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       # taz.de -- Maßnahmen gegen Coronavirus: Keine Schule, keine Küsse
       
       > Italien schließt alle Schulen und Universitäten und warnt vor zu viel
       > menschlicher Nähe. Das deutsche Hotelgewerbe sorgt sich um den Umsatz.
       
   IMG Bild: Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus, hier in der Regionalbahn am Bahnhof Milano Porta GaribaldiDesinfektionsmittel
       
       PEKING/BERLIN dpa/reuters/afp | Wegen der Ausbreitung des neuartigen
       Coronavirus bleiben in Italien bis zum 15. März alle Schulen und
       Hochschulen geschlossen. Das [1][innerhalb der EU am stärksten betroffene
       Land] reagiert damit auf die Epidemie von Sars-CoV-2. Auch Theater und
       Kinos werden geschlossen.
       
       Das geht aus einem entsprechenden Dekret hervor, das Ministerpräsident
       Giuseppe Conte am späten Mittwochabend unterzeichnete. Bisher waren vor
       allem in Norditalien die Schulen geschlossen, weil das Virus dort besonders
       umgeht. In dem Land haben sich bisher rund 3100 Menschen mit Sars-CoV-2
       infiziert, 107 starben an der durch den Erreger verursachten Krankheit
       Covid-19.
       
       Die Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz hält ein
       vergleichbares Vorgehen hierzulande nicht für nötig. Auch eine Verschiebung
       der Ferientermine sei kein Thema, sagte Stefanie Hubig der „Neuen
       Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag).
       
       In Teilen Griechenlands sollen Schulen zumindest vorübergehend geschlossen
       werden. Das Gesundheitsministerium kündigte am Mittwochabend
       Sofortmaßnahmen für zwei Regionen auf der Halbinsel Peloponnes sowie die
       Insel Zakynthos an. Für 48 Stunden sollen Schulen, Theater, Kinos und
       archäologische Stätten dort geschlossen bleiben. Grund ist eine griechische
       Reisegruppe – die 56 Touristen hatten Israel und Ägypten besucht, nach
       ihrer Rückkehr war ein 66 Jahre alter Teilnehmer an Covid-19 erkrankt.
       
       ## Keine Küsse mehr wegen Coronavirus
       
       Italiens Regierungschef rief die Menschen dazu auf, Distanz von mindestens
       einem Meter zu halten, auf Umarmungen und Küsschen zu verzichten. „Wir sind
       ein starkes Land. Ein Land, das nicht aufgibt“, sagte er in einer
       Videobotschaft. „Wir sitzen alle im gleichen Boot.“ Die allermeisten
       Menschen würden wieder genesen.
       
       Der Grund für drastische Maßnahmen wie Schulschließungen sei, die
       Versorgung aller Patienten in Kliniken zu garantieren. Wenn die Zahl der
       Ansteckungen rapide steige, könne eine Versorgung derer, die
       Intensivmedizin benötigten, nicht gewährleistet werden. Nicht nur Schulen,
       Kindergärten und Universitäten werden geschlossen. Auch
       Sportveranstaltungen jeder Art, darunter Fußballspiele der Ersten Liga,
       müssen ohne Publikum ausgetragen werden.
       
       In China sind der Lungenkrankheit Covid-19 weitere 31 Menschen zum Opfer
       gefallen. Wie die Pekinger Gesundheitskommission am Donnerstag mitteilte,
       wurden alle neuen Opfer in der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei
       registriert, wo das neuartige Coronavirus ursprünglich in der
       Millionenmetropole Wuhan ausgebrochen war. Zudem kamen 139 neu bestätigte
       Infektionen mit dem Erreger hinzu.
       
       Mehr als 3.000 Menschen sind auf dem chinesischen Festland bislang an dem
       Virus gestorben. Von insgesamt 80.409 Infizierten wurden nach offiziellen
       Angaben bislang 52.045 geheilt. Weltweit sind mittlerweile über Infektionen
       bestätigt.
       
       ## Höhepunkt noch nicht erreicht
       
       In Deutschland setzt die Politik weiter auf eine Eindämmung der Erkrankung.
       Man müsse sich auf weiter steigende Fallzahlen einstellen, betonte
       Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. „Der Höhepunkt der Ausbreitung ist
       noch nicht erreicht.“ Der Erreger Sars-CoV-2 ist mittlerweile in allen
       Bundesländern außer in Sachsen-Anhalt nachgewiesen worden. Bis
       Mittwochnachmittag zählte das Robert Koch-Institut (RKI) 262 nachgewiesene
       Infektionen.
       
