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       # taz.de -- Legalisierung von Cannabis: Wer gewinnt, wer verliert?
       
       > Der Verkauf von Cannabis soll legal werden. Kiffer:innen freut's. Doch
       > wer denkt an die, die bis jetzt für Anbau und Handel kriminalisiert
       > werden?
       
   IMG Bild: Schwer bepackt mit Cannabis: Esel in Bab Berred, Marokko
       
       Es sieht so aus, dass man sich bald sein Weed in Deutschland legal holen
       kann. [1][Kiffen ohne Angst vor dem Gesetz], das macht viele
       Konsument*innen froh. Doch was ist mit den Zigtausenden Menschen –
       viele von ihnen Schwarz oder aus Nordafrika stammend –, die in den letzten
       Jahrzehnten notgedrungen für den Anbau und Handel mit Hanf in Deutschland
       kriminalisiert wurden?
       
       Diese Frage habe ich kürzlich auf einigen Veranstaltungen und in sozialen
       Medien aufgeworfen. Viele Menschen haben verständnisvoll reagiert,
       erstaunlich viele Menschen aber mit einem Achselzucken. Für einige
       Weed-Gourmets, so kam es bei mir zumindest an, ist es gleichgültig, was aus
       gerechtigkeitspolitischer Perspektive mit den Betroffenen passiert. Dein
       Dealer wurde von der Polizei verfolgt, rassistisch beleidigt, von
       [2][Tübinger Bürgermeistern stigmatisiert] oder ins Gefängnis geworfen? Das
       kann dir doch jetzt schnuppe sein, wenn du bald Payback-Punkte in der
       Apotheke auf deine Monatsration Joints sammeln kannst. Für viele steht das
       eigene Wohlergehen im Fokus, die Sicherheit der anderen und
       gesellschaftliche Gerechtigkeit ist für sie Schall und Rauch.
       
       Ich finde eine Legalisierung aus drogenpolitischer Perspektive by the way
       vernünftig, frage mich dennoch, wer davon letztendlich am meisten
       profitieren wird. Start-up-Unternehmer*innen, viele von ihnen weiß und
       privilegiert mit Hang zum FDP- oder Grünen-Votum, werden ein Vermögen mit
       der Legalisierung von Hanf machen. Das prophezeit die Entwicklung in
       einigen US-Bundesstaaten, in denen die Droge schon erlaubt wurde.
       
       ## Einkommensverluste durch Legalisierung
       
       Während einige Schwarze Menschen und People of Color dort aufgrund des
       vormals kriminalisierten Hanfhandels und der damit zusammenhängenden
       Verfolgung für ihr Leben gezeichnet bleiben, werden Hanfinnovationen von
       weißen Entrepreneurs gefeiert. Obwohl oft diese „Innovation“ darin besteht,
       dass man Hanfpartys schmeißt oder im Restaurant ein Dessert mit
       Weed-Flavour reicht.
       
       Bäuer*innen, die in Nordafrika unter widrigsten Bedingungen und für einen
       Hungerlohn für Nachschub auf den europäischen Cannabismärkten sorgten,
       verlieren mit der Legalisierung die Möglichkeit, ein Einkommen zu
       generieren. Auch in Nordafrika (und anderen Regionen) wird nach und nach
       der Anbau und Vertrieb von Hanf legalisiert, die Bäuer*innen werden
       enteignet und verdrängt. Alles, damit der Typ, der jedes Jahr bei der
       Hanfparade getanzt hat, bald noch entspannter durchs Leben tanzen kann.
       Dabei muss genau dieser Stefan, der sich bevorzugt in einem T-Shirt mit
       Hanfblatt-Logo kleidet, für die vielen Cannabis-Verfolgten weltweit und
       lokal vehement einsetzen.
       
       Wenn die Legalisierung von Marihuana kommt, braucht es also eine breite
       gesellschaftliche Debatte, wie dieser Staat sich bei diesen
       Kriminalisierten ernsthaft entschuldigt und den entstandenen Schaden
       repariert.
       
       25 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Debatte-ueber-Cannabis-Legalisierung/!5804552
   DIR [2] https://www.morgenpost.de/politik/article215933729/Berlin-Schelte-von-Gruenen-Politiker-Boris-Palmer-Nichts-klappt.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mohamed Amjahid
       
       ## TAGS
       
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