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       # taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: Unspektakulärer Durchbruch
       
       > Auf dem Berlin-Gipfel wurde ein Weg hin zum Frieden in Libyen skizziert.
       > Man versprach sich einander, die militärische Unterstützung zu beenden.
       
   IMG Bild: Ein Kämpfer auf Seiten der Regierung in Tripolis an der Front gegen die Truppen von General Haftar (Archivbild v. 2. September 2019)
       
       Berlin taz | Nach neun Monaten Krieg um Tripolis haben sich die Staats- und
       Regierungschefs von zwölf Ländern und Vertreter mehrerer internationaler
       Organisationen auf die Eindämmung des Konflikts in Libyen geeinigt. Die
       Teilnehmer des internationalen Libyen-Gipfels im Berliner Kanzleramt
       vereinbarten am Sonntag unter anderem die zukünftige Einhaltung des
       UN-Waffenembargos gegen das Land, ein Ende der ausländischen Einmischung
       sowie konkrete Schritte hin zu einem dauerhaften Waffenstillstand.
       
       Gastgeberin Angela Merkel und Bundesaußenminister Heiko Maas stellten nach
       dem dreistündigen Treffen einen Katalog von 55 sogenannten
       Schlussfolgerungen vor, die von Experten seit September letzten Jahres
       erarbeitet worden waren. „Wir können feststellen, dass sich alle einig
       sind, das Waffenembargo respektieren zu wollen“, sagte Bundeskanzlerin
       Merkel mit zufriedener Miene vor den zahlreichen aus dem Ausland
       angereisten Journalisten.
       
       So unspektakulär, wie sie zusammen mit UN-Generalsekretär António Guterres
       und dem Chef der UN-Libyen-Mission, Ghassan Salamé, die Ergebnisse
       aufzählte, war auch die Konferenz verlaufen. Dabei standen bei dem
       Fototermin des Gipfels die internationalen Unterstützer der libyschen
       Kriegsparteien nebeneinander, die nach UN-Angaben allein während des Kriegs
       um Tripolis seit April für 150.000 Flüchtlinge und mehr als 1.000 Tote
       verantwortlich sind.
       
       Auch eingeladen – aber für die Öffentlichkeit unsichtbar – blieben die
       libyschen Widersacher, General Chalifa Haftar und Premierminister Fajis
       al-Sarradsch. Die Autokolonne des 76-jährigen Kommandeurs der sogenannten
       Libyschen Nationalarmee (LNA) war schon lange wieder in das weiträumig
       abgesperrte Hotel zurückgekehrt, als Premierminister Sarradsch seinen
       derzeitigen Hauptförderer im Kanzleramt traf, den türkischen Präsidenten
       Recep Tayyip Erdoğan.
       
       ## Symbolischer Sieg für die Kanzlerin
       
       Ein Treffen mit Haftar hätte Sarradsch heftige Kritik von den ihn
       schützenden Tripolis-Milizen eingebracht. Erdoğan hatte dagegen keine
       Berührungsängste mit dem in Libyen auf Haftars Seite stehenden russischen
       Präsident Wladimir Putin. Beide hatten eine Woche zuvor [1][vergeblich
       versucht], Haftar und Sarradsch in Moskau zur Unterzeichnung eines
       Waffenstillstandes zu bewegen.
       
       Haftar unterschrieb nicht, stoppte im Anschluss aber immerhin seinen
       Angriff auf die Hauptstadt und gönnte der deutschen Kanzlerin nun einen
       symbolischen Sieg. Unklar bleibt, zu welchem Preis dieser erkauft wurde.
       Haftar jedenfalls unterschrieb auch in Berlin keine Waffenruhe.
       
       Doch immerhin benannte er erstmals fünf Namen für ein Militärkomitee, das
       aus Offizieren beider Lager bestehen wird und ab nächster Woche unter
       Leitung der UN vertrauensbildende Maßnahmen erörtern soll.
       
       ## Wirtschaftsreformen und eine Neuwahl
       
       UN-Generalsekretär António Guterres dürfte das Gipfelresultat am meisten
       Kopfschmerzen bereiten. Seine mit einem schwachen Mandat ausgestattete
       UN-Mission für Libyen, UNSMIL, ist nun für die Umsetzung des beschlossenen
       politischen Prozesses verantwortlich: Er muss das libysche Parlament, den
       Staatsrat und die Regierung für Wirtschaftsreformen, eine Neuwahl und die
       Einhaltung der Gesetze motivieren. Milizen sollen aufgelöst und
       ausländische Söldner ausgewiesen werden.
       
       Unter den 55 in Berlin beschlossenen Punkten ist neben der Einhaltung des
       Waffenembargos auch der Erhalt der Einheit Libyens und die Zusammenlegung
       der beiden getrennten Zentralbanken und staatlichen Ölgesellschaften.
       Sanktionen gegen den Bruch des Abkommens können erst erfolgen, wenn der
       UN-Sicherheitsrat das Berliner Papier bestätigt.
       
       Außenminister Maas bot an, dass der innerlibysche Dialog mit einem Treffen
       in Berlin fortgesetzt werden könne; er wirkte wegen der butterweichen
       Abschlussformulierungen ähnlich nüchtern wie die Kanzlerin: „Wir haben uns
       heute den Schlüssel besorgt, mit dem wir den Libyen-Konflikt lösen können.
       Jetzt geht es darum, diesen auch ins Schloss zu stecken und umzudrehen.“
       
       20 Jan 2020
       
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