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       # taz.de -- Landespokalfinale Babelsberg vs. Cottbus: Neuauflage eines Skandalspiels
       
       > Das Fußball-Landespokalfinale zwischen Babelsberg und Cottbus am Montag
       > gilt als Hochrisikospiel. Rechts gegen Links ist nur eine der
       > Bruchlinien.
       
   IMG Bild: Außer Kontrolle: Am 28. April 2017 eskalierte das Spiel beider Mannschaften stärker als üblich
       
       BERLIN taz | Irgendwann in diesen aufgeregten Wochen ist wohl beiden
       Vereinen klar geworden, dass es besser wäre, dieses Landespokalfinale am
       Montag nicht noch weiter aufzubauschen. So viel Gedöns haben alle Seiten
       drum gemacht, so viele unübersichtliche Konflikte treffen aufeinander, wenn
       am 21. Mai die beiden Viertligisten SV Babelsberg 03 und Energie Cottbus im
       Landespokalfinale gegeneinander antreten. Jetzt, natürlich, ist es dafür
       etwas spät. Und die Außenwelt wartet ein bisschen verurteilend, ein
       bisschen sensationslüstern auf eine Neuauflage des sogenannten
       Skandalspiels. Passieren aber kann alles oder gar nichts.
       
       Wenn Babelsberg und Cottbus sich treffen, wird das vor allem ein
       politischer Gratmesser sein. Auch für die rechte Lage des Fußballs im
       Osten. Energie Cottbus kämpft seit Jahrzehnten mit starken rechtsextremen
       Kräften in der Fanszene, umso mehr, seit mit dem sportlichen Absturz andere
       Anhänger wegbleiben. Babelsberg mit seiner starken linken Fanszene ist ein
       Dauer-Reizgegner. Vor fast genau einem Jahr, am 28. April 2017, ist diese
       Ausgangssituation bei einem Ligaspiel in Babelsberg stärker eskaliert als
       üblich. Vermummte Cottbuser Fans stürmten den Platz, mehrfach wurde die
       Partie unterbrochen. Cottbuser Anhänger skandierten rechtsextreme Gesänge,
       auch der [1][Hitlergruß ist dokumentiert]. Beide Seiten brannten
       Pyrotechnik ab.
       
       Daraus entstand ein komplexer, fast einjähriger Rechtsstreit, der
       eigentlich interessanter ist als das Spiel selbst. Denn das Sportgericht
       des zuständigen Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV) [2][strafte
       zunächst beide Clubs offiziell nur für die Pyrotechnik], und ignorierte die
       rechtsextremen Vorfälle. Gleichzeitig stand im ersten Urteil zur
       Babelsberger Geldstrafe ein Ruf „Nazischweine raus“ aus dem Publikum als
       Grund; der SV Babelsberg sollte außerdem ursprünglich mehr Strafe zahlen
       als die Cottbuser. Babelsberg wehrte sich öffentlich geschickt und sehr
       erfolgreich gegen diese Entscheidung. Plötzlich bekam die Geschichte einen
       neuen Fokus: Ist der regionale Verband NOFV auf dem rechten Auge blind?
       
       ## Fans überfallen
       
       „Rechtsextremismus in der Kurve nimmt in unserem Einzugsgebiet zu“, sagte
       Babelsberg-Präsident Archibald Horlitz vor einigen Monaten der taz. Die
       Statistik des NOFV weist seit 2014/15 eine Zunahme von Verfahren wegen
       rechtsextremistischer Vorfälle bei Fußballspielen aus. Noch im April wurden
       Babelsberger Fans auf der Rückfahrt von einem Spiel in Sachsen-Anhalt von
       Vermummten überfallen und verletzt, möglicherweise politisch motiviert.
       
       Der Streit um das Cottbus-Spiel jedenfalls ist mittlerweile beendet, die
       Cottbuser Gesänge geahndet. Die Strafgelder sollen zum Teil in Projekte
       gegen Rassismus und für Toleranz fließen. Energie Cottbus hat außerdem
       Maßnahmen gegen Rechts angekündigt. Vielleicht bewegt sich etwas, aber es
       wird dauern. Früher litten die zaghaften Cottbuser Bemühungen unter
       übermächtiger Gegenwehr, eigener Opferrolle und den begrenzten
       Möglichkeiten eines Fußballvereins. Die politische Ausgangssituation vor
       dem Finale ist also erst mal: wie gehabt.
       
       Neben all dem gab es zuletzt noch Stress um das Spieldatum. Energie Cottbus
       hatte um Verschiebung des Termins gebeten, weil sie als Tabellenerster drei
       Tage später die Aufstiegsrelegation für die Dritte Liga zu bestreiten
       haben. Der Landesverband verweigerte die Verschiebung; wohl auch, weil man
       die Übertragung in der ARD gar zu gerne mitnimmt. Cottbus-Trainer Pele
       Wollitz beschuldigte zudem Babelsberg, sich bei der jetzigen Ansetzung
       größere Siegchancen zu erhoffen. Cottbus tritt einigermaßen unwillig an,
       fühlt sich politisch von Babelsberg diskreditiert. Genug Fans werden sich
       dieses ganze Spektakel ansehen wollen. Schon jetzt gibt es nur noch
       Restkarten.
       
       19 May 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Randale-bei-Viertligaspiel-in-Babelsberg/!5405499
   DIR [2] /Sportgericht-gegen-SV-Babelsberg/!5483558
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
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