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       # taz.de -- Lebensmittel zum Mitnehmen: Zu wenig Mehrweg gegen Müllberg
       
       > Seit Januar gilt: Wer Lebensmittel to go verkauft, muss auch
       > Mehrweggeschirr anbieten. Doch Umweltverbände kritisieren die Umsetzung.
       
   IMG Bild: Mehr Mehrweg soll helfen gegen zu viel Müll
       
       Berlin taz | Edeka, Starbucks und Co tun zu wenig gegen steigende
       Müllberge. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Deutschen
       Umwelthilfe (DUH), die sie am Donnerstag vorgestellt hat. In den
       vergangenen Wochen hatte sie 17 Filialen von 11 Gastronomieunternehmen
       besucht und dort Getränke und Speisen gekauft. Die Testkäufer:innen
       bekamen entweder nur Einweg- oder ein eingeschränktes Angebot an
       Mehrweggeschirr, es gab also etwa nur Becher. Außerdem informierten die
       Unternehmen ihre Kund:innen kaum über Mehrwegangebote, die
       Mitarbeiter:innen waren schlecht geschult.
       
       [1][Seit dem 1. Januar haben in Deutschland Restaurants, Bäckereien oder
       Händler, die Getränke und Speisen zum Mitnehmen führen die Pflicht,
       Mehrweggeschirr anzubieten]. Für kleinere Firmen gelten Ausnahmen, sie
       müssen aber mitgebrachte Behälter befüllen. Laut Gesetz dürfen Getränke und
       Speisen in Mehrwegbehältern nicht schlechter gestellt sein als solche in
       Einwegverpackungen.
       
       Zusätzlich zu den Testkäufen hat die DUH in einer Umfrage unter Unternehmen
       ermittelt, wie sie die Mehrwegangebotspflicht umsetzen. Demnach bietet
       kaum eines der befragten Unternehmen flächendeckend Mehrweglösungen an.
       Gegen 5 Unternehmen will die DUH deswegen nun Klage auf Unterlassung
       einreichen: gegen Starbucks, Rewe, Edeka, Cinestar und Yormas.
       
       Edeka und Rewe weisen die Vorwürfe der DUH zurück und verweisen auf
       Mehrwegangebote in ihren Märkten. Die Rewe-Zentrale teilt mit, „entgegen
       der Behauptung der DUH verwehrt sich Rewe selbstverständlich nicht der
       gesetzlich vorgeschriebenen Mehrwegangebotspflicht. Vielmehr hat Rewe
       bekanntlich als bisher einziger Lebensmitteleinzelhändler ein für alle
       Teilnehmer offenstehendes Mehrwegkonzept etabliert“.
       
       Allerdings sind beide Handelsketten zum Teil als Franchise-System
       organisiert. Es arbeiten eigenständige Kaufleute unter der Dachmarke – die
       sich im Zweifel offenbar gegen deren Mehrwegsystem entscheiden, denn die
       DUH-Testkäufer hätten einen Rewe-Markt in Berlin dreimal besucht und an
       keinem Tag eine Mehrwegbox an der Salatbar erhalten, berichtet Thomas
       Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der DUH. „Man hat uns jedes
       Mal gesagt, ‚Wir haben Mehrweg, aber heute ist es aus‘ “, so Fischer.
       
       ## Das Rückgabeproblem
       
       Man nehme das Thema „Mehrweg sehr ernst“, teilt die Edeka-Zentrale mit und
       verweist auf das hauseigene „regood-System“. Allerdings sieht die DUH
       Behälter, die nur in einem Unternehmen erhältlich und rückgebbar sind, als
       Problem. Bei einer Befragung hätten ein knappes Drittel der Teilnehmer
       geantwortet, sie hätten keine Lust, die leeren Verpackungen
       herumzuschleppen.
       
       „Das heißt, sie nutzen Mehrweg, wenn sie es schnell wieder los werden
       können“, so Fischer. Das ließe sich nur mit Pool-Lösungen erreichen, also
       mit Bechern und Boxen, die in verschiedenen Läden abgegeben werden können.
       Starbucks sagte, man wisse nichts von einer Klage und könne daher nichts
       sagen, auch der Deutsche Städtetag schwieg. Den Kommunen wirft die DUH
       unzureichende Kontrollen vor.
       
       Das Gesetz ist ein klassischer Fall von „Gut gemeint ist nicht gut
       gemacht“, sagt die DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Das Ziel,
       Mehrwegangebote in die Fläche zu tragen, sei nicht erreicht worden,
       darum müsse dringend nachgebessert werden. Natürlich beobachte das
       Bundesumweltministerium die Situation sehr genau, teilt ein Sprecher mit,
       denn es sei „wichtig zu verstehen, ob und wenn ja welche Schwierigkeiten
       beim Vollzug auftreten“.
       
       Hierzu arbeiteten Bund und Länder zusammen. Hilfe bekommen sie seit
       Mittwoch dabei von Greenpeace. [2][Die Umweltorganisation hat eine
       Internetseite eingerichtet], auf der Verbraucher:innen Verstöße gegen
       die Mehrwegangebotspflicht melden können.
       
       In Deutschland sind laut Umweltbundesamt 2020 rund 18,8 Millionen Tonnen
       Verpackungsabfall angefallen, im Schnitt 225,8 Kilogramm pro Kopf. Seit
       2010 ist der Verpackungsverbrauch stetig um fast 18 Prozent gestiegen.
       
       30 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gesetz-zu-Mehrweg-Verpackungen/!5903395
   DIR [2] https://campaigns.greenpeace.de/mehrweg-verstoss-melden
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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