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       # taz.de -- MDR-Affärenstadl: "Milva verlangt's in bar"
       
       > Ex-MDR-Unterhaltungschef Udo Foht akzeptiert beim Arbeitsgerichtsprozess
       > über seine Kündigung einen Vergleich – und plaudert aus dem Nähkästchen.
       
   IMG Bild: Arbeitsrechtlich aus dem Schneider, strafrechtlich noch lange nicht: Udo Foht am Freitag im Leipziger Gericht.
       
       LEIPZIG taz | Den schönsten Satz brachte Udo Foht fast zum Schluss: "Wenn
       ich mich korrekt an die Dienstanweisungen gehalten hätte, gäbe es heute
       keinen Florian Silbereisen", sagte der geschasste Ex-Unterhaltungschefs des
       Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). So wäre allen viel erspart geblieben.
       
       Doch Foht, das wurde im Prozess vor dem Leipziger Arbeitsgericht am 20.
       Januar 2012 klar, in dem der 61-Jährige gegen seine fristlose Kündigung
       durch den Sender vorging, Foht ist Überzeugungstäter. Und hat sich jetzt
       mit seinem Sender verglichen: Sein Vertrag endet rückwirkend zum 31.
       Dezember 2011, dazu gibt es ein nettes Zeugnis vom MDR.
       
       Ja, Foht hat über Jahre immer wieder von Produktionsfirmen und
       Einzelpersonen im Namen und auf Rechnung des MDR Kredite eingeworben. Doch
       damit will er nur Entwicklungskosten für künftige TV-Produktionen oder
       Künstlergagen zwischenfinanziert haben. Anders sei das nicht zu machen
       gewesen. Und beim MDR auf jedenfalls so üblich, sagte Foth, der seit den
       1970er Jahren zunächst beim DDR-Fernsehen und dann ab Sendergründung 1992
       beim MDR in Unterhaltung machte und maßgeblich für die Erfolge der gern als
       Schunkelprogramm verspotteten ARD-Anstalt sorgte.
       
       Dass er dabei seine Zeichnungsvollmachten überschritten und gegen
       Dienstvorschriften verstoßen habe, sei dabei wohl allen klar gewesen,
       deutete Foth vor Gericht an. "Das schafft man nicht mit den üblichen
       Regularien", dafür habe er "billiger produzieren können als irgendwo sonst
       in der ARD-Unterhaltung".
       
       Intendant und Sendergeschäftsführung hätten ihm "über 20 Jahre die
       Möglichkeit gegeben, mit dieser Unabhängigkeit für den MDR zu arbeiten", so
       Foht. Dazu gehörte auch, neue Talente wie Silbereisen zu entdecken und
       aufzubauen. Und auch wenn MDR-Anwalt Steffen Pruggmayer Fohts Darstellung
       zurückwies: Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht.
       
       ## Die Chefs wussten Bescheid
       
       Schließlich wussten seine mittlerweile abgetretenen Chefs, MDR-Intendant
       Udo Reiter und Fernsehdirektor Wolfgang Vietze, schon seit 2008/2009 von
       Fohts finanziellen Ungereimtheiten. Suspendiert und später gekündigt wurde
       der MDR-Unterhaltungsmann aber erst im Sommer 2011.
       
       Auch Barzahlungen aus Gebühren- und anderen Geldern bei großen Shows wie
       dem "Bambi" (ARD) oder der "Goldenen Henne" (MDR) seien an der
       Tagesordnung, sagte Foht – und dürfte damit für einige ungeliebte
       Diskussionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sorgen. So habe der Manager
       der Sängerin Gloria Gaynor bei der Goldhenne 2008 mal eben 20.000 Euro cash
       sehen wollen, die Foht sich stracks vom Mitveranstalter Super Illu lieh.
       
       "Auch Milva ist dafür bekannt, dass sie nur auftritt, wenn bar bezahlt
       wird", plauderte Foht aus dem Nähkästchen, der Knackpunkt bei Gaynor sei
       nur gewesen, "dass das nicht angemeldet war".
       
       Die Rückzahlung solcher Kredite wurde allerdings gern mal vergessen oder
       über Dritte geregelt, die anderweitig mit Foht und dem MDR verbandelt
       waren. So übernahm Show-Produzent Werner Kimmig, der für fast alle
       ARD-Sender arbeitet, 2009 auch die Bezahlung von 10.000 Euro, die sich Foth
       von einer anderen Produktionsfirma geliehen hatte.
       
       Damit sollte ein Projekt mit der oft im Zusammenhang mit Fohts Spar- und
       Darlehensgeschäften auftauchenden Berliner Firma "Just for fun" finanziert
       werden. Aber auch das, so Foht, sei völlig in Ordnung, weil Just for fun
       wiederum für Kimmig das Buch zu einer Sendung geschrieben habe.
       
       Solche Details interessierten arbeitsrechtlich indes weniger. Und weil man
       "nie weiß, wie so ein Kündigungsschutzverfahren über zwei Instanzen
       ausgeht", schlug Arbeitsrichter Olaf Suckert am Ende beiden Seiten einen
       Vergleich vor, nachdem die fristlose Kündigung in ein Ende des
       Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2011 umgewandelt wurde. Dazu bekommt Foht,
       der nach kurzer Bedenkzeit annahm, auch noch ein "wohlwollendes,
       qualifizierendes Zeugnis".
       
       Ob es bei den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Foth und elf weitere
       Personen aus der TV- und Musikbranche ähnlich glimpflich abgeht?
       Mittlerweile wurden über 30 Firmensitze und Privatwohnungen durchsucht, ob
       die zuständige Staatsanwalt allerdings überhaupt Anklage erhebt, bleibt
       abzuwarten. Zumindest der MDR, hieß es am Rande der Verhandlung im
       Arbeitsgericht, gehe fest davon aus, „dass da noch etwas kommt“.
       
       20 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
       ## TAGS
       
   DIR udo reiter
   DIR Kika
   DIR ARD
       
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