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       # taz.de -- Landwirtschaft und Klima im Irak: Wen trifft die Klimakrise am meisten?
       
       > Kurz gesagt: Frauen, denn sie sind oft abhängiger von der Natur für ihren
       > Lebensunterhalt. Wie Bäuerin Umm Hassan, deren Büffel unter der Hitze
       > leiden.
       
   IMG Bild: Ein toter Büffel liegt auf einem ausgetrockneten Stück des irakischen Marschlandes
       
       Frauen und Mädchen sind am stärksten von den Auswirkungen der Klimakrise
       betroffen. Überall auf der Welt sind Frauen und Mädchen stärker von
       natürlichen Ressourcen abhängig, haben aber weniger Zugang zu ihnen. Oft
       schultern sie eine unverhältnismäßig große Verantwortung für den Zugang der
       ganzen [1][Familie] zu Nahrung, Wasser und Brennstoff. Die Landwirtschaft
       ist der wichtigste Beschäftigungssektor für Frauen in Ländern mit niedrigem
       und mittlerem Einkommen. In Zeiten von Dürre und unregelmäßigem Regenfall
       müssen Frauen in der Landarbeit härter arbeiten, um das Einkommen und die
       Ressourcen für ihre Familien zu sichern.
       
       So auch in den Sümpfen des Iraks, wo vor allem Frauen Büffel züchten und
       daraus Qaymar al-Arab herstellen, ein quarkähnliches Milchprodukt. Eine von
       ihnen ist Umm Hassan, die im Marschland östlich der südirakischen Stadt
       Nassirija ihre Tiere weiden lässt. Immer öfter muss sie mit ihnen
       weiterziehen und an anderen Orten nach Wasser suchen. „Wenn Dürre
       herrscht“, sagt Umm Hassan, „werden die Büffel krank oder sterben.“ Fünf
       Tiere hat sie so schon verloren. „Die Last“, sagt sie, „bleibt immer an der
       Frau hängen.“
       
       Auch Zeinab, die ebenfalls von und mit den Sümpfen lebt, ist allein für die
       Ernährung ihrer Familie zuständig. Auch sie spürt, dass die Sümpfe immer
       trockener werden. Früher ging sie täglich fischen, oft fängt sie nun
       überhaupt nichts mehr. „Manchmal“, sagt sie, „wache ich nachts auf und muss
       weinen.“
       
       Dass die Sümpfe austrocknen, hat nicht allein mit der Klimakrise zu tun.
       [2][Saddam Hussein] ließ in den 1990er Jahren die Sümpfe austrocknen, durch
       den Bau eines über 500 Kilometer langen Kanalsystems, mithilfe dessen er
       Euphrat und Tigris umleitete. Der Diktator wollte damit verhindern, dass
       sich in den Sümpfen Aufständische – die er unter den dort heimischen
       Marscharabern vermutete – verstecken können. Dass der Wasserstand der das
       Marschland speisenden Flüsse durch die Erwärmung der Erde heute immer
       weiter sinkt, verstärkt das Problem.
       
       Die 60-jährige Umm Hassan hat den Niedergang der Sümpfe von Anfang an
       mitbekommen. Die Hoffnung, dass es einmal wieder werden könnte wie einst,
       hat sie längst aufgegeben. Was sie aber jeden Tag aufs Neue hofft, ist,
       dass die Büffel Milch geben. „Denn sonst“, sagt sie, „verdiene ich nichts.“
       
       Hiba Al-Maged, Kerbala, Irak
       
       2 Jul 2023
       
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