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       # taz.de -- Mietendeckel in Berlin: Zu früh, um sich zurückzulehnen
       
       > Der Mietendeckel ist noch nicht beschlossen. Wenn es ganz schlecht läuft,
       > könnten Mieter:innen hinterher schlechter dastehen als vorher.
       
   IMG Bild: Ein Mietendeckel wird kommen. Aber wird er auch halten, was sein Name verspricht?
       
       Was wurden in den letzten Wochen schon für ideologische Schlachten um den
       Mietendeckel geschlagen. Der Deckel bringt den Kommunismus, lautet
       zugespitzt die These, über die das eine Lager in den düstersten Tönen
       verzweifelt und das andere Lager in den hellsten Tönen frohlockt. Unrecht
       haben beide. Denn der Deckel bringt ganz sicher nicht den Kommunismus –
       genau genommen ist noch lange nicht klar, was er überhaupt bringt.
       
       Denn auch wenn das in vielen Titelzeilen der vergangenen Wochen anders
       klang: Beschlossen ist [1][praktisch noch gar nichts]. Der Senat hat sich
       bislang lediglich auf Eckpunkte geeinigt. Die [2][konkreten Inhalte], über
       die seit Wochen diskutiert wird, stammen nach wie vor aus einem
       [3][Referentenentwurf der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung] – einem
       Entwurf, der auf Grundlage von Diskussionen innerhalb der
       Regierungskoalition [4][angepasst wurde], aber ein Entwurf.
       
       Der Senatsbeschluss zum Thema ist für den 15. Oktober geplant. Es ist zu
       erwarten, dass dort ein Gesetzesentwurf beschlossen wird, den man
       Mietendeckel nennt. Aber ob es sich dabei dann tatsächlich um ein wirksames
       Instrument handelt, das einem relevanten Teil der Berliner Mieter:innen
       zugutekommt, ist alles andere als ausgemacht.
       
       SPD-Mann Michael Müller, immerhin Regierender Bürgermeister dieser Stadt,
       hat vergangenes Wochenende erst in einer Fernsehtalkshow verkündet, von
       einem Mietendeckel, mit dem sich Mieten auch senken lassen – einem
       zentralen Element des jetzigen Entwurfs –, halte er gar nichts. Schon jetzt
       würden, wie der Stadtforscher Sigmar Gude [5][diese Woche vorgerechnet
       hat], vermutlich nur etwa 10 Prozent der Mieter:innen von der
       Absenkungsoption profitieren können.
       
       In trockenen Tüchern ist jedenfalls noch nichts. Das Problem: Es geht nicht
       nur darum, dass vielleicht wenig besser wird. Es könnte sogar schlechter
       werden.
       
       Denn was ist der politische Entstehungshintergrund des Mietendeckels? Die
       seit Jahren wachsende Wut der Mieter:innen dieser Stadt, die zuletzt in
       einer überragenden Zustimmung gipfelte zu der Idee, Immobilienkonzerne zu
       enteignen. Die Diskussion über den Mietendeckel hat die über Enteignung
       [6][in den letzten Wochen verdrängt]. Wenn es ganz schlecht läuft, stehen
       die Mieter:innen am Ende mit einem letztlich zahnlosen Mietendeckel da, der
       dem Enteignungs-Volksbegehren aber trotzdem erst mal den Wind aus den
       Segeln genommen hat.
       
       Zu pessimistisch? Man sollte nicht vergessen, wie eng die
       Stadtentwicklungspolitik auch in Berlin mit den Interessen von
       Immobilienkonzernen verflochten ist, wie oft hier Entscheidungen gegen die
       Interessen der Mieter:innen getroffen wurden. Ins Positive gewendet heißt
       das aber auch: dass sich das Möglichkeitsfenster, die Entwicklungsrichtung
       des Berliner Mietmarkts und damit der ganzen Stadt wirklich zu verändern,
       überhaupt geöffnet hat, ist eine nicht zu unterschätzende Chance.
       
       Wenn es den Berliner Mieter:innen in diesen entscheidenden Wochen gelingt,
       den Druck aufrechtzuerhalten, könnten sie tatsächlich einen historischen
       Sieg erringen. Gelegenheit dafür ist bei der großen Mietendemonstration am
       3. Oktober – sich siegesgewiss zurückzulehnen, dafür ist es noch viel zu
       früh.
       
       28 Sep 2019
       
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   DIR [4] /Umstrittenes-Gesetz-in-Berlin/!562714
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