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       # taz.de -- Linke-Veranstaltung zu Palästina: Gegen Genozid und Genossen
       
       > Bei der umstrittenen Veranstaltung der Neuköllner Linken zu Palästina
       > bleibt der erwartete Eklat aus. Vor allem wird gegen die eigene Partei
       > gewettert.
       
   IMG Bild: Proisraelische Kundgebung gegen die Palästina-Veranstaltung der Neuköllner Linken
       
       Berlin taz | Die Aufregung vorab war immens. Der Bezirksverband der Linken
       in Neukölln hatte für Samstag [1][zu einer propalästinensischen
       Veranstaltung geladen], zu der auch ein PFLP-naher Sprecher des Vereinigten
       Palästinensischen Nationalkomitees kommen sollte.
       
       Laut dem Berliner Verfassungsschutz handelt es sich um eine
       Dachorganisation, die auch der Hamas nahesteht. Der
       Antisemitismusbeauftragte des Bundes, Felix Klein, hatte das
       „Soli-Kiez-Event“ deshalb scharf verurteilt. Der ursprünglich angedachte
       Veranstaltungsort in der Hermannstraße stand kurzfristig nicht mehr zur
       Verfügung, sodass die Veranstaltung in eine Location am Paul-Lincke-Ufer in
       Kreuzberg umziehen musste.
       
       Hier ist die Stimmung am Samstagnachmittag weitgehend entspannt. Ein paar
       Gegendemonstranten säumen die gegenüberliegende Straßenseite. Sie halten
       ein Transparent mit der Aufschrift „Gemeinsam gegen linken, rechten und
       islamistischen Antisemitismus“.
       
       Eine Frau hält ein Bild hoch, auf dem Evyatar David zu sehen ist, der sich
       als Geisel in den Händen der Hamas befindet. Kürzlich war auf
       Propaganda-Aufnahmen der Terroristen zu sehen, wie er auf die Knochen
       abgemagert sein eigenes Grab schaufelt. Die Demo, zu der etwa die
       „Werteinitiative“ und die Jungen Liberalen aufgerufen hatten, verlief
       friedlich.
       
       ## Streit zwischen Landes- und Bezirksverband
       
       Drinnen ist mehr los. In den Reden machen sich die Neuköllner Linken und
       ihre Mitstreiter nicht nur für die palästinensische Sache stark – es geht
       ihnen um weit mehr. Um den „Kampf für eine andere Welt“ zum Beispiel, also
       eine „ohne Kapitalismus“ und „ohne Genozid“. In erster Linie richtet sich
       die Wut der Redner gegen die Bundesregierung, Israels Ministerpräsident
       Benjamin Netanjahu, den Kolonialismus und das Sterben in Gaza. Gewettert
       wird aber auch gegen die eigene Partei.
       
       Denn der Berliner Landesvorstand hatte sich vorab gegen das Event mit dem
       Titel „Neukölln steht zusammen – Solidarität mit den Menschen in Palästina“
       ausgesprochen. Mit Leuten wie dem Nationalkomitee wolle man nicht
       zusammenarbeiten.
       
       Das sei einer wirklich „revolutionären Partei“ aber nicht würdig, sagt ein
       Redner am Samstag, für den eine Linke, die nicht in die Nähe zur Hamas
       gerückt werden will, offenbar eine Ansammlung von Waschlappen ist, mit
       denen Weltrevolution nicht zu machen ist.
       
       ## Der umstrittene Redner fordert einen Waffenstillstand
       
       Auch auf der Veranstaltung wird aber darauf geachtet, dass nichts
       Strafbares gesagt wird. Der PFLP-nahe Aktivist des Nationalkomitees fordert
       laut RBB einen Stopp aller Waffenlieferungen an Israel, einen
       Waffenstillstand, freien Zugang für internationale Hilfsorganisationen und
       ein Ende der Blockade des Gazastreifens.
       
       „Menschenrechte sind unteilbar“, sagt der Redner demnach. Die Situation der
       Geiseln habe er nicht erwähnt, heißt es später. Außerdem darf auch der
       propalästinensische Aktivist Ramsis Kilani reden, der von der Linken
       [2][wegen Antisemitismus aus der Partei geworfen wurde].
       
       Und sonst? Kinder malen Bilder aus, auf denen „Free Palestine“ steht,
       umrankt mit Blumen. Es gibt sehr viel Wassermelone zu essen, die Besucher
       sind teilweise in Palästina-Fahnen und Kufiyas gleichzeitig gehüllt.
       Andauernd wird die Internationale angestimmt – und egal, ob sie gerade ein
       Stück Melone im Mund haben oder nicht, singen die Teilnehmer jedes Mal
       fleißig mit.
       
       Ob das Signal, das von diesem „Soli-Kiez-Event“ ausgeht, in Israel gehört
       wird, darf bezweifelt werden. Aber in der Linken wird es wohl vernommen
       worden sein.
       
       10 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR Andreas Hartmann
       
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