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       # taz.de -- Leben in den Mythen anderer: Brief an die Deutschen
       
       > Worum geht es Achille Mbembe? In der taz schildert er sein „Denken des
       > Überquerens von Identitäten“.
       
   IMG Bild: Immer neue Fragen: Achille Mbembe bei der Entgegennahme des Geschwister-Scholl-Preises
       
       Ich sehe mich in Deutschland nicht auf der Anklagebank. Ich möchte jedoch
       ein paar Schlüssel zum Verständnis vorlegen für alle, die eine konstruktive
       Debatte mit meinem Werk führen wollen, das nur teilweise auf Deutsch
       vorliegt.
       
       Um die Entstehungsgeschichte eines Werkes und seine möglichen Widersprüche
       zu verstehen, muss man den Kontext seiner Entstehung und seine Entwicklung
       kennen: welche großen Fragen versucht es mit welcher Ausdrucksweise zu
       beantworten, in welche großen Debatten greift es ein, welche großen
       Wendungen entstehen daraus? Das gilt für jedes geistige Produkt, egal aus
       welcher Region oder in welcher Sprache.
       
       Denen, die den Sinn meiner Herangehensweise oder den Inhalt meines Denkens
       wirklich mit der Perspektive eines interkulturellen Dialogs verstehen
       wollen, werden Verhörmethoden nicht weiterhelfen. In einer Zeit der Suche
       nach Sündenböcken, der Exkommunizierungen und der Beschimpfungen hoffe ich,
       dass diese Schlüssel den Weg zu einer sachlichen Debatte über die großen
       moralischen und politischen Fragen öffnen, zu denen einige von uns uneinig
       sind.
       
       Mein intellektuelles Herangehen kann als ununterbrochene Reise beschrieben
       werden, oder eher noch als endlose Wanderung von einem Ufer zum anderen.
       Ich nenne das das Überqueren. Es zwingt uns, die Komfortzone des Bekannten
       zu verlassen und sich bewusst der Gefahr der Erschütterung der eigenen
       Gewissheiten auszusetzen. Denken bedeutet in diesem Zusammenhang, Risiken
       einzugehen, auch das Risiko, falsch verstanden oder ausgelegt zu werden.
       Vielleicht ist das eine Eigenart derer, die irgendwo geboren wurden, sehr
       früh gingen und nie wieder zurückgekehrt sind.
       
       ## Das doppelte Erbe meiner Heimat Kamerun
       
       In Kamerun, wo ich geboren wurde, erhielt ich ein doppeltes Erbe. Das erste
       entstammt meiner Schulbildung in hervorragenden christlichen Institutionen.
       Ich wurde nicht nur der klassischen europäischen Kultur ausgesetzt. Die
       katholische Kirche, ihre Dogmen, ihr Katechismus und ihre Mythologie wurden
       sehr früh Teil meiner Vorstellungswelt.
       
       Dies erklärt vielleicht, dass später das Christentum als solches zum
       Gegenstand meines Denkens wurde. Da ich es vor allem als Gebilde der
       Wahrheit verstand, widmete ich mich zu Beginn meines intellektuellen
       Werdegangs als Erstes der Kritik des Absoluten.
       
       Nicht nur Religionen beruhen auf Theologien des Absoluten, auch weltliche
       Mächte, auch der Staat in unseren Ländern. Der Staat, kolonial oder als
       postkoloniale Tyrannei, wurde zum nächsten vorrangigen Objekt meiner
       Arbeit.
       
       Das zweite Erbe erhielt ich von meiner Großmutter, einer des Lesens und
       Schreibens unkundigen Bäuerin, die sich am Kampf gegen den Kolonialismus
       beteiligt hatte und dabei ihren einzigen Sohn verlor, der am 13. September
       1958 von der französischen Armee ermordet wurde. Sie führte mich in die
       Frage des Antikolonialismus ein und in die der verdrängten Erinnerungen,
       vor allem der Erinnerungen der Besiegten der Geschichte.
       
       Von welchem Standpunkt auch immer man es betrachtet, gehören die Völker
       Afrikas zu diesen Besiegten. Wie entrinnt man als historische Gemeinschaft
       der Niederlage und lernt erneut zu gewinnen? Diese Frage hat mich seit
       meiner Kindheit beschäftigt.
       
