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       # taz.de -- Luftqualität in Europa: 412.000 Todesfälle durch Feinstaub
       
       > Mehr als 400.000 EU-Bürger fallen jährlich der Belastung durch
       > Schadstoffe zum Opfer. Kaum jemand kann in Europas Städten reine Luft
       > einatmen.
       
   IMG Bild: Täglicher Wahnsinn: Stau
       
       Berlin taz | In Europa sterben etwa 400.000 Menschen frühzeitig, weil die
       Luft verschmutzt ist. Das geht aus dem Jahresbericht zur Luftqualität in
       Europa hervor, den die Umweltagentur EEA am Mittwoch in Kopenhagen
       veröffentlichte. Zwar habe sich die Luftqualität verbessert, heißt es in
       dem Bericht. Doch die Belastung durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und
       bodennahem Ozon hatte allein 2016 etwa 400.000 vorzeitige Tote zur Folge,
       davon fast 60.000 in Deutschland.
       
       Beinahe alle in Städten lebende Europäer:innen seien einer Luftbelastung
       ausgesetzt, die über die empfohlenen Werte der Weltgesundheitsorganisation
       WHO hinausgehe, urteilte die EEA. Diese Verschmutzung führe zu
       Gesundheitsproblemen und einer geringeren Lebenserwartung, aber auch zu
       wirtschaftlichen Einbußen etwa durch wachsende Kosten im Gesundheitssektor
       und geringere Ernteerträge. Eine Verringerung der Luftverschmutzung würde
       dagegen vorzeitige Todesfälle reduzieren und die Produktivität steigern,
       befand die Agentur.
       
       „Es ist an der Zeit, Veränderungen in den Bereichen Energie, Lebensmittel
       und Transport zu beschleunigen“, forderte EEA-Direktor Hans Bruyninckx.
       Hauptverursacher der Luftverschmutzung sind der EEA zufolge der dichte
       Autoverkehr, gefolgt von Anlagen, die in Gewerbe und Haushalt mit Öl, Gas,
       Kohle und Holz genutzt werden, Energieerzeugung, Industrie sowie
       Landwirtschaft und Abfall.
       
       Seit 2011 veröffentlicht die EEA jährlich den Bericht „Air Quality in
       Europe“. Die erhobenen Daten basieren auf Messungen in 41 europäischen
       Ländern. Die meisten Daten stammen aus den Jahren 2016 und 2017. Der
       diesjährige Bericht erhält neben den Informationen zu Feinstaub,
       Stickstoffdioxid und Ozon auch welche über Schwermetalle und ihre Risiken
       für Gesundheit und Umwelt.
       
       ## Todesfälle auch wegen Stickstoffoxid und Ozon
       
       „In Europa ist die Luft in vielerlei Hinsicht schlecht“, heißt es im
       Bericht. 412.000 Menschen sterben frühzeitig wegen Feinstaub, wegen
       Stickstoffoxid 71.000 Menschen und wegen bodennahem Ozon 15.100 Menschen.
       Da es eine Überlappung der Schadstoffe gebe, könne man die vorzeitigen
       Todesfälle nicht addieren.
       
       „Luftverschmutzung ist momentan das größte Umweltrisiko für die menschliche
       Gesundheit“, schreibt die EEA. Die Luftverschmutzung betreffe die gesamte
       Bevölkerung, doch gäbe es bestimmte Gruppen, die besonders darunter leiden:
       Kinder, Ältere, Schwangere und chronisch Kranke.
       
       ## Maßnahmen greifen
       
       Zwar bleibt die Luftbelastung ein Problem. Doch bestätigen die Daten, dass
       verbindliche Maßnahmen greifen: Die Zahl der vorzeitigen Toten durch
       Feinstaubbelastung sei im Vergleich der Jahre 2015/2016 um 17.000 Fälle
       gesunken. Seit 1990 sei es eine halbe Million weniger. Doch seien die
       Fortschritte zu langsam, kritisiert die EEA. Vor allem in Ost- und
       Südeuropa tue man nicht genug, um Richtwerte einzuhalten.
       
       Für Deutschland errechnete die EEA 591.400 Lebensjahre, die verloren gingen
       durch die Schadstoffe – so viel wie sonst nirgendwo in Europa. Auf die
       Einwohner:innen heruntergerechnet, liegt Deutschland leicht unter dem
       EU-Schnitt. Bei der Feinstaubbelastung liegt Deutschland laut EEA zwar im
       unteren Drittel, doch bei der Belastung durch Stickstoffdioxid liege
       Deutschland vorne. Verantwortlich hierfür sei vor allem der [1][Verkehr].
       
       ## DUH fordert Sofortmaßnahmen
       
       Barbara Hoffmann, Umweltprofessorin in Düsseldorf, schlägt vor, Verkehr und
       Energieerzeugung emissionsarmer zu gestalten und in der Landwirtschaft
       Gülle-Ausbringung zu mindern. „Es gibt keine einzelne Maßnahme, die das
       Problem lösen kann“, betonte sie. So sei die Verbesserung der Emissionen
       einzelner Fahrzeuge zunichte gemacht durch den zunehmenden Verkehr.
       
       Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), [2][fordert
       Sofortmaßnahmen]: „Die Bundesregierung ist leider auch beim schmutzigen
       Betrugsdiesel-Pkw Exportmeister“, sagt er. „Doch anstatt das Problem nach
       Süd- und Osteuropa zu schicken, muss Kanzlerin Merkel endlich alle
       Autokonzerne zwingen, sämtliche betroffenen Fahrzeuge kurzfristig
       zurückzurufen.“ Die DUH fordert auch Maßnahmen in der Landwirtschaft, wie
       bei der Tierhaltung und bei der Düngung auf Feldern.
       
       16 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klimapakt-konkret/!5630220
   DIR [2] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/luftbelastung-in-deutschland-und-europa-weiterhin-massiv-deutsche-umwelthilfe-fordert-sofortmassnahm/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicole Opitz
       
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