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       # taz.de -- Manifest von SPD-Altvorderen: Mützenich fordert respektvollere Debatte
       
       > Ex-SPD-Fraktionschef Mützenich zeigt sich irritiert über die harsche
       > Kritik an dem von ihm mitunterzeichneten „Manifest“ zur Außen- und
       > Friedenspolitik.
       
   IMG Bild: Kritisiert den Ton in der Kontroverse um das auch von ihm unterzeichnete „Manifest“: Rolf Mützenich (SPD)
       
       Berlin taz | Der ehemalige SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich
       kritisiert den Ton in der Kontroverse um das auch von ihm unterzeichnete
       „Manifest“ zur Außenpolitik. „Ich würde mir eine ernsthaftere und
       respektvollere Debatte über die Inhalte des Papiers wünschen“, sagte
       Mützenich der Rheinischen Post. Das sei notwendig und auch immer noch
       möglich.
       
       „Manche Vorhaltungen und manche Verkürzungen bis hinein in meine Partei
       haben mich in den vergangenen Tagen aber schon geschmerzt“, sagte der
       SPD-Politiker weiter. Das „Manifest“ sei kein Appell an die Regierung,
       sondern diene als als innerparteilicher Debattenbeitrag. So verlange er
       keine unmittelbaren Schritte. „Aber ich verlange einen respektvollen Umgang
       mit den Unterzeichnern“, sagte Mützenich. Er nenne „ja Befürworter von
       massiver Aufrüstung auch nicht Kriegstreiber“, sondern setze sich mit ihren
       Argumenten auseinander. „Das erwarte ich auch andersrum“, sagte er.
       
       In ihrem [1][am Mittwoch veröffentlichten „Manifest“] mit dem Titel
       „Friedenssicherung in Europa durch Verteidigungsfähigkeit,
       Rüstungskontrolle und Verständigung“ fordern die rund hundert
       Unterzeichner:innen eine Umorientierung der deutschen Außenpolitik.
       „Militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme schaffen nicht
       mehr Sicherheit für Deutschland und Europa, sondern führen zur
       Destabilisierung und zur Verstärkung der wechselseitigen
       Bedrohungswahrnehmung zwischen Nato und Russland“, schreiben sie und warnen
       vor einem Rüstungswettlauf
       
       Zwar seien eine verteidigungsfähige Bundeswehr und eine Stärkung der
       sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit Europas notwendig, heißt es in
       dem Positionspapier weiter. Das müsse „aber in eine Strategie der
       Deeskalation und schrittweisen Vertrauensbildung eingebettet sein“. Um eine
       möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine zu
       erreichen, bräuchte es „eine Intensivierung der diplomatischen
       Anstrengungen aller europäischen Staaten“, heißt es in dem Papier, das
       unter anderem Ex-Parteichef Nobert Walter-Borjans, Ex-Finanzminister Hans
       Eichel, der frühere Bremer Bürgermeister Carsten Sieling sowie die
       Bundestagsabgeordneten Sanae Abdi, Nina Scheer und Maja Wallstein
       unterzeichnet haben.
       
       ## SPD-Spitze geht auf Distanz
       
       Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius wirft seinen
       Parteifreund:innen „Realitätsverweigerung“ vor. „Putin verweigert jede
       Friedensverhandlung“, sagte er am Donnerstagabend in der [2][ZDF-Sendung
       „maybrit illner“]. Den Menschen jetzt zu sagen, Europa müsse auf Russland
       zugehen und Europa müsse diplomatische Lösungen finden, die Putin
       konsequent ausschlage, wäre ein aussichtsloses Unterfangen. „Wie man sich
       in dieser Phase eine engere Zusammenarbeit mit Russland auch nur vorstellen
       kann, ist völlig befremdlich“, kritisierte Pistorius.
       