       Von allen französischen Kolonialgebieten in Afrika südlich der Sahara ist
       Kamerun das einzige, wo die Forderung nach Autonomie in einen bewaffneten
       Konflikt mündete. Die nationalistische Bewegung, die den Widerstand
       angeführt hatte, wurde militärisch besiegt. Diejenigen, die nach der
       Unabhängigkeit die Macht ergriffen, nutzten die Werkzeuge des Staates, um
       die Erinnerung an diesen Widerstand um jeden Preis auszuradieren.
       
       Meine ersten akademischen Arbeiten handelten von diesem Versuch, Vergessen
       herzustellen.
       
       Diese Erfahrung des Ausradierens des Gedächtnisses der Besiegten hat eine
       wichtige Rolle in meinen Überlegungen zur Erinnerungspolitik und meinen
       Analysen des postkolonialen Staates und zeitgenössischer Erscheinungsformen
       der Tyrannei gespielt. Erst nach und nach begriff ich, dass dies
       keinesfalls ein Alleinstellungsmerkmal afrikanischer Machthaber war.
       
       Ich sollte hinzufügen, dass meine Großmutter mich auch in die Bibellektüre
       eingeführt hat. Als Jugendlicher fand ich in der Bibel ein
       außergewöhnliches Universum vor, das mir nach und nach vertraut wurde. Sehr
       früh verbanden sich in meinem Geist die Erzählung der Bibel und die
       antikoloniale Erzählung, bis ich sogar der Bibel und ihren Figuren
       verbundener war als der Kirche und ihren Dogmen, dem vergessenen Gedächtnis
       der Besiegten mehr als der Staatstheologie, die das Monopol der Wahrheit
       beansprucht.
       
       ## Ein aufständischer Argwohn
       
       Der Kern meines Werkes ist ein aufständischer Argwohn, den eine utopische
       Ader mäßigt. Diejenigen, die mich heute verfolgen, wissen nicht, dass ich
       diese utopische Ader, die auf der Idee einer radikalen Ablehnung von realen
       Zuständen und Machtspielen gründet, in gewissen Traditionen des jüdischen
       Denkens gefunden habe.
       
       [1][Als ich Kamerun verließ], um meine Studien an französischen
       Universitäten weiterzuführen, hatte ich bereits die großen Themen im Kopf,
       die mein intellektuelles Projekt der Jahre 1980–2000 bestimmen würden.
       
       Das erste war eine politische Kritik des Christentums. Ich war
       dahingekommen, das Christentum als Traum und Vision zu begreifen statt als
       Institution mit einer Zentralmacht.
       
       Ich wollte wissen, was von dieser Vision bleibt, wenn man ihr die
       dogmatische Ausdrucksform nimmt. Ist die Kirche mit ihren Hierarchien
       letztendlich Ausdruck der Gemeinschaft? Oder kann man sich Gemeinschaften
       vorstellen, die nicht als Erstes Machtausübung anstreben, sondern das
       Teilen, das Dienen und das Kümmern um die Bedürftigsten?
       
       Jenseits der Kirche wollte ich über die Möglichkeit von Gemeinsinn, von
       Gemeinsam-Sein, von Gemeinschaften nachdenken, die nicht auf Glauben und
       Abstammung beruhen, sondern auf Vernunft und Solidarität. Nicht auf der
       Idee des Einen, sondern auf der der Vielfalt. Nicht auf der
       Verabsolutierung der Erinnerung an Leiden und Niederlage, sei sie
       provisorisch (das christliche Martyrium), sondern auf der Erwartung der
       Wiederauferstehung, also der Hoffnung auf ein anderes Leben, nie erfüllt,
       da immer vor uns liegend.
       
       Wer „Afriques indociles“ (1988) aufmerksam gelesen hat, weiß, dass dies ein
       Schlüsselmoment dieser Suche war. Um dieses Buch zu schreiben, musste ich
       mich der Geschichte der Monotheismen in aller Genauigkeit widmen.
       
