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       # taz.de -- Maschinenraum der Sicherheitskonferenz: Macher, Männer, Netzwerker
       
       > Benedikt Franke, CEO und Vize-Vorsitzender der Münchner
       > Sicherheitskonferenz, war bislang die Eminenz im Hintergrund. Jetzt tritt
       > er ins Rampenlicht.
       
   IMG Bild: Irgendjemand muss ja dafür Sorgen das der Teppich auch wirklich ausgerollt wird
       
       München taz | Die Gegend um den Bayerischen Hof in München ist seit
       Donnerstag eine Art exterritoriale Sonderzone, die die Münchner temporär an
       die Welt abtreten. US-Vize-Präsident J.D. Vance reist an, Bundeskanzler
       Olaf Scholz ist da, zahlreiche Regierungschefs und -chefinnen,
       Ministerinnen, Politiker, Militärs, Lobbyisten, dazu Abgesandte von
       internationalen Organisationen, Nato, UN, Weltbank, EU, NGOs.
       
       Sie alle fallen in München wie ein globaler Schwarm ein, [1][um die
       geopolitische Lage zu sortieren], Ukraine, Gaza, Grönland, Zollstreit
       undsoweiterundsofort; oder um Deals der einen oder anderen Art zu machen.
       Nur: irgendwer muss diesen Schwarm zu einem sinnigen Programm kombinieren
       und ihn in die vielen Hinterzimmer lenken. Dieser Mann heißt Benedikt
       Franke.
       
       Man könnte Franke, der ein Buch über Diplomatie als Kunst und Handwerk
       mitherausgegeben hat, selbst als eine Mischung aus Künstler und Handwerker
       der Diplomatie bezeichnen. Der CEO der Münchner Sicherheitskonferenz, die
       am Freitag eröffnet wird, ist zugleich ihr Vize-Vorsitzender. Der CEO, das
       ist der Handwerker, er führt das Tagesgeschäft.
       
       Und der Vize-Vorsitzende parliert derweil inmitten der Staatschefs, als
       habe er selbst eine demokratische Legitimation. Überraschend, nicht zuletzt
       für ihn selbst, wird Franke in diesem Jahr die zweite Seite in sich stärker
       betonen müssen, die, die ihm eher die zweitliebste ist. Denn sein Chef, der
       Vorsitzende der MSC, ist ihm gerade abhanden gekommen. Plötzlich steht
       Franke mit im Fokus.
       
       Wenn am Sonntag der Schwarm wieder ausgeflogen ist, wenn wieder Stille in
       die Säle, Flure und die Hinterzimmer eingekehrt sein wird, dann wechselt
       der Vorsitz der MSC. [2][Botschafter Christoph Heusgen übergibt die Leitung
       an Jens Stoltenberg], der bis 2024 Nato-Generalsekretär war. Es ist aber
       nicht nur Heusgen, der abhanden kommen wird. Bevor Jens Stoltenberg seinen
       Job überhaupt angetreten hat, ist er Anfang Februar einem Ruf aus Norwegen
       gefolgt und wirkt bis (voraussichtlich) September als Finanzminister im
       Kabinett in Oslo.
       
       Für die Bundesregierung, die die MSC traditionell beaufsichtigt, ist das
       irgendwas zwischen Schmach und Desaster, es sieht so aus, als habe das
       Kanzleramt den unglücklich agierenden Heusgen unter anderem wegen dessen
       Israelkritik abserviert – um dann selbst vom Nachfolger abserviert zu
       werden.
       
       ## Ein begnadeter Netzwerker und das Kickerturnier
       
       Damit rückt nun der Mann in den Blick, der bislang die Eminenz im
       Hintergrund gewesen ist, der aber maßgeblich beteiligt ist an der
       internationalen Strahlkraft und der Weiterentwicklung der Konferenz in den
       vergangenen Jahren. Fluchtbewegungen, Ernährungssicherheit, feministische
       Perspektiven und klimapolitische Sicherheitsfragen, all das gehört
       inzwischen zum Programm der einstigen Militärtagung.
       
       Denn die fortschrittlicheren Kräfte in Politik und Militär haben
       verstanden, dass Sicherheit komplexer ist als die Gegenüberstellung von
       Armeen und Gerät und dass nicht immer nur weiße Männer auf jeder Bühne
       dominieren müssen. Wobei sich angesichts der Weltlage der Schwerpunkt der
       Konferenz wieder mehr in Richtung Krieg und Frieden verschiebt, wohin genau
       (Krieg oder Frieden) ist noch nicht ausgemacht und wird maßgeblich von den
       Gästen aus Washington abhängen, die für ein paar Stunden einschweben.
       
       Franke, im früheren Leben Strategieberater der CSU und davor persönlicher
       Referent des ehemaligen Generalsekretärs der UN, Kofi Annan, sei ein
       „begnadeter Netzwerker“, sagen Freunde und Kollegen, kein Mann, der die
       Kameras sucht. Und das soll trotz der gewachsenen Bedeutung vorerst auch so
       bleiben. „Ich werde sicher nicht in die Öffentlichkeit drängen, sondern
       weiter im Hintergrund dafür sorgen, dass der Maschinenraum der MSC
       funktioniert.“
       
       Für Stoltenberg, den Noch-nicht-da-und-schon-wieder-weg-Chef der
       Sicherheitskonferenz, wird ein Büro in Oslo eingerichtet, wo er neben
       seinem Hautberuf gelegentlich vorbeischauen wird. Und da Stoltenberg der
       erste nicht-deutsche MSC-Vorsitzende ist, stellt Franke die Arbeitssprache
       auf Englisch um.
       
       Was auf der MSC traditionell bestens funktioniert, Putin hin, Trump her,
       ist das abendliche Kicker-Turnier am Rand der Konferenz, bei dem schon mal
       John Kerry mitgekickert hat, als er noch US-Außenminister war.
       Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt ist verlässlich dabei, der laut
       Beobachtern eine harte Verteidigung spielt.
       
       Auf die Frage, ob der mehrmalige Turnier-Sieger Schmidt besser kickert als
       er Politik macht, antwortet Franke diplomatisch: „Wolfgang Schmidt ist ein
       hervorragender Kicker-Spieler und weiß solche informellen Formate auch sehr
       gut für seine eigentlichen Aufgaben zu nutzen.“ Man könnte auch sagen: So
       ist die MSC, Macher, Männer und Netzwerker unter sich.
       
       13 Feb 2025
       
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   DIR Barbara Junge
       
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