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       # taz.de -- Madlib-Konzert in Berlin: Den Mythos befeuert
       
       > Der Produzent und HipHop-DJ Madlib spielte in Berlin. Mit seinen diversen
       > alter egos war erhöhte Weirdness in „The Medicine-Show“ garantiert.
       
   IMG Bild: Erhöhte weirdness garantiert: Madlib.
       
       Anfang des Jahres veröffentlichte das kalifornische HipHop-Label Stones
       Throw die komplette 13-teilige Edition von Madlibs „The Medicine
       Show“-Reihe unter dem Namen „The Brick“. Ein Ziegel ist es fürwahr, den der
       idiosynkratische Beat-Konducta seinen Fans da an den Kopf geworfen hat.
       Großenteils aus musikalischen Obskuritäten besteht der Klotz, von rarem
       Brazil Psych über 80er Disco und Reggae-Fundstücken bis hin zu frühen
       4-Track-Experimenten.
       
       An manchen Tagen kann es passieren, dass Madlib mithilfe seines geliebten
       Lucas Valley Marihuanas (rezeptpflichtig!) und turmhohen Plattenstapeln
       eine ganz CD-R vollspielt. Wenn der notorisch öffentlichkeitsscheue Madlib
       also seine „Medicine Show“ auf Tour schickt, erwartet den Fan kein
       gewöhnliches HipHop-Konzert – sondern geschichtsbewusstes Showmanship und
       erhöhter Weirdness-Faktor.
       
       Inzwischen ist das Madlib-Universum mit so vielen Alter Egos und
       Kollaborateuren bevölkert, dass er jede Woche mit neuer Besetzung die
       Straßen unsicher machen könnte. Immer dabei, so auch am Donnerstag, als die
       „Medicine Show“ im Festsaal Kreuzberg in Berlin gastierte,
       Beat-Junkies-Gründungsmitglied J Rocc an den Turntables: Chef der Party und
       kaspriger Alleinunterhalter. Jüngster Madlib-Kollaborateur ist der
       Gangstarapper Freddie Gibbs, eine Mischung aus 50 Cent und 2Pac, der mit
       ungebrochener Ernsthaftigkeit das „N-Wort“ predigte, als wäre 1997 nie
       passiert. So viel zum Madlib-Credo „Yesterday is the Shadow of Today“.
       
       Man muss hier wohlwollend einschränken, dass Madlib in erster Linie
       Produzent und kein DJ ist. Guter Wille war in seinem knapp einstündigen Set
       erkennbar – was Madlib auflegte, beförderte den HipHop kurzzeitig in eine
       andere Dimension, next-level-shit oder so. Nicht nur die Heads im Publikum
       wurden bald sichtlich unruhig, musikalische Orientierungspunkte außer den
       Säulenheiligen des Conscious Rap, A Tribe Called Quest und Mos Def, gab es
       wenige.
       
       Madlibs Mut zur Lücke, seine dramatischen Pausen mit wahllos hingeworfenen
       Beat-Clustern erinnerten eher an Musique concrète. Genauso gut hätte er mit
       Stockhausen-Platten scratchen können. Doch den meisten Anwesenden schien es
       ohnehin der Ehre genug, einmal mit ihm im selben Raum zu stehen. Sein
       Auftritt jedenfalls hat den Mythos weiter befeuert. Madlib wird auch
       weiterhin das große Mysterium des HipHops bleiben. Je mehr wir von ihm zu
       sehen kriegen, desto unschärfer wird das Bild.
       
       12 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Busche
       
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