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       # taz.de -- Kunstmesse Art Basel: Nicht nur die Schwarze Figur
       
       > Während der Art Basel hatte auch der afrikanische Kontinent einen großen
       > Auftritt. Über das Zusammenspiel von Kunstmarkt und Institutionen.
       
   IMG Bild: Toyin Ojih Odutola, Ausstellungsansicht „Ilé Oriaku“ in der Kunsthalle Basel, 2024
       
       Einfach für vertikale Strukturen aus aneinandergereihten Stoffbändern
       könnte man sie von Weitem halten. Erst wenn man näher an die Textilcollage
       herantritt, wird sichtbar, worum es sich handelt.
       
       Auf weit über drei Metern Höhe und acht Metern Länge hat Künstlerin Kresiah
       Mukwazhi unzählige BH-Träger zusammengesetzt, die sie zuvor aus gebrauchten
       Dessous herauslöste.
       
       Weiß, grau und beige sind sie, breit und schmal, bedruckt und einfarbig,
       ausgeleiert und glatt. „Nyenyedzi nomwe (the Seven Sisters Pleiades)“ heißt
       die Arbeit, in der sich die 1992 in Harare, Zimbabwe, geborene Künstlerin
       mit Weiblichkeit in der patriarchalen Gesellschaft ihres Heimatlandes, mit
       Marginalisierung und sexueller Ausbeutung beschäftigt.
       
       Mukwazhi arbeitet schon länger mit einer Gruppe Sexarbeiterinnen in
       Zimbabwe zusammen, die BH-Träger stammen aus Secondhandläden.
       
       ## Schwerpunkt liegt auf etablierten Künstler*innen
       
       Mukwazhis Textilcollage war jetzt auf der Art Basel in der Sektion
       Unlimited für Kunst im Maximalformat zu sehen. Noch mehr als sonst schien
       der Schwerpunkt dort dieses Mal auf historischen Positionen und Arbeiten
       von seit Ewigkeiten etablierten Künstler*innen zu liegen. Ein verpackter
       VW-Käfer von Christo stand da etwa herum, eine riesige gepunktete
       Kürbisskulptur von [1][Yayoi Kusama,] ein über neunzig Meter langes
       Wandgemälde von Keith Haring führte quer durch den Raum, andere Wände
       füllten Fotografien von Robert Frank.
       
       Umso mehr stach Mukwazhis Textilmonument heraus. In den 1990ern geboren,
       war sie mit Abstand die jüngste der ausstellenden Künstler*innen. Zwei
       Galerien brachten Mukwazhi auf die Messe: blank projects, eine von
       mittlerweile sechs bei der Messe ausstellenden Galerien vom afrikanischen
       Kontinent, sowie die Kölner Galerie Jan Kaps.
       
       Der Eindruck der diesjährigen Venedig Kunstbiennale, bei der im Vergleich
       zur vorherigen Ausgabe neun afrikanische Nationalpavillons hinzugekommen
       und auch in der Hauptausstellung eine Vielzahl von Kunstwerken aus Afrika
       und der afrikanischen Diaspora zu sehen waren, mag nachwirken.
       
       Auffällig hoch in der Zahl und sehr sichtbar erschien in diesem Jahr bei
       der Art Basel eine Kunst, die irgendwie den afrikanischen Kontinent
       thematisierte. Und das auch, aber nicht nur in der seit einiger Zeit schon
       auf dem Kunstmarkt beliebten figurativen Malerei.
       
       ## Galerien aus Südafrika, Ägypten, Senegal und Angola
       
       Lange Zeit war [2][die Goodman Gallery aus dem südafrikanischen
       Johannesburg] die einzige afrikanische Galerie auf der Messe, 2016 stieß
       Stevenson aus Kapstadt dazu. Blank projects, ebenfalls aus Kapstadt, ist
       seit dem vergangenen Jahr dabei, genau wie die ägyptische Galerie Gypsum,
       die Oh Gallery aus dem Senegal und Jahmek aus Angola.
       
       Aber auch immer mehr europäische und US-amerikanische Galerien bringen
       entsprechende Künstler*innen nach Basel. Ekene Stanley Emecheta etwa,
       ein autodidaktischer Maler aus der nigerianischen Hauptstadt Abuja, zu
       dessen Markenzeichen es gehört, die Haut seiner Porträtierten weiß zu
       überstreichen, am Stand der Athener Galerie The Breeder.
       
       Oder die ebenfalls in Nigeria geborene Toyin Ojih Odutola, die gerade als
       eine von acht Künstler*innen den nigerianischen Pavillon in Venedig
       bespielt. Gezeigt wurde sie von der New Yorker Galerie Jack Shainman,
       gleichzeitig ist ihre Malerei in einer fantastischen Einzelausstellung in
       der Kunsthalle Basel zu sehen. Sie taucht auch im Kunstmuseum Basel auf,
       dort ist derzeit die Gruppenausstellung „When We See Us“ über 100 Jahre
       panafrikanische figurative Malerei zu sehen.
       
       Solch eine Präsenz in Museen oder bei Biennalen befruchtet wiederum die
       Geschäfte der Galerien. Die Goodman Gallery etwa verkaufte gleich am ersten
       Tag der Art Basel einen der „Refugee Astronauts“ von Yinka Shonibare CBE
       RA, ein weiteres Exemplar der Serie steht aktuell in der von [3][Adriano
       Pedrosa kuratierten Hauptausstellung in Venedig]. Für 250.000 britische
       Pfund ging die Skulptur an eine private Sammlung.
       
       17 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Retrospektive-Yayoi-Kusama-in-Berlin/!5774024
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       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Scheder
       
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