# taz.de -- Messerattacke in Dresden: Verdächtigter wurde beobachtet
> Ein Islamist gilt für die Messerattacke von Dresden als tatverdächtig.
> Die Sicherheitsbehörden haben ihn noch am Tattag beobachtet.
IMG Bild: LKA-Präsident Petric Kleine mit dem sächsischen Verfassungsschutz-Präsidenten Dirk-Martin Christian
Berlin taz | In Dresden wurde offenbar ein [1][islamistischer Terrorakt]
verübt. Am 4. Oktober stach ein bislang unbekannter Mann in Dresden mit
einem Messer auf zwei Touristen aus Nordrhein-Westfalen ein. Einer der
beiden, ein 55-jähriger Mann aus Krefeld, wurde dabei tödlich verletzt und
starb im Krankenhaus. Sein 53-jähriger Begleiter wurde verletzt.
Am Dienstagabend, über zwei Wochen nach der Tat, wurde der 20-jährige
mutmaßliche Täter festgenommen und Haftbefehl wegen Mordes, versuchten
Mordes und gefährlicher Körperverletzung erlassen. Am Dienstag wurden
DNA-Spuren des Verdächtigen am Tatort gefunden. Die
Generalbundesanwaltschaft hat mittlerweile die Ermittlungen an sich
gezogen, im Raum steht ein [2][islamistisches Tatmotiv].
Der Verdächtige kam im Oktober 2015 als Asylsuchender aus Syrien nach
Deutschland, und wandte sich offenbar in Dresden dem Islamismus zu. Seit
dem 31. August 2017 führten die Behörden ihn als islamistischen Gefährder
und hielten „politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung“ für
möglich.
Der 20-Jährige war den Behörden also einschlägig bekannt, saß zudem bis vor
Kurzem in Haft. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Anleitung zur
Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie des Werbens für
die islamistische Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu mehr als zwei
Jahren Haft. Diese saß er bis zum 29. September dieses Jahres in der
Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen ab – bis fünf Tage vor der Tat
also.
## Keine Deradikalisierung in der Haft
In der Haft sei an einer Deradikalisierung des Verdächtigen gearbeitet
worden, jedoch ohne Erfolg, wie Petric Kleine, Präsident des sächsischen
Landeskriminalamts, am Donnerstagnachmittag mitteilte. Noch am 17. Juli sei
die Gefahr weiterer islamistisch motivierter Straftaten als „hoch“
eingeschätzt worden, entsprechend wurden ihm strenge Auflagen erteilt.
Der Verdächtige musste sich mehrfach in der Woche persönlich bei der
Polizei melden, der Besitz von Hieb- und Stichwaffen sowie eines
internetfähigen Telefons wurde ihm verboten. Diesen Auflagen kam er
zunächst offenbar nach. Eine 24-Stunden-Observation sei laut Dirk-Martin
Christian, Präsident des sächsischen Landesamts für Verfassungsschutz,
rechtlich nicht möglich gewesen.
Und doch beobachtete sein Landesamt den Tatverdächtigen. In den beiden
Tagen vor dem und sogar am Tattag selbst hätten punktuelle Observationen
stattgefunden, am 9. Oktober noch eine Gefährderansprache. Weder den Kauf
eines Messers, mutmaßlich in einem Dresdner Kaufhaus, noch die Tat selbst
konnte dadurch verhindert werden. Dies liege, so Christian, an der Art der
Tat. „Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit“, bedauert der
Verfassungsschützer.
Auch die politische Debatte um den Fall beginnt hochzukochen. Sachsens
Innenminister Roland Wöller (CDU) kritisierte die nicht mögliche
Abschiebung des Tatverdächtigen nach Syrien. Bereits am 27. November 2019
wurde dessen Ausweisung aus Deutschland wegen dessen Straffälligkeit
angewiesen. Da Deutschland aufgrund der unsicheren Lage nicht nach Syrien
abschiebt, kam es hierzu nicht. „Die Sicherheit der Bevölkerung geht
eindeutig vor“, schrieb Wöller bei Twitter. Politiker der AfD forderten
ebenfalls Abschiebungen.
## „Innenminister will vom Versagen der Sicherheitsorgane ablenken“
„Abschiebungen nach Syrien sind rechtlich nicht möglich“, entgegnet
Ferdinand Dürr von der Nichtregierungsorganisation Adopt a Revolution. Er
verweist auf systematische Folter des syrischen Regimes und den [3][nach
Syrien gereisten deutschen Islamist*innen]. „Innenminister Wöller will
offenbar vom Versagen seiner Sicherheitsorgane ablenken“, so Dürr.
22 Oct 2020
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## AUTOREN
DIR Kevin Čulina
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