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       # taz.de -- Mara-Fluss in Ostafrika: Auf dem Trockenen
       
       > Das Mara-Flussbecken in Kenia und Tansania trocknet immer häufiger aus.
       > Vor allem die Frauen der Maasai sollen nun Wasserschützerinnen werden.
       
   IMG Bild: Der Fluss beginnt in Kenia und mündet in Tansania in den Victoria-See
       
       Narok taz | Der Name des Mara-Flusses ist nur wenigen bekannt, aber gesehen
       haben ihn schon viele. Er liegt für anderthalb Millionen Gnus auf dem Weg
       bei der Suche nach Wasser und Futter auf ihrer saisonalen Wanderung
       zwischen den Nationalparks Serengeti in Tansania und [1][Maasai Mara in
       Kenia]. Das Mara-Flussbecken ist außerdem wichtig für etwa eine Million
       Bauern und Hirten, die von dem Wasser des Flusses und seinen Nebenflüssen
       abhängig sind.
       
       „Eine zu große Belastung für das Flussbecken“ nennt das Risa Kosen, ein
       Maasai-Umweltschutzaktivist im Städtchen Narok, durch das der
       Enkare-Narok-Fluss fließt, ein Zubringer des Mara. Bei der Brücke über den
       Fluss ist zu sehen, wie Abfall drin schwimmt und illegal Wasser abgepumpt
       wird.
       
       Das Problem mit dem Mara beginnt bei seinen Quellen im Mau-Wald, auf 3.000
       Meter Höhe eines der wichtigsten Wasserquellgebiete in Kenia. Im Wald
       existieren [2][illegale Siedlungen], wo Bauern mittlerweile riesige Stücke
       Wald abgeholzt haben. Diese Siedler werden zwar oft mit harter Hand
       entfernt, kehren aber meistens schnell wieder zurück. „Mit immer weniger
       Wald bekommt das Mau-Hochland auch immer weniger Regen, und besonders in
       Dürrezeiten trocknen die Flüsse stromabwärts beinahe oder völlig aus“, sagt
       Kosen.
       
       Als Kenia 1963 unabhängig wurde, war der Mara noch ein beständiger Fluss,
       der das ganze Jahr Wasser führte. In den letzten Jahren wurde das Wasser
       immer weniger. 2019 war der Mara einige Zeit vollkommen ausgetrocknet – nur
       um Anfang 2020 über die Ufer zu treten, während einer außergewöhnlich
       heftigen Regenzeit.
       
       ## Chemie und Kot im Flusswasser
       
       Ein weiteres Problem ist die Wasserverschmutzung. „Viele Menschen, die im
       Einzugsgebiet des Flusses leben, haben kein [3][fließendes Wasser aus dem
       Hahn]“, sagt Kosen und seufzt. „Sie sind angewiesen auf das Wasser im Mara
       oder den Nebenflüssen, um sich selbst zu waschen oder ihre Kleider, wofür
       sie chemische Waschmittel benutzen. Menschen und Tiere hinterlassen ihren
       Kot am Uferrand. Bauern benutzen chemische Insektenvernichtungsmittel, die
       bei Regen ins Wasser fließen. Einige Hotels in den Nationalparks leiten
       ihre Abwässer in die Flüsse.“
       
       Risa Kosen studierte Wirtschaftswissenschaften. Der 39-Jährige
       konzentrierte sich vor zehn Jahren auf Umweltthemen, als er während einer
       Dürre im Kral seines Vaters sah, wie die Kühe nacheinander an Hunger und
       Durst starben. Dürrezeiten gibt es in Kenia immer häufiger und sie halten
       auch länger an als früher. Seitdem setzt er sich für den Schutz des
       Mara-Flussbeckens ein.
       
       Kosen streitet sich oft darüber mit anderen Maasai. Er findet, sie haben zu
       viele Tiere. Der Reichtum eines Maasai wird gemessen an der Größe seiner
       Viehherden, es gibt sogar Herden von 2.000 Tieren. „Wahnsinn in dieser
       Zeit“, findet der Aktivist. „Es gibt zu wenig Wasser und Gras und dazu
       tragen solche Herden bei.“ Nach offiziellen Angaben gibt es in Kenia über
       18 Millionen Rinder, ebenso viele Schafe, sowie 28 Millionen Ziegen.
       
       Der Mara-Flusslauf ist 395 Kilometer lang. Er beginnt in Kenia und
       überquert schließlich bei den Nationalparks die Grenze zu Tansania, wo er
       [4][in den Victoriasee fließt]. „Der Fluss wird hier in Kenia immer
       dreckiger und zu viel genutzt und fließt dann weiter zu unseren Brüdern,
       den Maasai in Tansania. Das Wasser verbindet uns, aber in diesem Fall auf
       negative Weise“, meint Kosen. Er findet das die [5][Regierungen beider
       Länder im Flussmanagement zusammenarbeiten] sollten.
       
       ## „Gemeinsam Lösungen finden“
       
       Für einen grenzüberschreitenden Wasserzuteilungsplan und einen
       Wasservertrag sammeln Wissenschaftler seit 2015 Daten über den Mara-Fluss.
       Mit 6 Millionen Euro unterstützt Deutschlands Bundesumweltministerium
       dieses Projekt, das die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
       (GIZ) durchführt und das bis März 2021 läuft.
       
       Der Mara-Flussbecken geht aber nicht nur Kenia und Tansania etwas an, denn
       als Zubringer des Victoriasees hängt er auch mit dem Nil zusammen. „Wir
       sind ökologisch mit einer ganzen Reihe von Ländern verbunden. Wir müssen
       nicht nur an uns selbst denken, sondern weltweit und gemeinsam Lösungen
       finden, wie wir mit Wasser umgehen“, sagt Nelson ole Reiyia (46), Initiator
       des Nashulai-Naturschutzgebiets im Mara-Flussbecken.
       
       In Nashulai leben Hirten mit ihrem Vieh und wilden Tieren nebeneinander. Es
       ist das erste Naturschutzgebiet, das von der örtlichen Maasai-Gemeinschaft
       verwaltet wird. „Wir sind hier nur ein kleiner Teil des Flussbeckens, aber
       die Gesundheit unseres Ökosystems ist eng verbunden mit dem Rest der Welt.“
       
       Reiyia organisiert Unterricht für Maasai über Umwelt und vor allem über
       Wasser. „Dabei behalten wir die Maasai-Kultur im Auge. Frauen sind die
       traditionellen Wasserholer. Wir klären sie auf, so dass sie auch zu
       Wasserschützern werden.“
       
       An den Ufern der kleinen Flüsse, die durch Nashulai fließen, ist viel
       Vegetation verschwunden – die Menschen sind arm und brauchen Feuerholz.
       Reiyia hat die örtliche Jugend eingesetzt, um einheimische Bäume zu
       pflanzen. Er erklärt: „Wasserschutz und Naturschutz – das hat alles mit
       Menschen zu tun. Wir müssen nicht nur ein Problem lösen, sondern ein
       Netzwerk von Herausforderungen.“
       
       16 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ilona Eveleens
       
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