       Der Bund will nun unter anderem ergänzend zu anderen Beteiligten
       Schutzkleidung zentral für Arztpraxen, Krankenhäuser und Bundesbehörden
       beschaffen, wie nach Beratungen des Krisenstabs der Regierung mitgeteilt
       wurde. Der Export medizinischer Schutzausrüstung ins Ausland wird auf
       Anordnung des Wirtschaftsministeriums verboten.
       
       Für weitere Krisenmaßnahmen will die Bundesregierung bis zu 325 Millionen
       Euro bereitstellen. Über entsprechende außerplanmäßige Ausgaben wurde nach
       Angaben des Bundestags am Mittwoch der Haushaltsausschuss informiert. Davon
       sollen demnach bis zu 250 Millionen Euro zum Beschaffen von
       Schutzausrüstung dienen und bis zu 25 Millionen Euro für Informations- und
       Aufklärungsmaßnahmen. Wie schon bekannt, will Deutschland zudem die
       Weltgesundheitsorganisation mit 50 Millionen Euro unterstützen.
       
       Einige betroffene Länder, die bislang weitgehend allein gegen die
       Ausbreitung des Coronavirus ankämpften, kündigten an, ihre Kräfte bündeln
       zu wollen. Am Mittwoch verständigte sich Frankreichs Staatschef Emmanuel
       Macron mit US-Präsident Donald Trump und dem britischen Premier Boris
       Johnson über ein gemeinsames Vorgehen gegen die Coronavirus-Epidemie.
       
       ## Coronavirus führt zu Insolvenz
       
       Macron hatte am Abend getwittert, es gebe die Bereitschaft, die
       „wissenschaftliche, gesundheitliche und wirtschaftliche Antwort“ auf das
       Virus im Rahmen der G7-Präsidentschaft der USA aufeinander abzustimmen.
       Macron wollte nach Medienberichten am Donnerstag rund 30 Ärzte,
       Wissenschaftler und Laborleiter für ein Gespräch empfangen.
       
       Auch Großbritanniens Premierminister Johnson und Macron hätten vereinbart,
       gemeinsam an einer internationalen Reaktion zur Bekämpfung der Ausbreitung
       von Sars-CoV-2 zu arbeiten, teilte die Downing Street mit. Die britische
       Regionalfluggesellschaft Flybe hat Insolvenz angemeldet. Die bereits
       angeschlagene Fluggesellschaft konnte dem durch das Coronavirus
       verursachten Rückgang der Reisenachfrage nicht länger standhalten. „Alle
       Flüge bleiben am Boden und das Geschäft ist mit sofortiger Wirkung
       eingestellt“, erklärt die Fluggesellschaft.
       
       Israel hat aus Sorge vor einer Covid-19-Ausbreitung neue
       Einreisebestimmungen verhängt. Touristen aus Deutschland, Österreich, der
       Schweiz, Frankreich und Spanien dürften nicht mehr einreisen, berichtete
       der israelische Rundfunk am Mittwoch.
       
       Unterdessen werden weitere Großveranstaltungen abgesagt. So verschieben die
       Veranstalter der Hannover Messe die weltgrößte Industrieschau. Das
       Branchentreffen mit rund 6.000 Ausstellern, das im April geplant war, wurde
       auf den 13. bis 17. Juli verschoben. Nach der Buchmesse in Leipzig wurde
       auch die Londoner Buchmesse wegen des Coronavirus-Ausbruchs abgesagt.
       
       In Frankreich sagten die Veranstalter die Fernseh-Fachmesse MIPTV ab, die
       von Ende März bis Anfang April in Cannes geplant war. Der dazugehörige
       Wettbewerb CannesSeries werde auf Oktober verschoben, hieß es in einer
       Mitteilung auf Twitter.
       
       ## Gewerbe fordert Staatshilfen
       
       Das deutsche Gastronomie- und Hotelgewerbe [2][fordert staatliche Hilfen
       wegen starker Geschäftseinbußen]. Von den Absagen von Großveranstaltungen
       und Messen seien Hotels, Eventcaterer und Gastronomiebetriebe „massiv
       betroffen“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und
       Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, den Zeitungen der Funke
       Mediengruppe (Donnerstagsausgaben). Es dürfe nicht zugelassen werden, „dass
       Existenzen vernichtet werden“.
       
       [3][Von der Ausbreitung des Coronavirus] seien Firmen des Gastronomie- und
       Hotelgewerbes vor allem in den Messestädten betroffen, sagte Hartges. Aber
       auch Hotels und Gastronomiebetriebe in kleineren und mittleren Städten
       beklagten zunehmend Stornierungen von Firmenveranstaltungen. Zudem fehlten
       Neubuchungen von Geschäftsreisenden. Die private Nachfrage sei hingegen –
       mit Ausnahmen in stark betroffenen Regionen – vergleichsweise stabil.
       
       5 Mar 2020
       
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