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       # taz.de -- Massaker in Ostkongo: Mit Messern und Macheten
       
       > Über 40 Menschen werden im Ostkongo von der islamistischen ADF ermordet.
       > Sie gilt als brutalste der vor Ort operierenden Milizen.
       
   IMG Bild: In dem kleinen Ort Mukondi wurde 38 Menschen brutal ermordert
       
       Kampala taz | Sie seien nachts heimlich ins Dorf gekommen und hätten die
       Bewohner mit Messern und Macheten abgeschlachtet, berichtet Arsène Mumbere,
       Chef der Zivilgesellschaft des kleinen Ortes Mukondi im Bezirk Beni im
       Osten der Demokratischen Republik Kongo, gegenüber der Nachrichtenagentur
       afp. In Mukondi selbst seien 38 Menschen ermordet worden, im Nachbarort
       Mausa weitere acht. Der Bürgermeister der beiden Dörfer, Kalunga Meso,
       bestätigt gegenüber afp diese Todeszahlen. Als Täter nennen sie die
       ugandischen, islamistischen Rebellen der [1][ADF (Vereinigte Demokratische
       Kräfte)].
       
       Fast täglich machen derzeit Nachrichten aus dem Ostkongo weltweite
       Schlagzeilen. Doch während sich die aktuelle Berichterstattung vor allem
       auf den Eroberungsfeldzug der Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März)
       konzentriert, die täglich mehr Territorium einnehmen und die
       [2][Millionenstadt Goma in der Provinz Nordkivu nun komplett eingekesselt]
       haben, sind die grausamen Massaker der ADF-Rebellen weiter nördlich in der
       Region rund um die Handelsstadt Beni in Nordkivu in den Hintergrund
       gerückt. Dennoch vergeht kaum eine Woche, in der die ugandische Miliz sich
       nicht brutal an der kongolesischen Bevölkerung rächt.
       
       Seit über einem Jahr jagen ugandische und kongolesische Soldaten nun die
       ADF-Rebellen mit gemeinsamen Militäroperationen im Ostkongo. Mit Hilfe von
       [3][Luftangriffen und gezielten Spezialoperationen] im Dschungel und im
       Ruwenzori-Gebirge, das Uganda vom Kongo trennt, wo sich die ADF-Kämpfer
       seit 2007 verschanzt haben, ist es ihnen zu Beginn gelungen, die
       Hauptquartiere und Unterkünfte der ADF auszuheben. Die Kämpfer und deren
       Kommandeure stoben in alle Himmelsrichtungen davon. Doch wie so oft bei
       solchen Operationen im Kongo hinterlassen die aufgescheuchten Rebellen auf
       ihrer Flucht eine grausame Blutspur der blinden Gewalt.
       
       Zivilisten – darunter Frauen und Kinder – in ihren Betten mitten in der
       Nacht abzustechen, spricht für die Handschrift der ADF als Botschaft der
       gezielten, öffentlichen Rache, die es in die Schlagzeilen schaffen soll.
       
       ## Eine blutige Botschaft an die USA?
       
       Womöglich kann es als eine blutige Antwort auf die Erklärung der
       US-Botschaft in Kongos Hauptstadt Kinshasa verstanden werden. Diese hat
       vergangene Woche bekannt gegeben, dass die US-Regierung fünf Millionen
       US-Dollar auszahlen wird „für alle Informationen, die zur Identifizierung
       oder zum Aufenthaltsort des Anführers“ der ADF-Miliz, Seka Musa Baluku,
       führen könnten.
       
       Als Erläuterung wird aufgeführt: „Unter dem Kommando von Baluku verfolgt,
       tötet, verstümmelt, vergewaltigt und begeht diese Organisation weiterhin
       auch Akte sexueller Gewalt und entführt Zivilisten, darunter auch Kinder“,
       so die Erklärung. Die Gruppe rekrutiere und benutze Kinder bei Angriffen
       und zwinge sie zur Zwangsarbeit.
       
       Bereits im Jahr 2021 hat die US-Regierung die ADF als weltweite
       Terrororganisation gelistet und schickte US-amerikanische
       „Anti-Terror-Experten“ in den Kongo, um der kongolesischen Armee beratend
       zur Seite zu stehen. Das war kurz nach den Selbstmordbomben in Ugandas
       Hauptstadt Kampala im November 2021, als mutmaßliche ADF-Anhänger
       [4][Sprengsätze vor dem Polizeihauptquartier und dem Parlamentsgebäude]
       zündeten und insgesamt vier Menschen töteten. Die internationale
       Terrororganisation Islamische Staat (IS) bekannte sich zu diesen
       Anschlägen, wie bereits zu einigen vorherigen Attacken in Uganda und Kongo.
       
       Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde nun ersichtlich, dass sich die einst
       ugandische Miliz ADF, die sich in den 1990er Jahren aus verschiedenen
       muslimischen Gruppierungen zusammen gefunden hatte, mit dem international
       agierenden IS zusammengetan hatte. Die ADF zählt seit vielen Jahren unter
       den hunderten Milizen im Kongo als die brutalste. Allein im Jahr 2020 hat
       sie über 800 Menschen brutal ermordet. Bei der jüngsten Attacke im Januar
       zündete mutmaßlich die ADF einen [5][Sprengsatz in einer vollbesetzten
       Kirche im Ostkongo], tötete mindestens 14 Menschen und verletzte weitere
       60.
       
       In Anbetracht der täglichen Gewalt im Ostkongo ist am Mittwoch eine
       Delegation des UN-Sicherheitsrates in den Kongo gereist. Sie besucht in
       diesen Tagen die von den M23 eingekesselte Millionenstadt Goma. Im Vorfeld
       des Besuches wurde versucht, mit den M23 und der kongolesischen Armee einen
       Waffenstillstand zu vereinbaren, der letztlich nie zustande kam. Dass
       dieses Massaker im Kontext des UN-Besuchs aus New York geschieht, ist
       ebenso wahrscheinlich.
       
       10 Mar 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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