# taz.de -- Massenproteste in Brasilien: „Nein zum Banditen-Gesetz“
> Zehntausende gehen gegen Gesetze auf die Straße, die auf Bolsonaro und
> seine Anhänger zugeschnitten sind. Lula kündigt sein Veto gegen die
> Gesetze an.
IMG Bild: Die Demonstrationen zeigen, dass das Volk weder Straflosigkeit, noch Amnestie will
Salvador de Bahia taz | „Nein zum Banditen-Gesetz!“, riefen Zigtausende
Demonstrant*innen am Sonntag in mehr als 30 Städten Brasiliens. Sie
gaben damit eine eindeutige Antwort auf die Gesetzesvorlage PEC 3/2021, die
Abgeordneten eine weitreichende Immunität verleihen soll.
Linke Parteien wie die Arbeiterpartei PT und die PSOL, die
[1][Landlosenbewegung] MST und zivilgesellschaftliche Organisationen hatten
zu den Demonstrationen aufgerufen. Künstler unterstützten die Proteste. In
Rio de Janeiro spielten die Sänger Gilberto Gil, Caetano Veloso und Chico
Buarquees ein Megakonzert am Strand der Copacabana. „Die Demokratie
widersteht“, rief Caetano Veloso der Menge zu.
Die sogenannte „Panzer“-Gesetzesvorlage sieht vor, dass Abgeordnete auf
Bundes- und Länderebene und sogar nicht demokratisch gewählte
Parteivorsitzende nur dann für Straftaten zur Verantwortung gezogen werden
können, wenn der Kongress zuvor einer Verfahrenseröffnung vor dem obersten
Bundesgericht in geheimer Abstimmung und mit absoluter Mehrheit zustimmt.
„Das ist, als ob beim Fußball der Schiedsrichter einen Spieler vom Feld
ruft und dann dessen Mannschaft darüber entscheidet, ob der Spieler
wirklich gehen muss“, erklärte ein Redner beim Protestakt in Itacaré im
Bundesstaat Bahia.
## Ein Freibrief für kriminelle Handlungen
Das von rechten Parteien dominierte Unterhaus hatte dem Gesetz am
vergangenen Dienstag in einer zweiten und geheimen Abstimmung zugestimmt.
Mehrere Abgeordnete gaben in den sozialen Medien an, sie hätten vor der
Abstimmung Drohungen erhalten.
Die Befürworter sehen in dem Gesetz eine Maßnahme gegen den angeblichen
„Machtmissbrauch des obersten Bundesgerichts“. Damit folgen sie der
[2][Argumentation von Bolsonaro-Anhängern, die den Prozess gegen den
Ex-Präsidenten als „Hexenjagd“ bezeichnen]. Kritiker sehen in dem Gesetz
einen krassen Rückschritt.
Zwischen 1988 und 2001 hatte bereits ein ähnliches Gesetz gegolten, das
faktisch eine Strafverfolgung von Abgeordneten verhindert hatte. Besonderes
Aufsehen erregte damals der Fall eines Politikers, der tödliche Schüsse auf
einen politischen Gegner abgegeben hatte, aber nicht prozessiert werde
konnte. Im Jahr 2001 hob der Kongress das Gesetz auf.
Durch die jetzige Gesetzesvorlage bekämen Abgeordnete erneut einen
Freibrief für kriminelle Handlungen, sagte Justizminister Ricardo
Lewandowsky. Er warnte außerdem, mit dem Gesetz könne das organisierte
Verbrechen in den Kongress einziehen. Am Mittwoch soll der Senat
abschließend entscheiden. Der Senatsvorsitzende, Otto Alencar, sagte, er
werde dafür sorgen, dass das Gesetz „zu Grabe getragen“ würde.
## Vaterunser für das Amnestiegesetz
Die Proteste vom Sonntag galten außerdem dem Gesetzesentwurf zur Amnestie,
von dem vor allem der [3][kürzlich zu einer Haftstrafe von mehr als 27
Jahren verurteilte ehemalige Präsident Jair Bolsonaro] profitieren könnte.
Die Amnestie soll für Beteiligte an politischen Demonstrationen gelten, die
zwischen dem 30. Oktober 2022 und dem Datum der Verabschiedung des Gesetzes
gelten, also auch für diejenigen, die am Putschversuch vom 8. Januar 2023
beteiligt waren.
Bolsonaro-Anhänger unter den Abgeordneten beteten am vergangenen Mittwoch
ein Vaterunser, nachdem der Kongress einem Eilverfahren über den Vorschlag
zugestimmt hatte. Präsident Lula kündigte an, er werde das Amnestiegesetz
notfalls mit seinem Veto blockieren. „Die Demonstrationen zeigen, dass das
Volk weder Straflosigkeit, noch Amnestie will“, schrieb er auf Instagram.
22 Sep 2025
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## AUTOREN
DIR Christine Wollowski
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