       Ich musste begreifen, inwiefern der Monotheismus sich in unserem Kontext in
       Afrika nicht gegen den Polytheismus definiert wie einst in Griechenland,
       sondern gegen das, was man Animismus nennt.
       
       In der weiteren Arbeit daran habe ich mich lange mit den vorkolonialen
       afrikanischen Denksystemen beschäftigt, um zu erfassen, wie der Kosmos und
       das gesamte Universum bei uns integraler Bestandteil der Lebenskräfte
       waren.
       
       Was ich sage und schreibe, versteht man so gut wie gar nicht, wenn man
       nicht weiß, dass es alles seinen Ursprung in den afrikanischen Metaphysiken
       des Lebendigen hat, in den afrikanischen Begriffen der Lebensenergie, der
       Zirkulation der Welten und der Metamorphose des Geistigen. Ein sehr großer
       Teil meines Denkens wurzelt in diesen Systemen, in denen das Prinzip der
       Vielfalt an die Stelle des Einen tritt.
       
       ## Wider die Identitätspolitik
       
       Die Arbeit über das Gedächtnis der Besiegten und die Erinnerungspolitik
       führte zu „La naissance du maquis dans le Sud-Cameroun“ (1996), die Kritik
       staatlicher Tyrannei zu „De la postcolonie“ (Paris, Karthala, 2000). Dieses
       Werk macht aus mir, nebenbei gesagt, keinen Denker des Postkolonialismus,
       wie es viele Kommentatoren in Eile oftmals behaupten.
       
       2001 ließ ich mich in Südafrika nieder. Ich lebte in diesem Land, lehrte
       jedoch lange einen Teil des Jahres in den USA. Zugleich habe ich weiterhin
       tiefe Bindungen zu Frankreich, wohin ich oft reise und wo mein gesamtes
       Werk publiziert ist.
       
       Zwischen 2001 und 2010 haben mein Leben in Südafrika und der Gang der Welt
       mich gezwungen, das Thema der Erinnerung zu vertiefen, nicht mehr nur unter
       dem Gesichtspunkt von Vergessen und Niederlage, sondern unter dem der an
       ihrem Verhältnis zu Ethik der Freiheit leidenden Identitäten. So
       untersuchte ich zwei Fälle genauer: die Erfahrung der Afroamerikaner in den
       USA und die Geschichte der Rassentrennung in Südafrika.
       
       Angesichts dieser sehr unterschiedlichen Erfahrungen ging es darum, das
       Konzept der schwarzen Identität (blackness) zu hinterfragen, es nicht mehr
       zum grundlegenden Paradigma der Differenz und der Unterscheidung zu
       erklären, sondern vielmehr zu den Denktraditionen Afrikas und der Diaspora
       zurückzukehren, die auf Ähnlichkeit, Gleichartigkeit und Öffnung zur weiten
       Welt beharren. Ich wollte den Charakter der Universalität der
       Negerkondition in der modernen Welt herausarbeiten.
       
       Indem ich rassische Identitäten relativierte, ihre Essenzialisierung
       ablehnte und den Ideologien der Differenz den Rücken kehrte, wollte ich
       eine Theorie dessen entwickeln, was ich Gemeinsam-Sein nenne. Diese Arbeit
       führte zu „Sortir de la grande nuit“ (2010) und „Critique de la raison
       nègre“ (2013). Sie und alles, was folgt, enden mit einem nachdrücklichen
       Aufruf zu Hoffnung und Wiedergutmachung.
       
       Seitdem konzentrieren sich meine Reflexionen auf die Entstehungsbedingungen
       einer gemeinsamen Welt unter den gegebenen Umständen der technologischen
       Eskalation, der Klimakrise und der allmählichen Verbrennung der Erde. Wenn
       ich in „Critique de la raison nègre“ von der „Universalisierung der
       Negerkondition“ spreche, dann, um der Identitätspolitik, einer Quelle von
       Feindseligkeit in der Gegenwart, den Rücken zu kehren. Früher dienten
       Theorien von Differenz und Identität als Hebel der Kämpfe für Gleichheit
       und Gerechtigkeit. Heute ist das nicht mehr der Fall. Sie sind von den
       Beharrungskräften vereinnahmt und in Instrumente absoluter Spaltung
       verwandelt worden.
       
