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       # taz.de -- Letzte Generation vor Anklage: Angeklagt, weil angeklebt
       
       > War die Letzte Generation eine kriminelle Vereinigung? Ja, sagt der
       > Generalstaatsanwalt in München und klagt fünf Mitglieder wegen deren
       > Gründung an.
       
   IMG Bild: Ein Aktivist wird von der Polizei in München weggetragen
       
       München taz | Setzt sich hier jemand effektiv gegen die massive Bedrohung
       unserer Lebensgrundlagen ein? Oder machen da nur ein paar Rowdys Krawall
       und nötigen rechtschaffene Bürger dieses Landes? [1][Die Aktionen der
       Klimagruppe Letzte Generation] haben in den vergangenen Jahren in ganz
       Deutschland stark polarisiert. Am stärksten jedoch ging man in Bayern gegen
       die Klimaaktivisten vor.
       
       Nicht wenige, die sich wiederholt an neuralgischen Verkehrsknotenpunkten
       wie dem Münchner Stachus festklebten, landeten für Wochen im Gefängnis.
       Nicht als Strafe, sondern zur Vorbeugung. Denn nach dem umstrittenen
       bayerischen Polizeiaufgabengesetz ist es möglich, Menschen ohne
       Gerichtsverfahren für bis zu zweimal 30 Tage am Stück in Präventivhaft zu
       nehmen. Auch eine besonders drastisch ausgefallene Durchsuchungsaktion
       gegen Mitglieder der Letzten Generation sorgte für Aufmerksamkeit.
       
       [2][Jetzt ist es die Generalstaatsanwaltschaft (GenStA) München], die
       Anklage gegen fünf Mitglieder der Gruppe erhoben hat. Der Vorwurf: Bildung
       einer [3][kriminellen Vereinigung]. Die Generalstaatsanwaltschaft München
       bestätigte gegenüber der taz, dass unter dem Datum vom 28. Februar Anklage
       gegen fünf Mitglieder der Letzten Generation erhoben wurde. Ihnen wird
       unter anderem auch vorgeworfen, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu
       haben. Die Anklage wurde bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung
       von Extremismus und Terrorismus (ZET) eingereicht und wird nun von der
       Staatsschutzkammer des Landgerichts München weiterverfolgt. Der Deutschen
       Presseagentur wurde die Anklage „aus mit dem Vorgang vertrauten Kreisen“
       ebenfalls bestätigt.
       
       Nach Angaben der Aktivisten umfasst die Anklageschrift 149 Seiten. Unter
       den Beschuldigten ist demnach auch Carla Hinrichs, die frühere
       Pressesprecherin der Letzten Generation, die eines ihrer prominentesten
       Gesichter wurde. Außerdem soll nach dem Willen der Staatsanwälte auch
       Wolfgang Metzeler-Kick vor Gericht. Der Münchner Umweltingenieur hatte
       vergangenes Jahr mit einem 92-tägigen Hungerstreik für Aufsehen gesorgt. Er
       soll auch zu den Aktivisten gehört haben, die den Flugverkehr am Berliner
       Flughafen lahmgelegt haben.
       
       ## Eine Gruppe an krimineller Vereinigung
       
       [4][Eine kriminelle Vereinigung ist laut § 129 des Strafgesetzbuches] eine
       Gruppe, „deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten
       gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei
       Jahren bedroht sind“. Sie unterscheidet sich von einer terroristischen
       Vereinigung wie der RAF, deren Zielsetzung beispielsweise darauf ausgelegt
       ist, Mord oder Totschlag zu begehen – auch wenn etwa CSU-Landesgruppenchef
       Alexander Dobrindt und Ulrike-Meinhof-Tochter Bettina Röhl vor gut zwei
       Jahren mit Blick auf die Letzte Generation schon vor einer „Klima-RAF“
       warnten. Zwischen Gründung und Mitgliedschaft in der Vereinigung wird in
       beiden Fällen jedoch zunächst nicht unterschieden.
       
       Die Letzte Generation hatte vor einem Jahr einen Strategiewechsel
       angekündigt und ist mittlerweile in der „Neuen Generation“ aufgegangen.
       Entstanden war sie nach einem Hungerstreik vor der Bundestagswahl 2021 in
       Berlin. Die gern als „Klimakleber“ bezeichneten Aktivisten suchten
       Aufmerksamkeit für ihre Anliegen vor allem durch Blockaden des Straßen- und
       Flugverkehrs sowie Farbattacken auf Bauwerke wie etwa das Brandenburger
       Tor.
       
       Die ehemalige Letzte Generation sieht in ihren Aktionen nichts
       Verwerfliches und moniert: „Während die Klimakrise eskaliert und erneuter
       Faschismus unsere Welt überschatten könnte, ist die Anklage als ein Angriff
       auf zivilgesellschaftliches Engagement als einen Eckpfeiler der Demokratie
       zu werten.“ Man habe deshalb eine Petition gegen das angestrebte Verfahren
       an die Generalstaatsanwaltschaft München sowie die Justizministerien des
       Bundes und des Landes Bayern gestartet. Zugleich sammelt die Gruppe Spenden
       für die Verfahrenskosten.
       
       „Was tut man, wenn alles auf dem Spiel steht? Man tut sich zusammen und
       versucht, Alarm zu schlagen. Dafür werden wir angeklagt“, wird Carla
       Hinrichs in der Pressemitteilung der nicht mehr Letzten Generation zitiert.
       Sie sieht sich in der Rolle Hiobs: „Wir friedlich protestierende Menschen
       sollen für das Überbringen der schlechten Nachrichten verurteilt werden,
       für das Beharren auf Gerechtigkeit und dafür, dabei nicht allein gewesen zu
       sein. Ist das gerecht?“
       
       24 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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