# taz.de -- Mahnwache in Hanau: „Wir stehen zusammen“
> Tausende gedenken der Opfer des rechtsextremen Anschlags. Der
> Bundespräsident appelliert dagegenzuhalten, wenn Einzelnen die Würde
> genommen wird.
IMG Bild: Kranzniederlegung: Bundespräsident Steinmeier und seine Frau vor der Midnight Bar in Hanau
Hanau taz | Ein Mann mit Wollmütze hält ein selbstgemaltes Pappschild hoch.
„Rassismus ist Gift“ steht da und „AfD – Absturz für Deutschland!“
Gemeindemitglieder der Ahmadiyya-Moschee Muslim Jamaat haben ein Banner
mitgebracht. „Liebe für Alle, Hass für keinen“, lautet ihre Botschaft. Es
ist ein trüber Abend in Hanau. Es nieselt leicht aus einer dichten
Wolkendecke. Stadt, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und
Religionsgemeinschaften haben [1][nach dem rechtsextremen Terroranschlag am
Vorabend] zu dieser Mahnwache aufgerufen. Tausende sind gekommen.
Auf dem Marktplatz vor dem historischen Rathaus ist eine Bühne aufgebaut.
Da liegen Blumen, Grablichter sind aufgestellt. Eine „gespenstige Stimmung“
habe die Stadt ergriffen, nach den ersten Meldungen über den rassistisch
motivierten Amoklauf, sagte am Morgen eine Hanauerin, die Blumen am Tatort
Heumarkt ablegen wollte.
Pünktlich um 18 Uhr läuten alle Kirchenglocken. Auf dem Platz leises
Gemurmel, das an eine Beerdigung erinnert.
Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky ist der erste Redner. Er dankt den
vielen, die gekommen sind und nennt es ein großartiges und wichtiges
Zeichen, dass auch der Bundespräsident aus Berlin angereist ist.
„Diese Stunden werden immer [2][zu den schwärzesten dieser Stadt gehören]“,
sagt er an dem Tag, den er zuvor als den „schlimmsten für Hanau seit dem 2.
Weltkrieg“ genannt hatte.
„Das was wir erleben mussten, trifft nicht nur die Opfer, sondern die ganze
Stadtgesellschaft“, sagt Kaminsky. Hanau sei stolz darauf, in seiner
Geschichte immer wieder Menschen, gleich welcher Herkunft oder Religion,
aufgenommen und integriert zu haben. Wer mit wirren Gedanken, mit Rassismus
und Hass unterwegs sei, stoße hier auf entschiedenen Widerstand. „Wir
stellen uns denen als Demokraten entgegen!“, ruft Kaminsky.
Von einem „Tag des Schreckens“ spricht Hessens Ministerpräsident Volker
Bouffier, CDU. Er verneige sich mit Respekt vor den Opfern, sagt er; es sei
wichtig, „dass wir den Angehörigen zeigen, dass sie nicht alleine sind.“
Seine Botschaft gegen Hass, Ausgrenzung und Hetze lautet: „Wir werden denen
nicht weichen, Wir werden keinen Millimeter dieser Demokratie preisgeben!“
## Bundesweites Zeichen der Solidarität
Wie die übrigen Redner hält auch Frank-Walter Steinmeier ein Windlicht in
der Hand. Der Bundespräsident spricht von einem „brutalen Akt
terroristischer Gewalt.“ Dass zeitgleich in 50 deutschen Städten Menschen
zu Mahnwachen zusammengekommen sind, nennt er ein Zeichen der Solidarität.
„Ich stehe an der Seite der Menschen, die von Hass und Gewalt bedroht
sind“, ruft er.
„Wir stehen zusammen, wir wollen zusammen leben und zeigen es immer wieder;
das ist das stärkste Zeichen gegen den Hass,“ so Steinmeier. „Hass und
Hetze“ seien Wegbereiter solcher Taten, fügt er hinzu. „Achten wir auf
unsere Sprache! Halten wir dagegen, wenn Einzelnen die Würde genommen
wird!“, appelliert Steinmeier und bekommt viel Beifall, als er versichert:
„Wir lassen uns nicht einschüchtern!“
Vom Rand kommen vereinzelt schrille Zwischenrufe, doch die dringen auf dem
überfüllten Platz nicht bis zur Mitte durch. Einige skandieren schließlich
doch noch „Nazis raus!“ Doch die meisten Menschen machen sich schweigend
auf den Heimweg.
Auch die Fußballer der Nachbarstadt Frankfurt setzen am Donnerstagabend ein
Zeichen. Zum Europa-Leage Spiel gegen RB Salzburg laufen die Spieler von
Eintracht Frankfurt mit Trauerflor auf. Das Spiel beginnt mit einer
Schweigeminute, im Gedenken an die Opfer des Hanauer Massakers.
20 Feb 2020
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## AUTOREN
DIR Christoph Schmidt-Lunau
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