       Unter diesen Umständen ist es geboten, die Suche nach der Möglichkeit einer
       mit der Gesamtheit des Lebenden solidarischen Menschheit mit neuem Schwung
       aufzunehmen. Ich versuche, diese Rückkehr zur Idee einer „Menschenrasse“
       mit der Idee des Lebenden insgesamt zu verknüpfen, mit der Integration der
       unteilbaren Biosphäre. Dies ist der Sinn der Kritik von Feindseligkeit in
       „Politiques de l’inimitié“ und anderen jüngeren Texten.
       
       ## Die Bibel brachte Israel in unsere Welt
       
       Diejenigen, die mich heute ohne ersichtlichen Grund verfolgen und mir eine
       öffentliche Entschuldigung schulden, wollen in meinem [2][Reisebericht über
       Israel 1992] den Beweis gefunden haben, dass Israel der Ausgangspunkt
       meiner Reflexionen ist.
       
       Sie bemerken dabei nicht einmal ihren eigenen Rassismus und Paternalismus.
       In Wahrheit arbeite ich an der Entwicklung eines Denkens des Überquerens –
       Überqueren von Meeren, Grenzen, Identitäten und Entfetischisierung von
       Ursprüngen. Vielleicht lehnen sie genau das ab, da sie davon überzeugt
       sind, dass es an der Zeit für Grenzen und Grenzbefestigungen ist.
       
       Im Westen gibt es eine lange Tradition der Reiseberichte. Sie sind keine
       historischen oder soziologischen Abhandlungen. Sehr oft sind sie Anekdoten.
       Sie dienen denen als Anregung, die sich selbst in Frage stellen wollen.
       
       Die europäische Literatur ist voll von diesen Texten, in denen der Reisende
       eine Vorstellung von Afrika, China, Persien oder andere Weltregionen gibt.
       Es geht dabei nicht darum, zu sagen, wer die Afrikaner, Chinesen oder
       Iraner wirklich sind.
       
       Es ist immer wie ein Zerrspiegel, den man sich selbst vorhält, um sich zu
       vergewissern, wer man ist oder wer man zu sein glaubt.
       
       In meiner Reisenotiz von 1992 erzähle ich in sehr flüchtiger, sogar naiver
       und ausgeschmückter Form, mal übertrieben und mal poetisch, meine
       Reiseeindrücke nach einem Seminar in Israel.
       
       Hier und da nehme ich bewusst die Position eines staunenden Kindes ein, um
       dem kamerunischen Leser den Traumanteil und den visionären Aspekt an meiner
       Erzählung nahezubringen. Dabei verweise ich den Leser an die Zeit meiner
       Kindheit, als ich meiner leseunkundigen Großmutter aus der Bibel vorlas.
       
       Mit der Bibel, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben, ist Israel in
       unsere Vorstellungswelt eingedrungen und hat sich dort verankert. Wie alle
       mit der Kolonisierung zu uns gekommenen kulturellen Elemente haben wir ihm
       einen Raum in unserer Vorstellungswelt eingeräumt, vor allem in der der
       Christen. Jeder, der sich die Mühe gemacht hat, unsere Gesellschaften zu
       beobachten und unsere Kulturen zu studieren, kann bezeugen, dass diese
       Aufnahmebereitschaft nie simuliert war.
       
       ## Die Kolonisierung des Denkens
       
       Mich trieben damals folgende Fragen um. Was heißt es, in den Mythen und
       Traditionen anderer zu leben? Was passiert, wenn man merkt, dass diese
       Mythen und Träume, die man für Wahrheiten hielt, sich als Legenden
       erweisen? Lehnt man sie komplett ab, oder übernimmt man sie in der
       Hoffnung, dass sie die Existenz in einer lebensbejahenden Weise
       orientieren?
       
       Jeder Kolonisierte stellt sich diese Fragen. Sie sind nicht abstrakt. Sie
       bestimmen unsere Existenz. In unseren intellektuellen Traditionen bewegen
       sie jede Generation. Denn bei uns war das Erbe oft aufgezwungen. Oft wurde
       es nicht frei gewählt, vor allem die Religion, die Sprache und der Staat.
       
