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       # taz.de -- Ländervorhaben zum Paragraf 219a: Berlin als Vorbild
       
       > Politikerinnen aus Niedersachsen und Bremen wollen die Information über
       > Schwangerschaftsabbrüche neu regeln. Dabei orientieren sie sich am
       > Vorbild Berlin.
       
   IMG Bild: Mitglieder des Thüringer Frauen*kampftagsbündnisses protestieren vor der Eröffnung des 121. Deutscher Ärztetages gegen den Abtreibungparagraphen 219a
       
       Bremen/Hannover dpa/lni | Informationen über Schwangerschaftsabbrüche
       müssen aus Sicht der Bremer Landesfrauenbeauftragten auf eine neue
       gesetzliche Regelung gestellt werden. „Wir brauchen eine verlässliche Liste
       von Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen“, sagte
       Bettina Wilhelm. Dafür sei eine entsprechende Ergänzung im Bremischen
       Schwangerenberatungsgesetz notwendig – nach Berliner Vorbild.
       
       Auch Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann (SPD) forderte bessere
       Informationsmöglichkeiten. „Im 21. Jahrhundert muss es möglich sein, dass
       sich Frauen übers Internet informieren können. In Konfliktsituationen
       brauchen Frauen seriöse fachliche Informationen zu
       Schwangerschaftsabbrüchen, eben auch digital.“
       
       Hintergrund ist die bundesweite Debatte um das Werbeverbot für
       Abtreibungen, das im Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs festgeschrieben
       ist. Im November 2017 war eine Ärztin im hessischen Gießen wegen
       unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Zahlung von 6000
       Euro verurteilt worden. Deren Verteidigerin hatte erklärt, ihre Mandantin
       habe auf ihrer Internetseite lediglich informiert. Seitdem ist die
       Diskussion um die Abschaffung des Paragrafen 219a neu entflammt.
       
       „Der unsägliche Paragraf 219a muss gekippt werden“, sagte Wilhelm. „Es geht
       hier nicht um Werbung, sondern um das Recht auf Information.“ Auch Bremens
       Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) und ihre niedersächsische
       Amtskollegin Reimann verlangen die Abschaffung. „Das Werbeverbot führt zu
       großer Unsicherheit in der medizinischen Praxis“, sagte Quante-Brandt.
       
       Bei der Forderung nach einer Neuregelung in Bremen hat sich die
       Frauenbeauftragte an Berlin orientiert. Ihr zufolge ist es dort gesetzlich
       vorgeschrieben, dass die Gesundheitsbehörde ein Verzeichnis mit
       Einrichtungen führt, die Abtreibungen vornehmen. Die Liste muss an
       bestimmte Beratungsstellen und Ämter weitergegeben werden.
       
       ## Große Unterschiede zwischen den Ländern
       
       In Bremen hingegen sei es für Frauen mitunter schwer, an entsprechende
       Informationen zu gelangen. „Es kann nicht sein, dass Frauen in einer
       existenziellen Notlage wie einer ungewollten Schwangerschaft sich erstmal
       durchfragen müssen, bis sie einen Arzt oder eine Ärztin finden.“ Als
       weiteres Beispiel, wo Frauen sich besser informieren können, nannte Wilhelm
       die Hansestadt Hamburg. Dort habe die Gesundheitsbehörde die Namen und
       Adressen von entsprechenden Arztpraxen und Krankenhäusern im Internet
       veröffentlicht.
       
       In Niedersachsen wird eine solche Liste von der Ärztekammer geführt. Nach
       Angaben des Gesundheitsressorts gibt es derzeit 136 niedergelassene
       Ärztinnen und Ärzte, die befähigt und grundsätzlich bereit sind,
       Schwangerschaftsabbrüche zu machen. Beratungsstellen informieren Schwangere
       im Einzelfall über Einrichtungen, in denen ein Abbruch vorgenommen werden
       kann.
       
       Der Deutsche Ärztetag hatte jüngst empfohlen, den Paragrafen 219a vom
       Grundsatz her beizubehalten. Allerdings sollten neutrale
       Informationsangebote gestärkt und Hilfsangebote für Frauen in
       Konfliktsituationen ausgebaut werden. Die sachliche Information über den
       Schwangerschaftsabbruch soll nach dem Willen des Ärztetages straffrei
       werden.
       
       18 May 2018
       
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