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       # taz.de -- Machtwechsel in Syrien: Ex-Rebellenführer wird Übergangspräsident
       
       > Nach dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad stellt Syriens
       > Übergangsregierung die Weichen für die Zukunft. Präsident wird vorerst
       > Ahmed al-Scharaa.
       
   IMG Bild: Ahmad al-Sharaa Ende Dezember 2024 in Damaskus
       
       Damaskus dpa | Nach dem Machtwechsel in [1][Syrien] ist De-facto-Herrscher
       Ahmed al-Scharaa zum Übergangspräsidenten ernannt worden. Wie die syrische
       Staatsagentur nach einem hochrangigen Treffen politischer und militärischer
       Funktionäre in Damaskus berichtete, soll al-Scharaa in der Übergangsphase
       die Aufgaben des Staatschefs übernehmen.
       
       Al-Scharaa, früher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani
       bekannt, führte die sunnitisch-islamistische Organisation Haiat Tahrir
       al-Scham (HTS), die den Sturz von Langzeit-Herrscher Baschar al-Assad
       maßgeblich herbeigeführt hatte. HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor,
       einem Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Der ehemalige Rebellenführer,
       Anfang 40, gibt sich seit dem Machtwechsel betont moderat.
       
       Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Sana wurde al-Scharaa beauftragt,
       einen legislativen Rat für die Übergangsphase zu gründen, bis eine neue
       Verfassung ausgearbeitet worden ist. Sana zitierte den Sprecher der
       Militärallianz, Hassan Abdul Ghani, die Assad im Dezember gestürzt hatte.
       
       Die De-facto-Herrscher erklärten außerdem, dass sie die Verfassung von 2012
       außer Kraft setzen. Das Parlament der alten Regierung wird aufgelöst,
       ebenso sollen die Streitkräfte neu organisiert werden. Militante
       Rebellengruppen sollen in die Staatsstrukturen integriert werden. „Dieser
       Schritt zielt darauf ab, Einheit und Stabilität zu gewährleisten“, zitierte
       Sana den Militärsprecher Abdul Ghani.
       
       Auch mit der alten Regierung verbundene Sicherheitsorgane werden nun
       offiziell aufgelöst. Die Baath-Partei des gestürzten Machthabers Assad, die
       ihre Arbeit in Syrien bereits eingestellt hat, sowie ihr angeschlossene
       Institutionen dürfen demnach nicht mehr tätig sein.
       
       Die Entscheidungen trafen Vertreter der früheren Aufständischen bei einer
       sogenannten „Siegeskonferenz“. Sie erklärten den 8. Dezember, als
       Rebellengruppen die Hauptstadt Damaskus praktisch kampflos eingenommen
       hatten, zu einem neuen Nationalfeiertag.
       
       Kurz nach Bekanntgabe der Neuerungen fuhren Autofahrer hupend durch die
       Straßen der Hauptstadt [2][und feierten die Entscheidung]. „Dies ist der
       Beginn eines neuen Syriens“, sagte Fatima, die am zentralen Umajaden-Platz
       feierte. „Ich muss abwarten, was die neue Führung in Syrien tun wird“,
       sagte eine Frau, die der alten Regierung nahestand.
       
       ## Hoffnung auf Neubeginn
       
       Vor mehr als acht Wochen hatte eine Rebellenallianz unter Führung der
       sunnitisch-islamistischen Organisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) Assad in
       einer Blitzoffensive gestürzt. Die im Jahr 2011 ausgebrochenen Proteste,
       die schließlich in einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung
       mündeten, haben das Land bis heute tief gespalten. [3][Dennoch verbinden
       viele Syrerinnen und Syrer mit dem Machtwechsel die Hoffnung auf einen
       Neubeginn].
       
       Mehr als 50 Jahre lang dominierte die Assad-Familie die Politik Syriens mit
       harter Hand. Baschar al-Assad, dem Russland samt seiner Familie aus
       humanitären Gründen Asyl gewährte, hinterlässt eine Bilanz schwerer
       Menschenrechtsverletzungen, darunter der Einsatz von Chemiewaffen,
       Fassbomben. Weiterhin gibt es Vorwürfe wegen Mord und staatlich angeordnete
       Folter.
       
       Menschenrechtler dämpften die Erwartungen an die Übergangsregierung. Sie
       wollen die De-facto-Herrscher an ihren Taten messen.
       
       Der frühere Rebellenführer al-Scharaa erklärte in einem Interview, dass die
       Ausarbeitung einer ersten Verfassung rund drei Jahre dauern könnte und bis
       zu Wahlen ein weiteres Jahr vergehen würde.
       
       Bei ersten Besuchen in Damaskus knüpften westliche Regierungen [4][ihre
       Unterstützung für den Wiederaufbau] unter anderem an den Umgang der neuen
       Regierung mit Minderheiten und Menschenrechten.
       
       30 Jan 2025
       
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