0Ex1LNjfMRTAPOhi/200.gif
   DIR [2] https://www.facebook.com/cnn/videos/10155941619171509/?hc_location=ufi
   DIR [3] http://www.news.com.au/lifestyle/real-life/news-life/melania-and-barron-trumps-high-five-fail-is-one-for-the-history-books/news-story/78a4883d73de162399c22bd0bac00ee7
   DIR [4] https://www.facebook.com/BuzzFeedNews/videos/1380841211936893/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Brake
       
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