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       # taz.de -- Lecks an Nord-Stream-Pipelines: Norwegen erhöht Schutz von Anlagen
       
       > Die Pipeline-Lecks betreffen nicht die Territorialgewässer Schwedens und
       > Dänemarks. Norwegen sichert jetzt seine Öl- und Gasinfrastruktur stärker.
       
   IMG Bild: Der Hafen von Stavanger
       
       Stockholm taz | „Wir schließen kein mögliches Szenario aus, wir beteiligen
       uns nicht an Spekulationen über Motive oder über einen möglichen Akteur,
       sondern konstatieren lediglich, dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach
       um einen gezielten [1][Sabotageakt] handelte“. Darüber hinaus stehe man in
       engem Kontakt mit Deutschland, der NATO und den nordischen Nachbarländern.
       So ähnlich wie Schwedens Ministerpräsidentin Magdalena Andersson äußerten
       sich am Mittwoch die RegierungschefInnen aller nordeuropäischen Staaten zum
       Thema möglicher Konsequenzen der mutmaßlichen Sabotagehandlungen gegen die
       Nord Stream Pipelines.
       
       Andersson und ihre dänische Amtskollegin Mette Frederiksen betonten
       außerdem, dass es keinen militärischen Angriff auf ihre beiden Länder gebe.
       Die Explosionen hätten sich zwar innerhalb der dänischen und schwedischen
       Wirtschaftszone zugetragen, aber außerhalb der Territorialgewässer beider
       Staaten. Und, so Andersson: „Wir sind nicht Eigentümer der [2][Nord Stream
       Pipelines]“. Gleichzeitig erhöhten Dänemark und Schweden aber die
       militärische Präsenz im fraglichen Meeresgebiet der Ostsee. Marineeinheiten
       beider Länder halten sich nun dort auf. Dänemark verstärkte auch seine auf
       der Insel Bornholm stationierten Einheiten.
       
       ## Norwegen verstärkt die Sicherheit seiner Anlangen
       
       Mit einer deutlichen Erhöhung der Sicherheitsbereitschaft reagierte aber
       vor allem Norwegen. Die Regierung kündigte verstärkte Maßnahmen zur
       Sicherheit der Öl- und Gasförderanlagen sowie der Pipelineinfrastruktur an.
       Die Anlagen würden sowohl von der See wie aus der Luft überwacht, teilte
       Ministerpräsident Jonas Gahr Støre mit, betonte aber gleichzeitig: „man
       habe keine konkreten Indikationen über mögliche Gefährdungen dieser
       Anlagen“.
       
       Auch die norwegische Polizei meldete am Mittwoch erhöhte Präsenz und
       Bewachung rund um Gas- und Ölinstallationen. Die staatliche
       Petroleumbehörde forderte alle auf dem Festlandsockel aktiven Öl- und
       Gaskonzerne, sowie in der Nordsee aktive Reedereien zu „erhöhter
       Wachsamkeit“ auf. Öl- und Energieminister Terje Aasland begründete dies
       auch mit „Mehrfachsichtungen von nicht identifizierbaren Drohnen oder
       Flugzeugen“ über Öl- und Gasinstallationen, die man in letzter Zeit gemacht
       habe.
       
       Bereits im März hatte der norwegische Verfassungsschutz PST von einer
       erhöhten Gefährdung für die Öl- und Gasinfrastruktur gewarnt und dabei vor
       allem darauf hingewiesen, dass Norwegen in diesem Wirtschaftssektor ein
       wichtiger Konkurrent Russlands sei: Wobei „Öl und Gas neben dem rein
       wirtschaftlichen Wert auch von grosser sicherheitspolitischer Bedeutung für
       Russland sind“. Im Herbst vergangenen Jahres hatte es Meldungen gegeben,
       dass russische Forschungsschiffe offenbar systematisch Pipelines auf dem
       norwegischen Festlandsockel kartieren würden. Ståle Ulriksen von der
       norwegischen Verteidigungshochschule sprach von „Spionageschiffen“.
       
       ## „Erhebliche Konsequenzen“
       
       [3][Das norwegische Pipelinenetz] hat eine Länge von fast 9000 Kilometern.
       Können die überhaupt ausreichend gesichert werden? Der ehemalige
       Verteidigungschef Sverre Diesen hält dies für nahezu unmöglich: „Aber man
       muss es natürlich versuchen, so gut es geht.“ Der staatliche Ölkonzern
       Equinor hatte schon in der Nacht zum Mittwoch bei allen seinen Anlagen das
       Sicherheitsniveau erhöht, speziell auch bei bei der Gasverflüssigungsanlage
       auf der Insel Melkøya bei der nordnorwegischen Stadt Hammerfest. Ein
       Ausfall dieser größten derartigen europäischen Anlage zur LNG- Produktion
       außerhalb Russlands hätte natürlich „erhebliche Konsequenzen für die
       Gasversorgung Europas“, konstatiert Diesen. Die Anlage war nach einem mehr
       als 20 Monate langem Stillstand aufgrund eines Brandes erst im Mai wieder
       in Betrieb genommen worden.
       
       Nach Einschätzung von Geir Hågen Karlsen, Forscher an der norwegischen
       Militärhochschule, ist „die norwegische Gasinfrastruktur derzeit
       wahrscheinlich das größte und strategisch wichtigste Sabotageziel in ganz
       Europa“. Falls Russland hinter den Anschlägen auf die Nord Stream Pipelines
       stehen sollte, würde er das als Botschaft an den Westen werten: „Schaut,
       was wir können, nehmt uns ernst.“
       
       28 Sep 2022
       
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