       Auch Parteichef Lars Klingbeil ging auf Distanz zu dem „Manifest“. „Ich
       habe eine andere Meinung“, sagte er am Donnerstag in Berlin. Russland sorge
       für unfassbares Leid in der Ukraine und dafür, dass dort jeden Tag Menschen
       sterben. Wladimir Putin könnte den Krieg sofort beenden. „Er tut es aber
       nicht.“ Es habe zuletzt viele diplomatische Bemühungen gegeben, den
       Ukraine-Krieg zu beenden, der russische Präsident lasse sich darauf aber
       nicht ein. Klingbeil betone, mit ihm werde es „keine Kehrtwende“ in der
       Politik der SPD und der Bundesregierung geben.
       
       „Manifest“-Mitunterzeichner Ralf Stegner rief dazu auf, beim SPD-Parteitag
       Ende Juni eine Debatte über den Kurs seiner Partei in der Friedenspolitik
       zu führen. „Wenn wir als SPD nicht Richtung zehn Prozent rutschen wollen,
       müssen wir darüber diskutieren, wie wir uns für Frieden und Abrüstung
       einsetzen“, sagte der Bundestagsabgeordnete den Funke-Zeitungen vom
       Freitag.
       
       ## Gysi schlägt gemeinsame Konferenz vor
       
       Harsche Kritik kommt aus den Reihen der Grünen, der CDU und der FDP.
       „Einmal mehr verschließen die immer gleichen Herren die Augen vor der
       brutalen Realität in der Ukraine & den sehr offensichtlichen
       Sabotageversuchen der Istanbuler Gespräche durch den Kreml“, schrieb die
       Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger auf „X“. Noch heftiger teilte dort
       ihr Fraktionskollege Robin Wagener aus: „Antiamerikanismus und
       Überforderung mit Veränderung, führt zu Flucht in die Hoffnung auf
       Freundschaft und Stabilität mit Diktatoren.“
       
       Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke bescheinigte seinen früheren
       Parteifreund:innen: „In Sachen Russland muss man hier eine Lernkurve wie
       bei einem Hirntoten feststellen.“ Die Naivität der
       „Manifest“-Unterzeichner:innen „gefährdet unsere Sicherheit“, twitterte das
       frühere SPD-Mitglied. Die FDP-Europaabgeordnete Agnes Strack-Zimmermann
       bezeichnete Mützenich und Stegner auf „X“ als „die Ewiggestrigen der
       deutschen Sicherheits- und Außenpolitiker“. Ihr „Manifest“ sei ein
       „realitätsverweigerndes Pamphlet voller fataler Fehleinschätzungen, Kotau
       vor einem Kriegsverbrecher und Verhöhnung der Opfer“.
       
       Aus der Linkspartei kommen hingegen positivere Worte. „Dieses SPD-Manifest
       sagt: Irgendwann werden die Waffen schweigen, dann müssen wir langsam
       anfangen, wieder Vertrauen aufzubauen“, sagte Linken-Parteichef Jan van
       Aken am Donnerstagabend in der [3][ZDF-Sendung „Lanz“]. Dass
       vertrauensbildende Maßnahmen „jetzt noch gar nicht denkbar“ seien, wisse
       „ein Mützenich von der SPD genauso wie ich“. Aber darüber nicht
       nachzudenken, würde bedeuten, „die Zukunft zu verschenken – und das dürfen
       wir auch nicht tun“, sagte van Aken. „Wenn unsere Kinder hier in 50 Jahren
       zusammensitzen, dann ist Russland immer noch unser Nachbar.“
       
       Er stelle fest, dass es „eine SPD-Minderheit gibt, die unseren
       Vorstellungen doch recht nahe steht“, sagte der Linken-Altvordere Gregor
       Gysi am Freitag. Der Berliner Bundestagsabgeordnete schlägt den
       „Manifest“-Verfasser:innen eine gemeinsame Konferenz vor. Auf der könnte
       überparteilich und mit Diplomat:innen sowie Wissenschaftler:innen
       über Ansätze zur Entspannungs- und Friedenspolitik im 21. Jahrhundert
       beraten werden. „In Zeiten wie diesen ist das bitter nötig“, sagte Gysi.
       
       13 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hohe-Verteidigungsausgaben/!6090283
   DIR [2] https://www.zdfheute.de/politik/ausland/illner-pistorius-spd-manifest-ukraine-krieg-russland-100.html
   DIR [3] https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/lanz-van-aken-spd-manifest-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
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       beschäftigen.