# taz.de -- Mehr Transparenz bei Lobbyisten: Lobbyregister kommt
> Die große Koalition einigt sich doch noch auf ein Lobbyregister.
> Allerdings kommt es wegen der Union nur in abgespeckter Form.
IMG Bild: Ein Lobbyregister soll mehr Transparenz schaffen, welche Lobbyisten im Bundestag verkehren
Berlin taz/afp | Es dürften die Vorwürfe gegen den Fraktionsvizechef der
Union, den CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein, gewesen sein, die der Sache
zuletzt noch einmal einen Schub verliehen haben. Nach monatelangem Ringen
haben sich die [1][Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf die Einführung eines
Lobbyregisters] geeinigt. Die Pflicht zur Registrierung soll für
Lobbyarbeit bei Bundestagsabgeordneten, Fraktionen und Bundesregierung
gelten, wie beide Seiten bestätigten. Das Ziel: Die Arbeit von Lobbyisten
transparenter zu machen.
Diese müssen sich demnach vor Kontaktaufnahme künftig in ein Register
eintragen und Angaben zu ihrem Arbeit- oder Auftraggeber, zur Anzahl der
Beschäftigten und zu finanziellen Aufwendungen machen. In Ministerien
sollen Treffen bis hinunter zum Unterabteilungsleiter einen Eintrag in das
Register nötig machen. Das Lobbyregister soll digital beim Bundestag
geführt werden und öffentlich einsehbar sein. Bei Verstößen droht demnach
ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.
Ein sogenannter „exekutiver Fußabdruck“, also eine Nachverfolgung, wie und
wo Lobbyisten versuchen, auf die Erarbeitung einzelner Gesetze Einfluss zu
nehmen, ist in der Einigung nicht vorgesehen. Dieser Punkt war zwischen
Union und SPD umstritten, die Union hatte blockiert. Das Lobbyregister, das
nun noch im März vom Bundestag verabschiedet werden könnte, ist demnach ein
klassischer Kompromiss. Die Union wollte ursprünglich in den Ministerien
nur Kontakte zu Ministern und Staatssekretären durch das Register abdecken.
Obwohl sich die SPD beim exekutiven Fußabdruck nicht durchsetzen konnte,
zeigt sie sich mit der Koalitionseinigung zur Einführung eines
Lobbyregisters zufrieden. „Wir sind hartnäckig geblieben, das hat sich
ausgezahlt“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Es sei ein „guter Tag für
mehr Transparenz“.
## Deutlich mehr gewünscht
„Mit der Einigung machen wir einen riesigen Schritt hin zu mehr
Transparenz, dabei wird die Gesetzgebungsarbeit nicht mit unnötiger
Bürokratie belastet“, so Patrick Schnieder, Parlamentarischer
Geschäftsführer der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag.
„Ob nach dem Fall Amthor oder jetzt mitten in der Masken-Affäre: Wenn es
Druck und Kritik gibt in Sachen dubioser Einflussnahme, Lobbyismus und
mangelnder Transparenz, ist die Koalition schnell dabei, Veränderungen
anzukündigen“, kritisierte dagegen Britta Haßelmann, Parlamentarische
Geschäftsführerin der Grünen. „Dass die SPD jetzt inmitten eines Skandals
innerhalb der Union beim legislativen Fußabdruck einknickt, ist
unverständlich. Damit unterhöhlt man doch die eigentliche Intention eines
Lobbyregisters“, sagte Haßelmann der taz.
„Es ist gut, dass sich nach den zähen Verhandlungen und zahlreichen
Lobbyskandalen nun endlich eine Einigung beim Lobbyregister abzeichnet, das
ist lange überfällig und ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz“,
sagte Timo Lange vom Verein Lobbycontrol der taz. Er betont aber auch, dass
sein Verein sich „deutlich mehr gewünscht“ hätte. „Insbesondere, dass der
exekutive Fußabdruck nun auf die lange Bank geschoben wird, ist
enttäuschend.“
Auch die Organisataion abgeordnetenwatch.de ist alles andere als zufrieden.
Der zuständige Mitarbeiter Roman Ebener sprach von einem „mehr als
enttäuschenden Kompromiss“, nur um das Thema vor der Wahl aus der Welt zu
schaffen. „So werden wir schon beim nächsten Lobbyskandal die gleichen
Debatten führen.“
[2][Am Fall Nüßlein] hätte ein Lobbyregister allerdings wenig geändert.
Gegen ihn wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und
Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von
Corona-Atemschutzmasken ermittelt. Laut Nüßleins Anwalt hält sein Mandant
die Vorwürfe für nicht begründet.
3 Mar 2021
## LINKS
DIR [1] /Lobbyismus-und-Transparenz/!5711030
DIR [2] /Korruptionsvorwuerfe-gegen-Georg-Nuesslein/!5754198
## AUTOREN
DIR Sabine am Orde
## TAGS
DIR Bundestag
DIR SPD
DIR Lobbyismus
DIR CDU/CSU
DIR Nebeneinkünfte Abgeordnete
DIR Bundestag
DIR CDU
DIR Lobbyisten
DIR Rüstungspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR „Verhaltenskodex“ der Union: Unsinnig und frech
Ralph Brinkhaus und Alexander Dobrindt erarbeiten einen „Verhaltenskodex“
zum Thema Nebentätigkeiten. Das klingt gut, ist aber Unfug.
DIR Neues Lobbyregister: Wohl ohne Effekt
Mehr Transparenz bei Lobbyist:innen ist richtig. Um ihren Einfluss
wirklich zurückzudrängen, sind aber konsequentere Maßnahmen nötig.
DIR Kampagnenleiter von LobbyControl: „Das ist ein politisches No-Go“
Der Zugang zu Regierungsmitgliedern dürfe nicht von Spenden abhängig sein,
sagt Timo Lange von LobbyControl. Er kritisiert Gesundheitsminister Spahn.
DIR Einfluss von Finanzlobbyisten: Banken bekommen, was sie wollen
Eine Untersuchung zeigt den Einfluss von Finanzlobbyisten auf die Politik.
Verbraucherorganisationen können nicht mithalten.
DIR Rüstungsindustrie und Politik: Lobbyregister dringend nötig
Transparany International moniert zu Recht den wenig kontrollierten
Einfluss der Rüstungskonzerne auf die Politik der Bundesregierung.