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       # taz.de -- Leiter übers Junge Schauspielhaus: „Manche kommen zum ersten Mal ins Theater“
       
       > Klaus Schumacher leitet seit 20 Jahren das Hamburger Junge
       > Schauspielhaus. Für die Zukunft wünscht er sich ein großes Ensemble und
       > einen großen Etat.
       
   IMG Bild: Wie kann man richtig Geburtstag feiern, wenn es draußen plötzlich stürmt? „Fiesta“ für Kinder ab 9 Jahren
       
       taz: Klaus Schumacher, das Junge Schauspielhaus feiert in der kommenden
       Spielzeit sein 20-jähriges Jubiläum. Was war für Sie als Intendant bisher
       das Schönste? 
       
       Klaus Schumacher: Wenn man eine neue Leitung übernimmt, ist es das
       Schönste, eine Bande zu bilden und sagen zu können: „Wir machen das
       zusammen und wir versuchen jetzt was.“ Das konnte ich hier mehrfach machen.
       
       taz: Die ersten Besucher*innen von damals sind jetzt vielleicht selbst
       schon Eltern … 
       
       Schumacher: … oder Mitarbeiter:innen.
       
       taz: Tatsächlich? 
       
       Schumacher: Wir haben ein paar Mitarbeiter:innen, die als Kinder ins Junge
       Schauspielhaus gekommen sind, damals waren wir noch [1][im Malersaal].
       Unsere Arbeit hat bei manchen eine sehr nachhaltige Wirkung.
       
       taz: Wo finden Sie denn Ihr Publikum? Auf Tiktok und Insta? Oder in den
       Schulen? 
       
       Schumacher: Zum einen haben wir [2][am Schauspielhaus] eine tolle
       Öffentlichkeitsarbeit, die auch die digitalen Kanäle bespielt, zum anderen
       aber auch einen super Kontakt zur Lehrer:innenschaft in Hamburg, die
       sehr engagierte Arbeit leistet und mit der wir viel im Austausch sind.
       
       taz: Aber Sie müssen Ihre Zuschauer: innen jedes Mal aufs Neue fürs Theater
       gewinnen … 
       
       Schumacher: Ich fände es ehrlich gesagt, problematischer, wenn es immer in
       denselben Bahnen liefe und man immer dieselben Gesichter sähe. Das würde
       mir mehr Sorge bereiten als das, was wir hier erleben, nämlich dass wir
       immer neue Menschen treffen. Es fordert uns auf eine schöne Weise auch
       heraus, nicht in komische Routinen zu verfallen. Theater für junge Menschen
       muss immer im Jetzt inspirieren, provozieren, funktionieren. Es muss die
       Geschichte zu dem Moment sein.
       
       taz: Sie selbst wechseln immer mal wieder die Welten, [3][inszenieren
       sowohl im „klassischen“ Theater] als auch für junges Publikum. Was ist Ihr
       Hauptantrieb, wenn Sie Theater für junges Publikum machen? 
       
       Schumacher: Man ist mit einem Publikum zusammen, bei dem man viel Relevanz
       erlebt. Das Theaterereignis verplätschert nicht in einem Jahresprogramm von
       Kulturangeboten. Manche unserer Zuschauer:innen kommen bei uns zum
       ersten Mal ins Theater, sehen etwa zum ersten Mal „Romeo und Julia“, und
       die Relevanz, die sich daraus ergibt, finde ich wahnsinnig reizvoll.
       Genauso wollen wir mit unserem Programm auch immer über aktuelle Themen aus
       Politik und Gesellschaft sprechen und das ist mit diesem Publikum oft
       lohnender als, Entschuldigung, mit älterem Publikum.
       
       taz: Und was ist bei der Theaterarbeit für junges Publikum die größte
       Herausforderung? 
       
       Schumacher: Wir können uns keine Eitelkeiten leisten! Es geht immer um
       einen inhaltlichen Kern. Wir müssen in einer Frische agieren, die nicht in
       der Konvention stecken bleiben darf, und müssen die Sorgen der
       Heranwachsenden ernst nehmen. Für mich ist zum Beispiel „Überforderung“ ein
       Begriff der Zeit, den wir mehr besprechen sollten.
       
       taz: In den Abgesang auf die digital verseuchte Generation Alpha stimmen
       Sie nicht mit ein? 
       
       Schumacher: Gottes willen, nein! Natürlich gibt es Dinge zu besprechen, wie
       etwa die Handynutzung und vielleicht müssen wir das sogar regeln. Aber das
       steht mir gar nicht zu. Ich will erst mal beschreiben, was das Phänomen ist
       und einen Erfahrungsraum anbieten. Was Medienkonsum zum Beispiel mit den
       Geschlechterbildern oder dem sozialen Gefüge einer Familie macht, das ist
       unter anderem ein Thema in unserer [4][Eröffnungsinszenierung „Anybody
       Home“].
       
       taz: Sie sind schon 20 Jahre lang Leiter des Jungen Schauspielhauses –
       fühlen Sie sich eigentlich manchmal alt? 
       
       Schumacher: Alt fühle ich mich, wenn ich mit meinen Zwillingen …
       
       taz: … wie alt sind die? 
       
       Schumacher: … acht Jahre. Also wenn ich mit den beiden einige Tage 24
       Stunden am Stück verbracht habe, dann fühle ich mich alt und jung zugleich.
       Und klar, fühle ich mich in manchen Diskursen alt, da habe ich das Gefühl,
       ich bin Fremdsprachler, wo andere Muttersprachler sind. Aber ich bin
       lernfähig! Grundsätzlich bin ich zum Glück mit viel Energie ausgestattet.
       
       taz: Wenn Sie sich für das Junge Schauspielhaus für die nächsten 20 Jahre
       etwas wünschen dürften, was wäre das? 
       
       Schumacher: Dass es weitergeht! Und wenn ich „weitergehen“ sage, dann meine
       ich Wachsen. Ich wünsche mir ein Junges Schauspielhaus mit einem großen
       Ensemble und natürlich mit einem Etat von etwa 20 Millionen. Der Bedarf
       wäre da.
       
       9 Sep 2025
       
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   DIR Katrin Ullmann
       
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