       Unter diesen Umständen bestand und besteht ein Teil der Arbeit von
       kritischen Denkern aus ehemals kolonisierten Ländern daraus, diese Kritik
       zu organisieren; oft tasten wir uns vor, denn es gibt keine endgültigen
       Antworten. Wie es auch keine endgültigen Fragen gibt. Die Fragen selbst
       müssen ständig neu formuliert werden. Und wir akzeptieren, dass sich
       Irrtümer und Ungenauigkeiten in den Akt der Neuformulierung einschleichen
       können.
       
       Das hat mich jedenfalls Südafrika gelehrt. Israel gehört zu den Mythen, die
       wir geerbt haben. Für manche von uns ist es ein unentbehrlicher Mythos
       geworden. Wie soll man im Bewusstsein dessen damit umgehen, nicht als
       Dogma, während man sich zugleich von allen Philosophien des Absoluten zu
       lösen versucht? Diese Fragen werden in diesen Reisenotizen aus Israel mit
       den Lesern geteilt. Es geht nicht um das genaue Wesen Israels, sondern um
       den Mythos, den wir geerbt haben, um den noch zur Orientierung brauchbaren
       Teil davon und den verzichtbaren Teil.
       
       ## Wider die Verfechter fertiger Wahrheiten
       
       Ich glaube, dass unsere Welt sich in zwei teilen lässt. Zum einen die, die
       wie ich davon überzeugt sind, dass wir nur Passanten sind und dass wir
       wissen, dass einen Weg zu gehen heißt, sich im Unsicheren und Unbekannten
       auf die Suche zu machen. Zum anderen die, die sich im Besitz fertiger
       Wahrheiten wähnen und diese allen aufzwingen wollen, egal wie verschieden
       die Erfahrungen und Situationen sind. Der Graben zwischen uns wird immer
       tiefer.
       
       Wir müssen uns heute alle fragen, ob das Leiden eines Volkes diesem Volk
       allein gehört und nur es selbst sich darauf beziehen darf. Ist es möglich,
       die Gesamtheit der Erinnerung der Welt zu teilen, und unter welchen
       Bedingungen? Diese Fragen habe ich Anfang der 2000er Jahre in Südafrika
       vorgefunden, ebenso jene der Vergebung, der Wiedergutmachung und der
       Versöhnung. Sie beschäftigen mich bis heute.
       
       Darf ich zum Abschluss daran erinnern, dass ich kein Deutscher bin? Ich
       habe nicht vor, in Deutschland zu leben oder zu arbeiten. Angesichts der
       großen moralischen und politischen Probleme unserer Zeit steht es mir nicht
       zu, den Deutschen ihr Verhalten in einer pluralen Welt vorzuschreiben, in
       der viele Völker sich noch nach Freiheit sehnen.
       
       Alles, was ich beizutragen habe, ist eine Stimme unter vielen, eine Stimme
       von anderswo, aus diesen Weltregionen, von denen man fälschlicherweise
       annimmt, dass sie nichts zu sagen hätten und sich von anderen sagen lassen
       müssten, was sie zu denken haben.
       
       Deutschland muss selbst entscheiden, ob es diese Stimmen der Anderen hören
       oder ob es unseren tiefsten Bestrebungen den Rücken kehren und uns sogar
       unser Bewusstsein aufoktroyieren will.
       
       Deutschland braucht seinerseits keine ausländischen Sündenböcke, um seine
       vielen Probleme anzugehen. Der mir offenbar prinzipiell feindlich gesonnene
       Teil Deutschlands hat nicht das Recht, mein Denken als Geisel zu nehmen. Je
       eher sich mein Werk in Deutschland selbstbestimmt äußern kann, in seiner
       eigenen Ausdrucksweise und in der Vielfalt von Sprachen und Akzente, desto
       besser für uns alle.
       
       Aus dem Französischen von Dominic Johnson und Christiane Kayser
       
       11 May 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.politique-africaine.com/numeros/pdf/051069.pdf
   DIR [2] https://twitter.com/mbeatowe/status/1170122504725245952
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Achille Mbembe
       
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